Mitten hinein in die feierliche Weihnachtsstimmung platzt
heute das so harte und auch brutale Martyrium des hl. Stephanus.
Mit Schreien und Toben wird er aus der Stadt gedrängt und
findet unter einem Hagel von Steinen seinen frühen Tod.
In die heile Stimmung von Weihnachten bricht die
unheilvolle Wirklichkeit. Eben noch die Freude über die Geburt des
göttlichen Kindes, eben noch der Gesang der Engel: „Ehre sei Gott in
der Höhe“, da wird es schon wieder blutig und ernst. Es ist
wie eine kalte Dusche, ein radikaler Perspektivenwechsel.
Ist die Kirche nicht taktlos, wenn sie heute die
Steinigung des Stephanus präsentiert, wenn sie sozusagen den ersten Blutzeugen
neben die Hirten an die Krippe stellt?
Manch einer mag das als eine herbe Enttäuschung seiner
Weihnachtsfreude empfinden, vielleicht sogar als Zumutung.
Und doch: es ist kein Gegensatz zwischen dem Geheimnis von
gestern und der Verkündigung von heute.
Gestern freuten wir uns, dass sich Gott herabgelassen hat
und in unbegreiflicher Liebe einer von uns geworden ist.
Heute dürfen wir einen von uns sehen, der bis zur letzten
Konsequenz Christus ähnlich wurde.
Gestern feierten wir den Gott, der sich
uns
schenkt.
Heute begegnet uns in Stephanus ein Mensch, der sich
Gott schenkt.
Stephanus
war einer der sieben Diakone der Jerusalemer Urgemeinde. Ein Mann voll Gnade und
Kraft und voll des Hl. Geistes. Ein Mann voll Glaubensglut und Bekennermut. Er
bekennt sich zu Jesus. Er tritt ein für seinen Glauben. Unerschrocken legt er
Zeugnis ab.
Stephanus
ist das Urbild des christlichen Märtyrers.
Sein Schicksal erinnert an das Wort Jesu:
„Der Jünger steht nicht über seinem Meister. Haben sie mich
verfolgt, werden sie auch euch verfolgen.“
Bis in die letzte Konsequenz hinein wurde
Stephanus Christus ähnlich. Wie Jesus hat auch er sterbend für seine
Verfolger und Mörder zum Vater im Himmel um Vergebung gebetet.
Liebe Schwestern und Brüder!
Die Krippe
ist nicht die ganze christliche Botschaft. Krippe und Kreuz
gehören zusammen, nicht nur für Jesus, sondern für jeden, der IHM nachfolgt. An
Stephanus können wir das ablesen.
Das Kind in der Krippe
will nicht Bewunderer, sondern Nachfolger.
Dieses Kind ist angewiesen auf Menschen, die seine
Botschaft leben und weitersagen. Dieses Kind braucht Zeugen. Es
schaut nach Menschen aus, die sich - wie Stephanus - im Leben und Sterben zu ihm
bekennen.
Tu ich es? Hat mein Leben Zeugnischarakter?
Bewährt sich mein Glaube im Alltag? Stehe ich
mutig dazu?
Können andere in meinem Leben die Spuren Jesu
erkennen?
Christlicher Glaube
hat sich seit den Tagen des Stephanus nicht ausgebreitet durch Leisetreterei,
Mittelmäßigkeit und Angepasstheit, sondern dadurch, dass Christen ihren Glauben
deutlich und bestimmt gelebt haben.
Ob nicht
Leben aus dem Glauben, unerschrockenes Bekenntnis und christlicher Einsatz auch
heute ihren Preis haben.
Ob nicht
Kirche auch heute weniger vom Applaus lebt, als vielmehr von Glaubensglut,
Bekennermut und der Bereitschaft zum Zeugnis lebt? - Es braucht auch
heute Christen mit Profil.
So gesehen möchte ich Stephanus an der Krippe nicht
missen.
Weitere Predigten zum Gedenktag des Heiligen Stephanus
finden Sie in der Rubrik "Predigten \ Festtage von Heiligen /
Stephanus - Gedenktag für die verfolgten Christen"
bzw.
"Heiliger
Stephanus - erster Märtyrer der Kirche"
und in dieser Rubrik unter "Brief an Stephanus"
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