Dieser Weihnachtsbrief
kommt nicht mehr aus Dieburg, sondern aus dem Kapuzinerkloster in
Bad Mergentheim.
Am 19. November, dem Fest
der heiligen Elisabeth, bin ich umgesiedelt. Mein Bruder Bernhard hat mir
beim Umzug geholfen. In seinem Auto mit Anhänger, so wie einem alten
Golf, den ich seit September für meine Dienste zur Verfügung habe,
konnten wir alles, vom Fahrrad bis zum Bleispitzer, an einem Nachmittag
transportieren.
Die Versetzung geschah,
nachdem wir im Juni Provinzkapitel hatten, in Absprache mit dem
Provinzial und entspricht meinen eigenen Vorstellungen.
Mit mir ist auch P.
Romuald von Dieburg nach Bad Mergentheim gewechselt. Und in diesen Tagen
erwarten wir noch P. Tobias, der aus Stühlingen zu uns kommt. Mit vier
Patres und zwei Brüdern bilden wir dann eine kleine, harmonische
Gemeinschaft.
Sehr froh bin ich, dass
ich weiter meinen bisherigen Auftrag habe, also ganz für die
Exerzitienseelsorge freigestellt bin. Diese Aufgabe liegt mir. Ich halte
sie für wichtig und tue sie sehr gerne. Das bedeutet, dass ich auch
künftig viel im ganzen deutschsprachigen Raum unterwegs sein werde.
Wie es mir bei all dem
geht? Ganz gut. Auch körperlich-seelisch-geistig fühle ich mich sehr
wohl. Die Grundstimmung meines Lebens ist: von Gott
bedingungslos angenommen zu sein und ihm vorbehaltlos vertrauen zu
dürfen.
Im zu Ende gehenden Jahr
habe ich viele Zeichen der Verbundenheit und Wertschätzung erfahren und
obendrein viel Schönes erlebt. Wie könnte ich da nicht zufrieden und
glücklich sein? Ich empfinde diese Zeichen zutiefst als Geschenk und bin
von Herzen dankbar dafür. Gleichzeitig schöpfe ich daraus auch wieder
Kraft und fühle mich dadurch beflügelt.
Bad Mergentheim ist ein
schönes Städtchen, bekannt als Kurort, im lieblichen Taubertal an der
romantischen Straße. Ort und Landschaft gefallen mir. Außerdem ist unser
Haus hier sozusagen mein Heimatkloster, nur eine dreiviertel Autostunde
von Buchen-Hettingen entfernt. Ich hoffe, dass ich hier in der Tat die
Beheimatung finde, die mich in meinem Auftrag nach draußen gehen und
immer wieder gern heimkehren lässt. Noch muss ich aber erst mal vollends
- mit Leib und Seele - ankommen. Eine Versetzung ist ja immer
auch ein Abschiednehmen und Neuanfangen. Es braucht Zeit, sich
umzustellen, einzufinden und sich an die neue Umgebung zu gewöhnen.
Bald ist wieder ein Jahr
vollendet. Zuvor aber treffen wir uns an der Krippe. Wir feiern
Weihnachten, das Fest der Menschwerdung unseres Gottes. Es ist kein
Geburtsfest wie jedes andere, sondern Gott wird Mensch - für dich!
Er, der Unendliche, hat Fleisch angenommen und unter uns gewohnt. Er der
Allerhöchste wird zum Allernächsten, der Allmächtige ein Kind, klein und
wehrlos, arm und schwach. Soweit geht Gott in seiner Liebe, um uns zu
befreien!
Jedes Jahr stehen wir von
neuem staunend vor diesem Geheimnis. Gott kommt zu uns. Er wird einer
von uns. Hier in der Krippe beginnt er den Weg erlösender Liebe. -
Gott will Mensch werden in mir! -, eine Wahrheit, die mir
immer wichtiger wird. Menschwerdung, das sagt mir auch:
Nimm dein Leben an! Es ist ein Geschenk. Nimm dich selber an!
Weihnachten ist im Grunde genommen das „Fest des persönlichen
Geliebt- und Angenommensein“.
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