Liebe
Verwandte, Freunde und Wohltäter!
schon naht
wieder das Weihnachtsfest und das Jahr neigt sich dem Ende zu.
Unglaublich, wie die Zeit vergeht.
Zum einen richtet sich der Blick nach
vorn Weihnachten und Neujahr entgegen, zum anderen gehen die Gedanken
aber auch zurück und Erlebnisse, Ereignisse und Begegnungen kommen in
den Sinn. – Was ist mir wichtig? Was bewegt mich jetzt noch am meisten,
wenn ich an das zu Ende gehende Jahr denke?
Als erstes fällt mir ein, wie mich eine
Grippeerkrankung gleich in den ersten Tagen des Jahres erwischt
und schwer gebeutelt hat, so dass ich fast eine ganze Woche inklusive
Rückschlag total lahm gelegt war.
Dann zog mich und meine Mitbrüder im
Konvent die Aufhebung der Exkommunikation der vier Bischöfe der
Piusbruderschaft in Bann sowie die Leugnung des Holocausts durch
einen von ihnen, was nicht nur in der Kirche, sondern auch in der
Gesellschaft bis hinauf zu den Spitzen der Politik eine breite Debatte
auslöste, verschiedene Stellungnahmen hervorrief und zu heftigen
Kontroversen Anlass gab.
In einem Brief an alle Bischöfe räumte
Papst Benedikt XVI. später Fehler in der Kurie ein, verwahrte sich aber
auch gegen „feindselige Kritik“.
Mitte Februar durfte ich dann hier im
„Haus der Begegnung“, kurz HdB genannt, dem Juniorat von
Münster/Westfalen eine Woche lang Exerzitien geben. Es waren
sieben junge Mitbrüder aus den deutschsprachigen Kapuzinerprovinzen, die
nach dem Noviziat schon die zeitliche, aber noch keine ewige Profess
abgelegt haben. Das war für mich eine große Herausforderung. Aber ich
muss sagen, es ist gut gegangen, ja sehr gut. Es war ein spannender,
aber auch intensiver geistlicher Übungsweg. Ich konnte mit Hilfe des
Geistes Gottes die jungen Mitbrüder zur Mitte und zum Wesentlichen
führen, in ihnen die Freude am Glauben vertiefen und sie in ihrer
franziskanischen Berufung stärken.
Zum ersten Mal hatte ich in diesem Jahr
den „Aschermittwoch für Frauen“ in meinem Jahresprogramm.
Es war eine gute und gelungene Sache, so dass ich dieses Angebot 2010
wieder in mein Programm aufgenommen habe.
An einem Wochenende im März war der
Pfarrgemeinderat aus meiner Heimat (Hettingen - Götzingen -
Rinschheim) zu einem Besinnungswochenende hier in Zell. Es hat
allen gut gefallen und den Teilnehmern viel gegeben, so dass für 2011
schon ein weiteres Wochenende geplant ist, dann allerdings ohne Pfarrer
Schoisengeyer, der vier Monate später an einer schweren Krankheit
verstarb. Wir waren ein Jahrgang und verstanden uns gut. Leider konnte
ich nicht bei seiner Beerdigung sein.
In der Karwoche hatte ich in
diesem Jahr alle Gottesdienste von Palmsonntag über Gründonnerstag,
Karfreitag, Osternacht bis Ostersonntag in Nordrach, einem
Teilort der hiesigen Seelsorgeeinheit. Außer am Karfreitag waren auch
immer die Erstkommunionkinder einbezogen. Es hat Freude gemacht, aber
auch viel Vorbereitung, Kraft und Zeit gekostet. Aber es war eine gute
Woche, an die ich mich gerne erinnere, vor allem auch an die harmonische
Zusammenarbeit mit der dortigen Gemeindereferentin. Wir waren ein gutes
Team.
Ein Highlight 2009 war für mich eine
Flugwallfahrt (ab Baden-Baden) nach Lourdes. Die Reise wurde
mir geschenkt. Meine Schwester Cäcilia hat mich
begleitet.
So weilten wir Ende Mai mit einer
Pilgergruppe aus der Erzdiözese Freiburg drei Tage in Lourdes. Ich war
total gespannt darauf, weil ich zwar schon viel von Lourdes gehört und
manches auch darüber gelesen hatte, selbst aber noch nie an diesem
größten Marienwallfahrtsort Europas war. Jedes Jahr kommen mehr als fünf
Millionen Menschen in dieses kleine Städtchen am Fuße der Pyrenäen. 2008
feierte der Wallfahrtsort sein 150 jähriges Jubiläum.
Ich erlebte Lourdes zweigeteilt.
Einerseits viele Hotels, Läden und Shops, einen neben dem anderen,
voll mit Andachtsgegenständen und Souvenirs aller Art, Kunst und Kitsch.
Andererseits der „Heilige Bezirk“, das geistliche Zentrum
von Lourdes, mit seinen Plätzen und Kirchen, mit dem Fluss Gave und
Wiesen und vor allem der Grotte (dem Erscheinungsort), wo man große
Andacht und inniges Gebet, Sammlung und Stille, tiefe Frömmigkeit und
echte christliche Spiritualität finden kann.
Lourdes hat mich beeindruckt wegen seinem
internationalen Charakter. Hier wird Kirche als weltweite
Glaubensgemeinschaft erfahrbar. Die gottesdienstlichen Feiern in vielen
Sprachen zusammen mit Pilgern aus aller Welt prägen den Wallfahrtsort.
Die Lichterprozessionen an jedem Abend
und die internationale Eucharistiefeier mit mehreren Bischöfen, 120
Priestern und tausenden mitfeiernden Gläubigen am Mittwochmorgen waren
für mich Höhepunkte dieser Tage.
Die abwechslungsreiche Liturgie, gut
vorbereitet und auf hohem Niveau hat mich fasziniert und war ein Labsal
für die Seele. Sehr ansprechend und ergreifend fand ich auch die heilige
Messe früh am Morgen (noch vor dem Frühstück) an der Grotte für die
deutschsprachigen Pilger und den Kreuzweg mit ganz beeindruckenden
Stationen, den wir mit unserer Wallfahrergruppe betend gegangen sind.
Lourdes ist ein Gnadenort der Kranken.
Auffallend viele behinderte und kranke Menschen, viele Rollstuhlfahrer
und ihre Begleiter, Pfleger, Helfer prägen das Bild. Die Kranken haben
immer Vorfahrt. Sie werden in Lourdes überaus wertgeschätzt und
bevorzugt behandelt. Die Menschen suchen aber nicht nur äußere Heilung,
sondern ersehnen viel mehr noch die innere Heilung. Sie suchen Trost und
Kraft und inneren Frieden, um den Alltag wieder gestärkt und mit
gläubiger Zuversicht meistern zu können. Auch dem Empfang des
Sakramentes der Versöhnung wird viel Raum gegeben. In Lourdes wird den
Armen in Wort und Tat die Frohe Botschaft verkündet. Wie viele
unsichtbare Wunder, Heilungen der Seele, mögen an diesem Gnadenort schon
geschehen sein!
Einer der Höhepunkte war der Besuch
des Cachot, ein dunkler, feuchter Raum, nur wenige Quadratmeter
groß, wo die verarmten Eltern von Bernadette mit ihren vier Kindern eine
Zeitlang lebten. Ich dachte an den Stall von Bethlehem und die Vorliebe
Gottes für die Kleinen, Armen und Ausgestoßenen.
Ich habe Lourdes als einen Gnadenort
mit ganz eigener Atmosphäre erfahren, eine Atmosphäre, die einem
zunehmend in Bann zieht. Besonders in der Nähe der Grotte, wo hunderte
von Kerzen brennen, hatte ich den Eindruck, dem Himmel ein Stück näher
zu sein. Hier durfte das Mädchen Bernadette die Gottesmutter Maria
schauen. Hier hat sich ein Stück weit wirklich der Himmel aufgetan, hier
hat sich der Himmel der Erde genähert, hier fällt es leichter als
anderswo, sich Gott zu öffnen und von seinem Licht und seiner Liebe
erfüllt zu werden. Da gibt es in der Tat Momente, wo einem das Heilige
berührt und ergreift, Momente, wo Ewigkeit zum Jetzt wird und das Jetzt
zur Ewigkeit.
Über Lourdes, über allen Gottesdiensten,
Prozessionen, Gebeten und Liedern steht das Wort Marias, das sie bei der
Hochzeit zu Kana gesprochen hat: „Was er euch sagt, das tut!“
Vordergründig ist Lourdes marianisch geprägt, doch im
letzten geht es um Gott, um Jesus Christus. Lourdes ist zutiefst
biblisch und eucharistisch ausgerichtet und letztlich
christuszentriert. „Was er (Jesus) euch
sagt, das tut!“
Anfang Juni nahm ich in Altötting
an einem Treffen (Kapitel) von Kapuzinern aus unserer, der
rheinisch-westfälischen und der bayrischen Provinz teil. Es ging um die
Zusammenlegung (Fusion) dieser beiden Provinzen zu einer deutschen
Kapuzinerprovinz, wozu die Vorbereitungen auf verschiedenen Ebenen voll
im Gang sind.
Im nächsten Jahr ist es dann soweit, dass
beide Provinzen sich vereinigen.
Das Provinzialat und die Ökonomie werden
dann in München beheimatet sein.
Am 16. Juli verstarb in Gengenbach im
Alter von 92 Jahren unser Mitbruder Pater Theodulf Roos, ein
Landsmann von mir, der aus Balsbach im Odenwald stammt.
Er gehörte die letzten Jahre zu unserem
Konvent hier in Zell. Anfang der 90er Jahren war ich sechs Jahre mit ihm
im Kloster Reute zusammen und später auch noch einmal drei Jahre in Bad
Mergentheim. Wir haben einander sehr geschätzt und vertraut.
Wenn ich auf das Jahr 2009 zurückblicke,
dann ist mir ein weiterer Aufenthalt im Ausland in guter Erinnerung:
16 Tage Dänemark!
Für Mitte September war ich eingeladen,
deutschsprachigen Josephsschwestern in der Nähe von Kopenhagen
10-tägige Einzelexerzitien zu geben.
Das Exerzitienhaus liegt direkt am
Öresund mit Blick zur Insel Ven und der Küste von Schweden. Nach den
Exerzitien war es mir möglich noch ein paar Urlaubstage dort zu
verbringen, die ich nutzte, um die Hauptstadt Kopenhagen zu
durchstreifen und einige markante Orte in Nordseeland zu besuchen und
kennenzulernen.
Kopenhagen erkundigte ich auf eigene Faust:
Kirchen, Schlösser, Parks, das Hafenviertel, die berühmte Meerjungfrau,
ein Wahrzeichen der Stadt. Bei zwei anderen Touren durchs Land mit dem
Auto begleiteten mich Schwestern und zeigten mir verschiedene
Sehenswürdigkeiten.
Glanzlichter waren die St. Bendt`s-Kirche
in Ringsted, Dänemarks erste Königskirche, sodann Roskilde
mit seinem mächtigen Dom (seit über 500 Jahren Grablege der dänischen
Könige) – einst geistliches Zentrum des dänischen Königreiches und
wichtiger Handelsplatz am Roskildefiord. Am Nordufer von Nordseeland in
der Nähe von Gilleleje erlebten wir einen wunderschönen
Sonnenuntergang mit Blick über das weite Meer.
An einem Tag unternahm ich eine Fahrt mit
dem Bus nach Helsingör, einer hübschen kleinen Stadt, nur 4 km
von Helsingborg (Schweden) entfernt. Ich besuchte das alte
Karmeliterkloster mit seinem eindrucksvollen Kreuzgang und berühmten
Kalkmalerien in der Klosterkirche, den Dom und – sehr beeindruckend –
das weltberühmte Schloss Kronborg, das wehrhaft und majestätisch
Helsingör vorgelagert ist, bekannt auch als Hamletschloss, weil
Shakespeare die Handlung seines Dramas hierher verlegt hat. Ein
großartiges Erlebnis war auch der Besuch des Kunstmuseums Lousiana,
ein eindrucksvoller Bau in herrlicher Parklandschaft direkt am Öresund.
Sehr schön war auch die Tagesfahrt nach Hilleröd und die
Besichtigung des Schlosses Frederiksburg, das heute ein
Nationalhistorisches Museum birgt sowie die Besichtigung des Schlosses
Fredensborg (Residenz des dänischen Kronprinzenpaares), das sehr
idyllisch in einem großen Park am Esromsee liegt.
Den Schwestern im Haus „stella
matutina“ bin ich sehr dankbar für Ihre Gastfreundschaft und das
schöne, geschwisterliche Miteinander, das ich erleben durfte, so dass
ich mich bei ihnen wie zu Hause fühlte.
Meinen übrigen Urlaub habe ich
wieder im schönen Südtirol, in Völs am Schlern, verbracht und eine Woche
in St. Gallenkirch (Montafon). Beide Orte liegen inmitten einer
herrlichen Berglandschaft und waren Ausgangspunkt für schöne Wanderungen
und Ausflüge.
Seit September hat unsere
Seelsorgeeinheit Zell noch zwei weitere Orte dazubekommen, Biberach
und Prinzbach. Wo vor 20 Jahren noch vier oder sogar fünf Pfarrer
zuständig waren, das wird jetzt von uns Kapuzinern mit Hilfe von drei
GemeindereferentInnen seelsorglich betreut. So bin ich werktags und
sonntags auch immer wieder mit Gottesdiensten und Predigten in
verschiedenen Gemeinden in der Umgebung tätig. Dazu kommen Dienste in
der Wallfahrtskirche.
Meine Hauptaufgabe ist aber nach wie vor
die Exerzitienseelsorge. Und da habe ich gerade auch 2009 wieder
prächtig wirken können und eine Menge gute und schöne Erfahrungen
gemacht, sei es bei Vortragsexerzitien (meistens für Ordensschwestern)
oder offen ausgeschriebenen Kursen wie Meditationsexerzitien,
Wanderexerzitien oder Einzelexerzitien. Diese Aufgabe, die oft auch mit
Unterwegssein verbunden ist, macht mir immer noch – bei aller
Anstrengung und Kraft, die sie auch fordert – viel Freude und ich
erfahre sie als recht erfüllend. Oft darf ich erleben, wie Gott am Werk
ist, wo jemand in die Stille geht, zur Ruhe kommt, sich auf einen
inneren Weg einlässt, sich dem Wort öffnet und dem Geist Gottes Raum
gibt.
Liebe Verwandte und Freunde,
ganz herzlich danke ich für alles Gute,
jedes Wohlwollen und alle Unterstützung, die ich im vergangenen Jahr
erfahren durfte, besonders für Ihr/Euer Gebet, wie ich auch Euch/Ihnen
im Gebet verbunden bin.
Von Herzen wünsche ich Ihnen/Euch ein
frohes und gnadenreiches Fest der Geburt Christi sowie ein gutes und
gesegnetes Neues Jahr!
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