geistliche Impulse

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von P. Pius Kirchgessner, OFMCap

 

Der Rabbi und sein Schüler

 

Ein junger Jude kommt zu einem Rabbi und sagt: „Ich möchte gern zu dir kommen und dein Jünger werden.“ – Da antwortete der Rabbi: „Gut, das kannst du, ich habe aber eine Bedingung. Du musst mir eine Frage beantworten: Liebst du Gott?“

 

Da wurde der Schüler traurig und nachdenklich. Dann sagte er: „Eigentlich, lieben, das kann ich nicht behaupten.“ – Der Rabbi sagte freundlich: „Gut, wenn du Gott nicht liebst, hast du Sehnsucht ihn zu lieben?“

 

Der Schüler überlegte eine Weile und erklärte dann: „Manchmal spüre ich die Sehnsucht sehr deutlich, aber meistens habe ich so viel zu tun, dass diese Sehnsucht im Alltag untergeht.“

 

Da zögerte der Rabbi und sagte dann:

„Wenn du die Sehnsucht, Gott zu lieben, nicht so deutlich verspürst, hast du dann Sehnsucht, diese Sehnsucht zu haben, Gott zu lieben?“

 

Da hellte sich das Gesicht des Schülers auf und er sagte: „Genau, das habe ich. Ich sehne mich danach, diese Sehnsucht zu haben, Gott zu lieben.“

 

Der Rabbi entgegnete:

„Das genügt. Du bist auf dem Weg.“

 

Chassidische Geschichte, Martin Buber