Ein junger Jude kommt zu einem Rabbi
und sagt: „Ich möchte gern zu dir kommen und dein Jünger werden.“ – Da
antwortete der Rabbi: „Gut, das kannst du, ich habe aber eine Bedingung.
Du musst mir eine Frage beantworten: Liebst du Gott?“
Da wurde der Schüler traurig und
nachdenklich. Dann sagte er: „Eigentlich, lieben, das kann ich nicht
behaupten.“ – Der Rabbi sagte freundlich: „Gut, wenn du Gott nicht
liebst, hast du Sehnsucht ihn zu lieben?“
Der Schüler überlegte eine Weile und
erklärte dann: „Manchmal spüre ich die Sehnsucht sehr deutlich, aber
meistens habe ich so viel zu tun, dass diese Sehnsucht im Alltag
untergeht.“
Da zögerte der Rabbi und sagte dann:
„Wenn du die Sehnsucht, Gott zu
lieben, nicht so deutlich verspürst, hast du dann Sehnsucht, diese
Sehnsucht zu haben, Gott zu lieben?“
Da hellte sich das Gesicht des
Schülers auf und er sagte: „Genau, das habe ich. Ich sehne mich danach,
diese Sehnsucht zu haben, Gott zu lieben.“
Der Rabbi entgegnete:
„Das genügt. Du bist auf dem Weg.“
Chassidische
Geschichte, Martin Buber |