Haben Sie schon genug von Weihnachten?
Es könnte sein. Denn in der Öffentlichkeit „weihnachtet“ es ja schon
lange auf den Straßen und Plätzen, in den Geschäften und Kaufhäusern, in
Betrieben und Vereinen. – Die ersten Weihnachtsmärkte und sogenannte
Weihnachtsfeiern gab es ja schon Ende November.
Und nun gibt es bei uns in Deutschland
auch noch einen zweiten Weihnachtstag. Für die Kirche ist aber auch dann
noch nicht Schluss mit Weihnachten. Die Weihnachtszeit geht vielmehr
weiter und dauert über Neujahr und Dreikönig hinaus bis zum Fest der
Taufe Jesu.
Für die Kirche ist heute nicht zweiter
Weihnachtstag, sondern Stephanustag. Wir katholische Christen feiern das
Fest des heiligen Stephanus.
In der Urgemeinde von Jerusalem war er
einer von sieben Diakonen. Die Diakone waren überwiegend caritativ und
sozial tätig. Sie kümmerten sich um die Armen, Kranken und Notleidenden.
Sie waren eigens gewählt worden, um die Apotel freizuhalten für den
Dienst der Verkündigung.
Zur Krippe gesellt sich also heute der
heilige. Stephanus,
der
erste Märtyrer der Kirche.
Gestern jubelnder Gesang der Engel,
heute grölendes Geschrei der Meute.
Gestern die Anbetung der freudig
bewegten Hirten,
heute der Steinhagel der aufgebrachten
Massen.
Gestern Gloria aus der Tiefe des
Herzens,
heute der grausame Mord an einem Jünger
Jesu.
Nicht wahr, dieses Märtyrerfest passt
gar nicht zu „Jingle bell“ und „Süßer die Glocken nie klingen“. Ein
krasser Kontrast zur Weihnachtsidylle und Weihnachtsseligkeit.
Schon die Farbe „rot“ des Messgewandes
bzw. der Stola ist eine Provokation. Sie erinnert an das Blut, das
geflossen ist, als Stephanus gesteinigt wurde. Die Farbe „rot“ erinnert
an den Karfreitag.
Wie Jesus ist Stephanus eines
gewaltsamen Todes gestorben. Wie mit Jesus hat man mit ihm kurzen
Prozess gemacht. Wie bei Jesus lautet die Anklage „Gotteslästerung“. Wie
Jesus hat Stephanus für seine Feinde gebetet.
Liebe Schwestern und
Brüder!
Der Mord an Stephanus bildet den Auftakt
zu einer Geschichte des Martyriums. Wie Stephanus gesteinigt wurde, so
starben viele Christen im Laufe der Jahrhunderte den Märtyrertod.
Auch heute werden viele Christen auf der
Welt schikaniert, diffamiert, diskriminiert und kriminalisiert. Sie
werden bedroht, verfolgt, vertrieben, eingesperrt, mundtot gemacht,
umgebracht. Eine himmelschreiende Tragödie, die bei uns kaum
wahrgenommen wird.
Die Anschläge gegen Christen – auch an
diesem Weihnachtsfest – erinnern daran, dass es an Weihnachten nicht nur
um eine harmlose, rührselige oder romantische Geschichte geht, sondern
um das Drama der Heilsgeschichte.
Verfolgte Christen in Saudi-Arabien, im
Irak, in Ägypten, China, Nordkorea, im Sudan oder in Nigeria, um nur
einige Länder zu nennen, fühlen sich dem Hass der Mächtigen und der
Gewalt der Gewalttäter oft ohnmächtig ausgeliefert. Ohnmächtig wie
Jesus am Holz des Kreuzes. Ohnmächtig wie Jesus im Holz der Krippe.
Krippe und Kreuz stehen näher beisammen, als wir oft denken.
Gott sei Dank wird von uns hierzulande
kein Blutzeugnis gefordert – doch Belächelt-und-Verspottet-Werden wegen
unseres Glaubens, Gehässigkeiten wegen unseres Bekenntnisses zur Kirche
oder unseres Stehens zum Papst, das gibt es durchaus.
Liebe Mitchristen!
Das Evangelium von heute endet mit den
Worten: „Ihr werdet um meines Namens willen“ – weil ihr euch zu
mir bekennt – „von allen gehasst werden. Wer aber standhaft bleibt,
der wird gerettet.“
Jesus ermuntert uns, keine Angst zu
haben, sondern standhaft im Glauben zu bleiben. Gerade darin sind uns
der heilige Stephanus und die verfolgten Christen
ein Vorbild.
Weitere Predigten zum Gedenktag des Heiligen Stephanus
finden Sie in der Rubrik "Predigten \ Weihnachten /
Stephanus"
bzw.
"Brief an Stephanus"
und in dieser Rubrik unter
"Stephanus
- Gedenktag für die verfolgten Christen"