Von Albert Einstein stammt das Wort:
„Das Problem unserer Tage ist nicht jenes der Atomenergie, sondern
das des menschlichen Herzens.“ – Ich glaube das stimmt. Da ist was
Wahres dran. Das Problem unserer Zeit ist
das Herz.
Unser technisches Zeitalter
ist geprägt vom forschenden Denken, von der kalten, berechnend Vernunft.
Wir sind verkopft. Intellekt und Wissen triumphieren. Wir sind auf
Leistung aus. Gewinn und Erfolg zählen. Verstand und Geld regieren die
Welt. Das Herz des Menschen aber verkümmert. Das Gemüt verarmt. Es fehlt
an Herz und Herzlichkeit.
Das Herz
verendet im Würgegriff von Profit, Prestige und Positionen. Es erstickt
in den dicken Brieftaschen und schrumpft im Getriebe von Produzieren und
Konsumieren. Es geht unter in einer Lawine von Hass- und
Gewaltnachrichten, von Mord- und Skandalgeschichten. Es verrostet und
versteinert im Zuviel von Luxus und Wohlstand. Es geht verloren in
Wohnsilos, Supermärkten und Vergnügungszentren. – Viele Menschen frieren
in unserer formal gesteuerten, anonymen und frostigen Gesellschaft.
Andererseits spüren viele, dass das Funktionale, Apparative und
Materielle nicht genügt und nicht sättigt. Viele hungern nach
Verständnis, nach Angenommensein, nach dem Geschenk des Wohlwollens, des
Vertrauens und der Liebe.
„Ein Herz für Kinder“.
Wer kennt diesen Slogan nicht?
Aber wo
finden wir noch Menschen mit Herz? Menschen, die von Herzen gut sind,
herzensgut, wie wir sagen. Menschen, die von Herzen lachen können?
Menschen, für die der „herzliche Gruß“ am Briefende mehr ist als eine
leere Floskel?
Leben
nicht allzu viele apathisch in eisigen Wüsten wie Ameisen in
Luxuspalästen aus Glas und Beton, ohne Gesicht und ohne Herz? – Leben
nicht viele wie Raubtiere in einem Dschungel, der nirgends aufhört, auf
dauernder Jagd nach Geld, Besitz und Genuss, aber ohne Herz? – Leben
nicht viele – angesichts einer immer komplexer werdenden Gesellschaft,
immer schnellerem Miteinander und immer rasanteren
Digitalisierungsschüben – gefangen in den Klauen des Mithalten- und
Leistenmüssens, verfolgt vom Terminkalender, wie in einem Hamsterrad,
aber ohne Herz? In den Fängen von Herrschsucht und Machtgier, eiskalt im
Kalkulieren und Kontern, zäh und eisern auf den eigenen Vorteil bedacht?
– Wenn nicht ohne Herz, so doch oft engherzig und hartherzig?
Jemand hat einmal gesagt:
„Vieles ist faul, weil das Herz nicht mehr gesund ist.“
– Ja, Einstein hat recht: „Das Problem unserer
Zeit ist das Herz!“
Ausgerechnet
in dieser Zeit wurde ein Fest und eine Frömmigkeitsform verpönt, die das
Herz Jesu feiert und die Güte, Liebe und Menschenfreundlichkeit Gottes
zum Inhalt hat.
Das Herz-Jesu-Fest
wird jeweils am dritten Freitag nach Pfingsten gefeiert, 10 Wochen nach
dem Karfreitag, mit dem es innerlich in Verbindung steht. Darum wird
auch an jedem ersten Freitag im Monat der Herz-Jesu-Freitag begangen.
Das
Herz-Jesu-Fest ist sogar ein Hochfest, hat also den gleichen Rang wie
z.B. Weihnachten, Ostern und Pfingsten.
Aber wer nimmt Notiz davon?
Kaum ein kirchliches Fest ist für viele so weit weg und vergessen wie
dieses. Selbst praktizierende gläubige Katholiken haben es nicht im
Bewusstsein. Und die Herz-Jesu-Verehrung ist für viele fragwürdig und
problematisch geworden.
Die einen fragen:
Was sollen wir anfangen mit einem Frömmigkeit, zu der wir keinen Zugang
haben, weil sie übergeschwappt ist von Kitsch und Süßigkeit, ein
Frömmigkeit, die eher abstoßend wirkt als anziehend, weil sie überläuft
von Rührseligkeit und Sentimentalität. Mit der Verehrung des heiligsten
Herzens Jesu und einem Herz-Jesu-Fest bzw. Herz-Jesu-Freitag können sie
nicht viel anfangen. Das alles sagt ihnen nichts und gibt ihnen nichts.
Sie sehen darin einen alten Zopf. Und fragen sich, warum man diesen
nicht schon längst abgeschnitten hat.
Andere meinen:
Das Fest und die Frömmigkeitsform passt einfach nicht mehr in unsere
heutige Landschaft. Sie halten die Herz-Jesu-Verehrung für nicht mehr
zeitgemäß und überholt. Es hat ihrer Meinung nach keinen Platz in einer
Zeit, wo man die Ellenbogen gebrauchen muss, in der man gehörig
strampeln muss, um sich über Wasser zu halten, wo nur vorwärts kommt,
wer andere hinter sich lässt und sich durchsetzt, koste es, was es
wolle. – Bleibt da die Menschlichkeit nicht auf der Strecke? Was zählt
da das Herz? – Wie du mir, so ich dir, lautet die Devise. Jeder muss
zusehen, dass er seine eigenen Schäfchen ins Trockene bringt und nicht
selber unter die Räder kommt.
Doch gottlob
wurde das, was manche für einen alten Zopf halten, nicht radikal
abgeschnitten, obwohl nach dem Konzil mancherorts mit vielen
Heiligenfiguren auch zahlreiche Herz-Jesu-Statuen und Herz-Jesu- Bilder
aus den Kirchen entfernt wurden und einem Kahlschlag zum Opfer fielen.
Gottlob
wurde das, worauf viele meinten verzichten zu können, nicht total von
der Kirche über Bord geworfen.
Gottlob
steht das Fest noch immer – wenn auch weithin übersehen – im
Festkalender der Kirche.
Gottlob,
sage ich. Nicht weil ich ein ungeheures Gefallen hätte an kitschigen
Herz-Jesu-Statuen oder süßen Herz-Jesu-Liedern, sondern weil ich – erstens – der Ansicht bin, dass gerade heute in unserer Zeit Herz
wieder mehr Trumpf sein und eine größere Bedeutung haben müsste. Und –
zweitens, weil es bei der Herz-Jesu-Verehrung um mehr geht als
äußere Erscheinungsformen. Leider wurde das Äußere oft das Bestimmende.
Und durch einen an sich frommen und gut gemeinten Überschwang hat die
Herz-Jesu-Verehrung teilweise Formen angenommen, die es mit sich
brachten, dass das Eigentliche und Entscheidende – und auch das
Ursprüngliche – verdeckt wurde. Der tiefe Sinn der Herz-Jesu-Verehrung,
die ihre Aufgipfelung findet im Hochfest des heiligsten Herzens-Jesu,
war manchmal – vor lauter Rankenwerk – nicht mehr sichtbar.
Um was
geht es eigentlich beim Herz-Jesu-Fest, bei der Feier der
Herz-Jesu-Freitage und bei der Herz-Jesu-Verehrung?
Wir alle
kennen das Herz als Symbol für alles, was mit Empfindung, Gefühl und
Liebe zu tun hat. Es ist Sinnbild für die personale Mitte des Menschen.
Der tiefe
Kern der Herz-Jesu-Verehrung und die zentrale Botschaft des
Herz-Jesu-Festes lauten: Gott hat ein Herz für die Menschen. Ein
Herz, das liebt und auf Liebe wartet, ein Herz, das unendlich größer und
weiter ist als unser oft schwaches, armes, manchmal auch misstrauisches
und hartes Herz.
Gott hat ein Herz für uns Menschen.
Ein gütiges Herz, ein treues Herz, ein liebevolles Herz.
Das
innerste Geheimnis echter Herz-Jesu-Verehrung ist die Herzlichkeit, die
Milde und Menschenfreundlichkeit Gottes. Wir können auch sagen: seine
Liebenswürdigkeit und Zärtlichkeit.
Mag
auch die klassische Herz-Jesu-Frömmigkeit vergangener Jahrzehnte manchen
Zeitgenossen nichts mehr geben, ihr Inhalt und ihr Auftrag sind meines
Erachtens aktueller denn je: Gott hat ein Herz
für die Menschen. Er liebt uns mit inniger, ewiger Liebe.
Aber wir sagen nicht
„Herz-Gottes-Verehrung“,
sondern „Herz-Jesu-Verehrung“. Warum? Weil Gottes Liebe in Jesus,
seinem Sohn, Mensch geworden ist, Fleisch und Blut angenommen hat, ein
menschliches Gesicht und Hand und Fuß bekommen hat.
Wir können auch sagen:
Jesus ist das Mensch gewordene Herz Gottes. Oder umgekehrt: Das Herz
Jesu ist der Inbegriff der Liebe Gottes. In ihm wird die Menschenliebe
Gottes sichtbar und greifbar. In seinem Leben und Sterben hat er uns
gezeigt, was Liebe ist, wie weit die göttliche Liebe geht und wie viel
sie sich kosten lässt.
Jesu Herz
ist ein empfindsames Herz, ein erbarmungsvolles und mit-leidendes Herz.
Zugleich aber auch das Herz, „in dem die ganze Fülle der Gottheit
wohnt“ (Kol 2, 9). In Jesus schlug das Herz des lebendigen Gottes,
„aus dessen Fülle wir alle empfangen“, ein Herz – wie es die
Liturgie sagt: „reich für alle, die zu ihm rufen“, ein Herz, das
schenken kann und schenken will. Wenn wir uns nicht verschließen,
sondern öffnen, vermag seine Liebe in uns einzuströmen, uns zu
durchdringen und uns zu erfüllen.
Wer wissen will, wie Gott ist, muss auf Jesu schauen,
auf sein Herz und von ihm lernen! „Lernt alle von mir“, ruft
Jesus einmal aus, „denn ich bin gütig und von Herzen demütig“ (Mt
11, 29). In einer früheren Übersetzung hat es geheißen, „denn ich bin
sanftmütig und demütig von Herzen“.
Jesus
hatte alles und gab alles hin. – Er war reich und wurde unseretwegen
arm. – Er forderte nicht für sich, er gab.
Er wusch
anderen nicht den Kopf, sondern die Füße. – Er schlug nicht Wunden, er
heilte. – Er ließ sich nicht bedienen und wollte erst recht nicht
verdienen, er diente. – Das geknickte Rohr zerbrach er nicht und den
glimmenden Docht löschte er nicht aus.
Er hatte
ein Herz für die Menschen, gerade die Verlorenen, die Sünder, die Armen
und Kranken. Im 4. Hochgebet heißt es: „Den Armen verkündete er die
Botschaft vom Heil, den Gefangenen Freiheit, den Trauernden Freude“.
Wer
wissen will, wie Gott ist, muss auf Jesus schauen:
Jesus hat Mit-Leid.
Er hilft und heilt, wo Menschen in Not sind und geht nicht wie der
Priester und der Levit im Gleichnis am Nächsten vorüber. Dem bittenden
Gelähmten schenkt er die Gesundheit und der trauernden Witwe gibt er den
einzigen Sohn zurück. Er weint über den Tod seines Freundes Lazarus und
über die Stadt Jerusalem. Er hat Mitleid und tiefes Erbarmen erfasst ihn
angesichts der vielen Menschen, die wie Schafe sind, die keinen Hirten
haben. Ihn erbarmt die großen Menschenmenge, die schon tagelang – ohne
etwas zu essen – bei ihm ausharrt.
Jesus setzt Liebe gegen Gesetz.
Er durchbricht das harte Rechtsdenken der Pharisäer und Schriftgelehrten
und verurteilt die Ehebrecherin nicht, sondern zeigt ihr die Möglichkeit
zu einem neuen Leben. Die geöffneten Arme des barmherzigen Vaters –
seinem heimkehrende Sohn entgegengehalten – sind ein Bild für die
verzeihende und barmherzige Liebe Gottes, die Jesus in seinem Leben
praktiziert und anschaulich gemacht hat.
Jesus schafft Gemeinschaft durch Vergebung.
Aussätzigen, Sündern und Zöllnern öffnet Jesus den Weg in die
Gemeinschaft. Er hatte ein Herz besonders für die Schuldiggewordenen.
Dem
reumütigen Schächer am Kreuz verheißt er das Leben. Und seinen Vater
bittet er um Vergebung für die, die ihm am Kreuz schmähen und
verspotten.
Einmal ruft Jesus aus:
„Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid“ (F. Stier
übersetzt: „ihr Mühenden und Überbürdeten“) „ich will euch
erquicken.“ Das Wort „erquicken“ lässt das Bild von einer Quelle
oder einem Brunnen erscheinen, deren Wasser erfrischt, belebt und
stärkt. F. Stier: „Ich werde euch aufatmen
lassen.“
Plagen, Lasten und Schweres
kennen wir aus eigenem Erleben. Manchmal so sehr, dass wir darunter
seufzen und stöhnen. Da tut es gut, mit diesem Belastenden nicht allein
zu sein, nicht ganz allein alles tragen und schleppen zu müssen. Da tut
es gut, die Lasten bei Jesus abladen und den schweren Lebensrucksack bei
ihm abstellen zu dürfen, aufatmen zu können und bei ihm Ruhe zu finden.
Das Evangelium
lässt uns die ganze Einzigartigkeit der suchenden Liebe Gottes
begreifen. Sie treibt den Herrn bis zum Äußersten, ans Kreuz, für uns,
aus Liebe.
Im
Johannesevangelium heißt es: „Da er die Seinen
liebte, die in der Welt waren, liebte er sie bis zur Vollendung.“
Diese Liebe
lässt seine Seite durchbohrt werden, damit wir Zugang bekommen zum
Innersten, in die Mitte, ins Herz der Liebe Gottes. Es ist wirklich eine
Liebe, die von Herzen kommt, die keinen ausschließt, sondern alle in die
Arme schließt und umfängt.
Jesus
sagt im Johannesevangelium: „Wenn ich von der Erde erhöht bin, werde
ich alle an mich ziehen“ (Joh 12, 32).
Beim
Propheten Sacharja (12, 10) heißt es bereits vorausdeutend: „Sie
werden auf den schauen, den sie durchbohrt haben“.
Das liebevolle Herz Jesu
ist es wert, dass wir auf es schauen und seine Nähe suchen. Denn dieses
Herz ist Urbild und Ausdruck der radikalen und endlichen Liebe Gottes,
die sich ganz verströmt und restlos hingibt. Es ist wie eine Quelle,
eine Quelle des Heils, aus der wir immer wieder mit Freude schöpfen und
Kraft und Frieden, Zuversicht und Trost finden können.
Über die Verehrung des Herzens Jesu sagt Papst Pius XII.
und fasst damit zusammen und bringt auf den Punkt, worum es geht. Er
nennt zwei Aspekte: „Die Verehrung des Herzens
Jesu ist in ihrem innersten Wesen Verehrung der Liebe, mit der uns Gott
durch Jesus geliebt hat. – Zugleich ist sie aber auch Übung der Liebe,
die wir Gott und den anderen Menschen entgegenbringen.“
Der „Wüstenheilige“ Charles de Foucauld
hat sehr schön gerade den ersten Aspekt dargelegt: das Herz, das die
Menschen so sehr geliebt hat, dass es sich nicht schonte, sondern sich
verausgabte, sich verzehrte und sich hingab.
In seinen
Tagebuchnotizen heißt es: „Die katholische Religion klärt uns auf
über den Weg des Kreuzes: Sie lässt vor unseren Augen aufleuchten die
anziehendste, die strahlendste, die wärmste, die wohltuendste aller
Wahrheiten: die Wahrheit des Herzens Jesu.“ Dann fragt Charles de
Foucauld: „Warum?“ Und gibt die Antwort: „Wir sind nicht
hilflos, verlassen, vergessen auf dem Weg der Nachfolge des Herrn. Bevor
wir noch waren, hat ein Herz uns geliebt mit ewiger Liebe.“ Und dann
fährt er fort: „Gott liebt uns. Er hat uns gestern geliebt, er liebt
uns heute, er wird uns morgen lieben. Gott liebt uns jeden Augenblick
unseres Lebens. Er wird uns auch die ganze Ewigkeit hindurch lieben,
wenn wir nicht seine Liebe zurückstoßen.“ Dann sagt Charles de
Foucauld: „Seht, das ist die Wahrheit des Herzens Jesu, die
geoffenbart wurde, um die Herzen der Menschen zu erleuchten und in Liebe
zu entflammen.“
„Die Herzen der Menschen zu erleuchten und in Liebe zu entflammen“.
Hier spricht Charles de Foucauld den zweiten Aspekt an, um den es bei
der Verehrung des Herzens Jesu geht: Liebe will Liebe. Liebe will
Erwiderung. Gottes Liebe ruft unsere Liebe. Jesu Herz ruft unser Herz.
Wie hat Papst Pius XII. es formuliert?
„Die Verehrung des Herzens Jesu ist zugleich
auch Übung der Liebe, die wir Gott und den anderen Menschen
entgegenbringen.“
Viele
werden an das gute Herz Jesu erst dann glauben, wenn sie bei uns, die
wir uns Christen nennen, ein Menschenherz nicht vergeblich suchen. Sie
werden erst dann glauben, dass Gott für sie ein Herz hat, wenn sie
sehen, dass wir ein Herz für sie haben.
„Wenn Gott uns so geliebt hat“,
heißt es in der zweiten Lesung vom Herz-Jesu-Fest (Lesejahr A), „dann
müssen auch wir einander lieben.“
Die Antwort bzw. das Echo
auf die die Liebe Gottes in Jesus Christus hat also zwei Richtungen,
eine vertikale und eine horizontale: Erstens: zu Gott hin! Und zweitens:
zum Mitmenschen hin, zum Bruder zur Schwester im Glauben.
Die erste, vertikale Richtung
kommt meines Erachtens gut in einer Strophe eines gern gesungenen
Weihnachtsliedes zum Ausdruck: „In deine Lieb
versenken will ich mich ganz hinab, mein Herz will ich dir schenken und
alles, was ich hab.“
Ist das
nicht – ohne jede Sentimentalität – eine sehr passende und gute Antwort?
Dass wir – über alle Gleichgültigkeit hinweg – es wieder wagen, unserem
Herrn und Heiland zu sagen, dass seine Menschwerdung und sein Tod am
Kreuz, dass seine Liebe uns nicht kalt lässt, nein, dass sie uns etwas,
dass sie uns viel, ganz viel, dass sie uns alles bedeutet.
Vergessen
wir aber nicht, dass es Liebe zu Gott ist, wenn wir die Schwester, den
Bruder lieben. „Seht, wie sie einander lieben“ haben die
Zeitgenossen von den ersten Christen gesagt.
Und das
ist die zweite, die horizontale Richtung der Antwort unserer
Liebe auf die Liebe Gottes: Liebe zum Nächsten!
Wenn es
wirklich so ist, dass unsere Welt weithin kalt, herzlos, und damit
erbarmungslos und gnadenlos geworden ist, wenn es in unserer
Gesellschaft an Herz und Herzlichkeit fehlt, ist es dann nicht an uns,
die wir Christi Namen tragen, der Liebe Gottes auch in dieser Richtung
Antwort zu geben: durch unsere Zuwendung und Liebe zum Nächsten in
Zeichen, Worten und Taten? Konkret: durch Solidarität und
Hilfsbereitschaft, durch Geschwisterlichkeit und Güte, durch herzliches
Erbarmen, Verzeihen und Geduld.
Gelegenheit
dazu gibt es täglich. Wir sollten gerade – und es sind unzählige – ein
Herz haben für die, die einsam sind, die keinen haben, der sich ihrer
annimmt, keinen, bei dem sie mit dem Herzen zu Hause sein können.
Vielleicht
fällt uns jetzt jemand ein, ein Name, ein Gesicht von einem Menschen,
der auf ein liebendes Herz wartet, einen Besuch, einen Telefonanruf, auf
ein Zeichen der Güte, auf eine selbstlose Geste, einen freundlichen
Gruß, ein Wort der Anerkennung, einen Wink der Verbundenheit und
Freundschaft. Mit einem Wort: auf ein liebe-volles, gutes Herz.
In diesem Sinne
sind wir immer wieder neu eingeladen und aufgerufen, die Liebe Christi
in unserem Leben, in unserer Umgebung transparent werden und
durchscheinen zu lassen.
Ein Gebet aus der Liturgie der Kirche,
das mir gut gefällt und das ich gern bete, fasst die vertikale und
horizontale Richtung der von Herzen kommenden Liebe sehr schön zusammen:
„Herr,
du Feuer ewiger Liebe, entzünde unser Herz mit deiner Glut, damit wir
dich über alles lieben und aus Liebe zu dir auch unsere Schwestern und
Brüder.“
Herz-Jesu-Verehrung
– recht verstanden – sollte nicht Inbegriff von religiösem Kitsch oder
peinlicher Sentimentalität sein. Eigentlich und wirklich ist das Herz
Jesu der Inbegriff der Liebe Gottes. Verehrung des Herzens Jesu ist Verehrung
des Herzens Gottes. Jenes Gottes, der uns in Jesus, seinem Sohn,
nahegekommen ist, sich den Menschen voll Liebe zugewandt und sich als
der Barm-herz-ige erwiesen hat, als ein Mensch mit Herz.
In Jesus Christus
begegnet uns Gottes Herzlichkeit, seine Herzensgüte und Herzensweite auf
menschlich unfassliche und unfasslich menschliche Weise. Im Schauen auf
ihn, auf sein Herz, im Hören auf sein Wort, im Gehen seines Weges, im
Tun dessen, was er uns sagt, können wir selbst zu menschlicher
Herzlichkeit und herzlicher Menschlichkeit angeregt und bewegt werden.
Herz-Jesu-Verehrung
– so gesehen – wäre dann nicht überholt und gestrig, sondern hochaktuell
und überaus bedeutsam.
Zum Schluss
möchte ich noch auf einen Bittruf der Herz-Jesu-Frömmigkeit zu sprechen
kommen, den ich von klein auf als Stoßgebet gelernt habe und der mich
seit meiner Kindheit begleitet. Er ist an Jesus gerichtet und lautet: „Bilde unser Herz nach deinem Herzen!“ – Ein Jesus-Gebet! Damit kann
ich sehr viel anfangen. In meinen Augen ist das eine ganz wesentliche
und entscheidende Bitte. Es geht dabei um Umformung und Umgestaltung in
Christus. Es geht darum, ihm immer ähnlicher und gleichförmiger zu
werden.
„Bilde mein Herz nach deinem Herzen!“
Das ist
christliche Herzensbildung per excellence!!!
Gebet
Jesus
Christus,
bilde
und forme mein Herz nach deinem göttlichen Herzen!
Schaffe du darin Raum für dich und deine barmherzige Liebe und für die
Menschen mit allem, was sie auf dem Herzen haben und mir anvertrauen.
Weite
du mein Herz, damit es deine Größe erahnt, deine Geduld widerspiegelt,
deine Güte verschenkt, deinen Segen und deine Gnade ausstrahlt.
Vertiefe du mein Herz, damit es in dir verwurzelt und verankert bleibt
in den Mühsalen, Anfechtungen und Stürmen des täglichen Lebens.
Läutere du mein Herz, damit es aufrecht und tapfer, wahrhaftig und
wohlwollend, glaubwürdig und liebenswürdig dir und den Menschen dient.
Einige schöne und viel sagende Zitate, über die nachzudenken und
die zu be-herz-igen, sich lohnt:
-
„Gott legt das Maßband nicht um den Kopf, sondern um
das Herz“ (irischer Segenspruch)
-
„Das Herz hat seine Gründe, die der Verstand nicht
kennt“ (Blaise Pascal)
-
„Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche
ist für die Augen unsichtbar.“
(A. d. Saint-Exupery)
-
„Man muss dem Herzen schenken, nicht nur der Hand.“
(R. M. Rilke)
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