Mein lieber
Stephanus!
Ganz ehrlich: Ich
habe große Achtung vor dir. Ich bewundere deine Treue, deine Tapferkeit
und deinen Mut. – Dass du für Deinen Glauben gestorben bist, verdient
allen Respekt.
Aber sag mal, muss
das denn sein, dass wir die blutige Geschichte von deinem Sterben jedes
Jahr ausgerechnet an Weihnachten hören? Kaum brennt der Weihnachtsbaum,
kaum liegt das Christkind in der Krippe, da kommt auch schon die
Geschichte von deiner Steinigung. Und es wird ernst, todernst. Jäh wird
die weihnachtliche Idylle durchbrochen. Von wegen „Jingle bell“ und
„süßer die Glocken nie klingen“.
Ok, vielleicht gibt
es da ja eine Verbindung. Irgendwie hast du ja gelebt wie Jesus. Du bist
ihm treu und konsequent gefolgt. Du bist ihm ganz ähnlich geworden.
Als Diakon der
jungen Christengemeinde in Jerusalem hast du dich um die Armen
gekümmert, hast für Witwen und Waisen gesorgt, hast dich – wie wir heute
sagen – für soziale Gerechtigkeit eingesetzt.
Nicht nur das: Du
hast auch mit Freimut den Glauben verkündet, die Botschaft von der Liebe
Gottes, die Hand und Fuß bekommen hat in Jesus Christus. Es stimmt, du
hast gelebt wie der, der an Weihnachten geboren wurde.
Noch mehr: Du bist
auch gestorben wie Er: unschuldig verurteilt, gewaltsam umgebracht, aus
tödlichem Hass. Mundtot wollten sie dich machen. Und warum? Weil du
ihnen die Wahrheit gesagt hast. Und die haben sie nicht vertragen. Weil
du ihnen ihre Selbstgerechtigkeit wie einen Spiegel vorgehalten hast.
„Da hielten sie sich
die Ohren zu“, heißt es in der Apostelgeschichte. Das wollten sie
nicht hören. Sie schäumten vor Wut, stürmten auf dich los und
bombadierten dich mit Steinen. – Wie Jesus, so haben sie auch dir wegen
Gotteslästerung den Prozess gemacht.
Lieber Stephanus,
du warst ein echter Jünger
Jesu, geisterfüllt, aufrecht und unerschrocken. An dir kann ich mir eine
Scheibe abschneiden.
Du hast gewusst,
wofür du gelebt und gekämpft hast. Du hast Widerspruch, Schmach und
Leiden nicht gescheut. Du bist treu geblieben bis in den Tod. Dein Ziel
war der Himmel. Und der hat seine Arme geöffnet und dich aufgenommen.
Und noch etwas wird von
dir berichtet: Dass du nämlich sterbend für deine Mörder gebetet
hast. Ich weiß nicht, ob ich das könnte. Auch da warst du wieder ganz
nah bei Jesus, warst ganz so eingestellt wie er und hast aus seinem
Geist gehandelt.
Ja, lieber Stephanus,
das alles mag eine Rolle gespielt haben, warum der Bericht von deinem
Martyrium – alle Jahre wieder – ausgerechnet heute vorgelesen wird.
Vielleicht sollten wir
endlich begreifen, dass die Geschichte, die an Weihnachten so zart
begann und die wir oft so rührselig feiern, dass diese Geschichte beim
Kreuz, in Blut und Tod, geendet ist.
Vielleicht sollten wir
begreifen, dass der Glaube an Christus Folgen hat, dass er eine riskante
Sache ist. Glaube kostet was, unter Umständen sogar das Leben. Viele
Gläubige in Ländern der Christenverfolgung können auch heute ein Lied
davon singen.
Wie viele erleben
gerade auch in diesen Weihnachtstagen Terror, Flucht und Angst statt
Weihnachtsfrieden! Da passt es wunderbar, dass dein Fest heute
gleichzeitig der Gedenktag für unsere verfolgten Glaubensgeschwister
weltweit ist.
Lieber Stephanus,
weißt du, was ich mich
frage, ob nicht wirkliches, echtes Leben aus dem Glauben auch heute und
hier bei uns eine Herausforderung ist und seinen Preis hat? Ob es nicht
auch in der Kirche hierzulande mehr Leidenschaft für Gott, größere
Bereitschaft zum Zeugnis, tiefe Glaubensglut und unerschrockenen
Bekennermut bräuchte?
Lieber Stephanus,
es ist gut, dass es Dich
gibt. Und es ist gut, dass dein Fest an Weihnachten gefeiert wird. Denn
das Kind von Betlehem, der Mann aus Nazareth, möchte keine Bewunderer,
sondern Nachfolger. So gesehen, möchte ich dich an der Krippe nicht
missen.
Du bist mir Leitbild und
Ansporn für ein echtes, glaubwürdiges Christenleben.
Heiliger Stephanus,
du warst so mutig, so
tapfer, so treu.
Ach Gott, du weißt, wie
schwach und feig und lustlos ich manchmal bin.
Komm mir zu Hilfe! Reiß
mich heraus aus aller Lethargie!
Rüttle an meiner Trägheit!
Befreie mich von Feigheit, Angst und übertriebener Menschenfurcht! Gib
mir Kraft und Mut!
Gib mir Sehnsucht ins
Herz! Zeig mir den Weg zum Himmel!
Zeig mir den Weg zu Gott!
Weitere Predigten zum Gedenktag des Heiligen Stephanus
finden Sie in der Rubrik "Predigten \ Festtage von Heiligen /
Stephanus - Gedenktag für die verfolgten Christen"
bzw.
"Heiliger
Stephanus - erster Märtyrer der Kirche"
und in dieser Rubrik unter "Stephanus"
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