Persönliches

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Jahresrückblick

von P. Pius Kirchgessner, OFMCap

 

Jahresrückblick 2009
 

 

Zell a. H im Advent 2009

 

Liebe Verwandte, Freunde und Wohltäter!

 

schon naht wieder das Weihnachtsfest und das Jahr neigt sich dem Ende zu.

Unglaublich, wie die Zeit vergeht.

Zum einen richtet sich der Blick nach vorn Weihnachten und Neujahr entgegen, zum anderen gehen die Gedanken aber auch zurück und Erlebnisse, Ereignisse und Begegnungen kommen in den Sinn. – Was ist mir wichtig? Was bewegt mich jetzt noch am meisten, wenn ich an das zu Ende gehende Jahr denke?

 

Als erstes fällt mir ein, wie mich eine Grippeerkrankung gleich in den ersten Tagen des Jahres erwischt und schwer gebeutelt hat, so dass ich fast eine ganze Woche inklusive Rückschlag total lahm gelegt war.

 

Dann zog mich und meine Mitbrüder im Konvent die Aufhebung der Exkommunikation der vier Bischöfe der Piusbruderschaft in Bann sowie die Leugnung des Holocausts durch einen von ihnen, was nicht nur in der Kirche, sondern auch in der Gesellschaft bis hinauf zu den Spitzen der Politik eine breite Debatte auslöste, verschiedene Stellungnahmen hervorrief und zu heftigen Kontroversen Anlass gab.

In einem Brief an alle Bischöfe räumte Papst Benedikt XVI. später Fehler in der Kurie ein, verwahrte sich aber auch gegen „feindselige Kritik“.

 

Mitte Februar durfte ich dann hier im „Haus der Begegnung“, kurz HdB genannt, dem Juniorat von Münster/Westfalen eine Woche lang Exerzitien geben. Es waren sieben junge Mitbrüder aus den deutschsprachigen Kapuzinerprovinzen, die nach dem Noviziat schon die zeitliche, aber noch keine ewige Profess abgelegt haben. Das war für mich eine große Herausforderung. Aber ich muss sagen, es ist gut gegangen, ja sehr gut. Es war ein spannender, aber auch intensiver geistlicher Übungsweg. Ich konnte mit Hilfe des Geistes Gottes die jungen Mitbrüder zur Mitte und zum Wesentlichen führen, in ihnen die Freude am Glauben vertiefen und sie in ihrer franziskanischen Berufung stärken.

 

Zum ersten Mal hatte ich in diesem Jahr den „Aschermittwoch für Frauen“ in meinem Jahresprogramm. Es war eine gute und gelungene Sache, so dass ich dieses Angebot 2010 wieder in mein Programm aufgenommen habe.

 

An einem Wochenende im März war der Pfarrgemeinderat aus meiner Heimat (Hettingen - Götzingen - Rinschheim) zu einem Besinnungswochenende hier in Zell. Es hat allen gut gefallen und den Teilnehmern viel gegeben, so dass für 2011 schon ein weiteres Wochenende geplant ist, dann allerdings ohne Pfarrer Schoisengeyer, der vier Monate später an einer schweren Krankheit verstarb. Wir waren ein Jahrgang und verstanden uns gut. Leider konnte ich nicht bei seiner Beerdigung sein.

 

In der Karwoche hatte ich in diesem Jahr alle Gottesdienste von Palmsonntag über Gründonnerstag, Karfreitag, Osternacht bis Ostersonntag in Nordrach, einem Teilort der hiesigen Seelsorgeeinheit. Außer am Karfreitag waren auch immer die Erstkommunionkinder einbezogen. Es hat Freude gemacht, aber auch viel Vorbereitung, Kraft und Zeit gekostet. Aber es war eine gute Woche, an die ich mich gerne erinnere, vor allem auch an die harmonische Zusammenarbeit mit der dortigen Gemeindereferentin. Wir waren ein gutes Team.

 

Ein Highlight 2009 war für mich eine Flugwallfahrt (ab Baden-Baden) nach Lourdes. Die Reise wurde mir geschenkt. Meine Schwester Cäcilia hat mich begleitet.

 

So weilten wir Ende Mai mit einer Pilgergruppe aus der Erzdiözese Freiburg drei Tage in Lourdes. Ich war total gespannt darauf, weil ich zwar schon viel von Lourdes gehört und manches auch darüber gelesen hatte, selbst aber noch nie an diesem größten Marienwallfahrtsort Europas war. Jedes Jahr kommen mehr als fünf Millionen Menschen in dieses kleine Städtchen am Fuße der Pyrenäen. 2008 feierte der Wallfahrtsort sein 150 jähriges Jubiläum.

 

Ich erlebte Lourdes zweigeteilt. Einerseits viele Hotels, Läden und Shops, einen neben dem anderen, voll mit Andachtsgegenständen und Souvenirs aller Art, Kunst und Kitsch. Andererseits der „Heilige Bezirk“, das geistliche Zentrum von Lourdes, mit seinen Plätzen und Kirchen, mit dem Fluss Gave und Wiesen und vor allem der Grotte (dem Erscheinungsort), wo man große Andacht und inniges Gebet, Sammlung und Stille, tiefe Frömmigkeit und echte christliche Spiritualität finden kann.

 

Lourdes hat mich beeindruckt wegen seinem internationalen Charakter. Hier wird Kirche als weltweite Glaubensgemeinschaft erfahrbar. Die gottesdienstlichen Feiern in vielen Sprachen zusammen mit Pilgern aus aller Welt prägen den Wallfahrtsort.

Die Lichterprozessionen an jedem Abend und die internationale Eucharistiefeier mit mehreren Bischöfen, 120 Priestern und tausenden mitfeiernden Gläubigen am Mittwochmorgen waren für mich Höhepunkte dieser Tage.

Die abwechslungsreiche Liturgie, gut vorbereitet und auf hohem Niveau hat mich fasziniert und war ein Labsal für die Seele. Sehr ansprechend und ergreifend fand ich auch die heilige Messe früh am Morgen (noch vor dem Frühstück) an der Grotte für die deutschsprachigen Pilger und den Kreuzweg mit ganz beeindruckenden Stationen, den wir mit unserer Wallfahrergruppe betend gegangen sind.

 

Lourdes ist ein Gnadenort der Kranken. Auffallend viele behinderte und kranke Menschen, viele Rollstuhlfahrer und ihre Begleiter, Pfleger, Helfer prägen das Bild. Die Kranken haben immer Vorfahrt. Sie werden in Lourdes überaus wertgeschätzt und bevorzugt behandelt. Die Menschen suchen aber nicht nur äußere Heilung, sondern ersehnen viel mehr noch die innere Heilung. Sie suchen Trost und Kraft und inneren Frieden, um den Alltag wieder gestärkt und mit gläubiger Zuversicht meistern zu können. Auch dem Empfang des Sakramentes der Versöhnung wird viel Raum gegeben. In Lourdes wird den Armen in Wort und Tat die Frohe Botschaft verkündet. Wie viele unsichtbare Wunder, Heilungen der Seele, mögen an diesem Gnadenort schon geschehen sein!

 

Einer der Höhepunkte war der Besuch des Cachot, ein dunkler, feuchter Raum, nur wenige Quadratmeter groß, wo die verarmten Eltern von Bernadette mit ihren vier Kindern eine Zeitlang lebten. Ich dachte an den Stall von Bethlehem und die Vorliebe Gottes für die Kleinen, Armen und Ausgestoßenen.

 

Ich habe Lourdes als einen Gnadenort mit ganz eigener Atmosphäre erfahren, eine Atmosphäre, die einem zunehmend in Bann zieht. Besonders in der Nähe der Grotte, wo hunderte von Kerzen brennen, hatte ich den Eindruck, dem Himmel ein Stück näher zu sein. Hier durfte das Mädchen Bernadette die Gottesmutter Maria schauen. Hier hat sich ein Stück weit wirklich der Himmel aufgetan, hier hat sich der Himmel der Erde genähert, hier fällt es leichter als anderswo, sich Gott zu öffnen und von seinem Licht und seiner Liebe erfüllt zu werden. Da gibt es in der Tat Momente, wo einem das Heilige berührt und ergreift, Momente, wo Ewigkeit zum Jetzt wird und das Jetzt zur Ewigkeit.

 

Über Lourdes, über allen Gottesdiensten, Prozessionen, Gebeten und Liedern steht das Wort Marias, das sie bei der Hochzeit zu Kana gesprochen hat: „Was er euch sagt, das tut!“

Vordergründig ist Lourdes marianisch geprägt, doch im letzten geht es um Gott, um Jesus Christus. Lourdes ist zutiefst biblisch und eucharistisch ausgerichtet und letztlich christuszentriert. „Was er (Jesus) euch sagt, das tut!“

 

Anfang Juni nahm ich in Altötting an einem Treffen (Kapitel) von Kapuzinern aus unserer, der rheinisch-westfälischen und der bayrischen Provinz teil. Es ging um die Zusammenlegung (Fusion) dieser beiden Provinzen zu einer deutschen Kapuzinerprovinz, wozu die Vorbereitungen auf verschiedenen Ebenen voll im Gang sind.

Im nächsten Jahr ist es dann soweit, dass beide Provinzen sich vereinigen.

Das Provinzialat und die Ökonomie werden dann in München beheimatet sein.

 

Am 16. Juli verstarb in Gengenbach im Alter von 92 Jahren unser Mitbruder Pater Theodulf Roos, ein Landsmann von mir, der aus Balsbach im Odenwald stammt.

Er gehörte die letzten Jahre zu unserem Konvent hier in Zell. Anfang der 90er Jahren war ich sechs Jahre mit ihm im Kloster Reute zusammen und später auch noch einmal drei Jahre in Bad Mergentheim. Wir haben einander sehr geschätzt und vertraut.

 

Wenn ich auf das Jahr 2009 zurückblicke, dann ist mir ein weiterer Aufenthalt im Ausland in guter Erinnerung: 16 Tage Dänemark!

Für Mitte September war ich eingeladen, deutschsprachigen Josephsschwestern in der Nähe von Kopenhagen 10-tägige Einzelexerzitien zu geben.

Das Exerzitienhaus liegt direkt am Öresund mit Blick zur Insel Ven und der Küste von Schweden. Nach den Exerzitien war es mir möglich noch ein paar Urlaubstage dort zu verbringen, die ich nutzte, um die Hauptstadt Kopenhagen zu durchstreifen und einige markante Orte in Nordseeland zu besuchen und kennenzulernen.

Kopenhagen erkundigte ich auf eigene Faust: Kirchen, Schlösser, Parks, das Hafenviertel, die berühmte Meerjungfrau, ein Wahrzeichen der Stadt. Bei zwei anderen Touren durchs Land mit dem Auto begleiteten mich Schwestern und zeigten mir verschiedene Sehenswürdigkeiten.

Glanzlichter waren die St. Bendt`s-Kirche in Ringsted, Dänemarks erste Königskirche, sodann Roskilde mit seinem mächtigen Dom (seit über 500 Jahren Grablege der dänischen Könige) – einst geistliches Zentrum des dänischen Königreiches und wichtiger Handelsplatz am Roskildefiord. Am Nordufer von Nordseeland in der Nähe von Gilleleje erlebten wir einen wunderschönen Sonnenuntergang mit Blick über das weite Meer.

An einem Tag unternahm ich eine Fahrt mit dem Bus nach Helsingör, einer hübschen kleinen Stadt, nur 4 km von Helsingborg (Schweden) entfernt. Ich besuchte das alte Karmeliterkloster mit seinem eindrucksvollen Kreuzgang und berühmten Kalkmalerien in der Klosterkirche, den Dom und – sehr beeindruckend – das weltberühmte Schloss Kronborg, das wehrhaft und majestätisch Helsingör vorgelagert ist, bekannt auch als Hamletschloss, weil Shakespeare die Handlung seines Dramas hierher verlegt hat. Ein großartiges Erlebnis war auch der Besuch des Kunstmuseums Lousiana, ein eindrucksvoller Bau in herrlicher Parklandschaft direkt am Öresund. Sehr schön war auch die Tagesfahrt nach Hilleröd und die Besichtigung des Schlosses Frederiksburg, das heute ein Nationalhistorisches Museum birgt sowie die Besichtigung des Schlosses Fredensborg (Residenz des dänischen Kronprinzenpaares), das sehr idyllisch in einem großen Park am Esromsee liegt.

Den Schwestern im Haus „stella matutina“ bin ich sehr dankbar für Ihre Gastfreundschaft und das schöne, geschwisterliche Miteinander, das ich erleben durfte, so dass ich mich bei ihnen wie zu Hause fühlte.

 

Meinen übrigen Urlaub habe ich wieder im schönen Südtirol, in Völs am Schlern, verbracht und eine Woche in St. Gallenkirch (Montafon). Beide Orte liegen inmitten einer herrlichen Berglandschaft und waren Ausgangspunkt für schöne Wanderungen und Ausflüge.

 

Seit September hat unsere Seelsorgeeinheit Zell noch zwei weitere Orte dazubekommen, Biberach und Prinzbach. Wo vor 20 Jahren noch vier oder sogar fünf Pfarrer zuständig waren, das wird jetzt von uns Kapuzinern mit Hilfe von drei GemeindereferentInnen seelsorglich betreut. So bin ich werktags und sonntags auch immer wieder mit Gottesdiensten und Predigten in verschiedenen Gemeinden in der Umgebung tätig. Dazu kommen Dienste in der Wallfahrtskirche.

 

Meine Hauptaufgabe ist aber nach wie vor die Exerzitienseelsorge. Und da habe ich gerade auch 2009 wieder prächtig wirken können und eine Menge gute und schöne Erfahrungen gemacht, sei es bei Vortragsexerzitien (meistens für Ordensschwestern) oder offen ausgeschriebenen Kursen wie Meditationsexerzitien, Wanderexerzitien oder Einzelexerzitien. Diese Aufgabe, die oft auch mit Unterwegssein verbunden ist, macht mir immer noch – bei aller Anstrengung und Kraft, die sie auch fordert – viel Freude und ich erfahre sie als recht erfüllend. Oft darf ich erleben, wie Gott am Werk ist, wo jemand in die Stille geht, zur Ruhe kommt, sich auf einen inneren Weg einlässt, sich dem Wort öffnet und dem Geist Gottes Raum gibt.

 

Liebe Verwandte und Freunde,

ganz herzlich danke ich für alles Gute, jedes Wohlwollen und alle Unterstützung, die ich im vergangenen Jahr erfahren durfte, besonders für Ihr/Euer Gebet, wie ich auch Euch/Ihnen im Gebet verbunden bin.

Von Herzen wünsche ich Ihnen/Euch ein frohes und gnadenreiches Fest der Geburt Christi sowie ein gutes und gesegnetes Neues Jahr!