EVANGELIUM
Ihr alle werdet genauso umkommen, wenn ihr euch nicht bekehrt
+ Aus dem heiligen Evangelium nach
Lukas
6Und
er erzählte ihnen dieses Gleichnis: Ein Mann hatte in seinem Weinberg einen
Feigenbaum; und als er kam und nachsah, ob er Früchte trug, fand er keine.
7Da
sagte er zu seinem Weingärtner: Jetzt komme ich schon drei Jahre und sehe nach,
ob dieser Feigenbaum Früchte trägt, und finde nichts. Hau ihn um! Was soll er
weiter dem Boden seine Kraft nehmen?
8Der
Weingärtner erwiderte: Herr, lass ihn dieses Jahr noch stehen; ich will
den Boden um ihn herum aufgraben und düngen.
9Vielleicht
trägt er doch noch Früchte; wenn nicht, dann lass ihn umhauen.
Der Baum ist eine Zumutung.
Seit drei Jahren
schon geht der Besitzer hinaus und schaut nach den Früchten. Immer das
gleiche: nichts.
Auch diesmal:
Keine einzige Frucht.
Das ist
bitter. Das ist enttäuschend.
Einmal
ist Schluss.
Der Baum
bringt nichts, ein hoffnungsloser Fall!
Die
sauberste u. wirtschaftlichste Lösung: Umhauen!
Der Baum
muss weg.
Doch der
tödliche Schlag findet nicht statt.
„Hau ihn um“,
wird zwar gesagt, aber nicht getan.
Wie
kommt’s?
Da ist
der Weingärtner. Der macht sich für den Feigenbaum stark. Er kämpft für
ihn. Obwohl der schon drei Jahre nichts bringt und nur den Boden
auslaugt, legt er Fürsprache für ihn ein.
Er
bittet um eine Gnadenfrist für den Baum:
„Herr,
lass ihn dieses Jahr noch stehen. Ich will den Boden um ihn aufgraben,
die Erde lockern und noch einmal kräftig düngen. Vielleicht trägt er
doch noch Frucht!“
Eigentlich
hätte er die Axt verdient – der unfruchtbare Feigenbaum. Stattdessen wird ihm der Spaten zuteil und noch Dünger dazu.
Die Axt
schlägt nicht zu. Warum? Weil da einer ist, der für den Baum eintritt,
einer, der den Baum noch nicht abgeschrieben hat, einer, der noch Hoffnung hat – trotz aller enttäuschenden
Erfahrungen.
Und ganz
persönlich will er sich noch einmal um den Baum mühen, sich einsetzen,
ihm viel Gutes zukommen lassen, damit er vielleicht doch noch die
gesuchten Früchte bringt.
Mir kommt vor:
Der Baum hat einen Freund gefunden. Einen, der sich schützend vor ihn
stellt. Einen Verbündeten, der ihm noch etwas zutraut.
Liebe
Schwestern und Brüder!
Im
Weinbergsgärtner dürfen wir Jesus selbst erkennen.
Jesus
zeichnet in diesem Gleichnis sozusagen ein Selbstporträt.
Mir
sagt das:
Jesus
hat Hoffnung für mich, auch wenn meine Früchtebilanz alles andere als
berauschend ist.
Jesus
hat Hoffnung für mich, auch wenn ich mich manchmal so wenig umkehrbereit
und veränderungsfähig erlebe.
Jesus
schreibt mich nicht ab, er gibt mich nicht auf.
Er ist der gute Hirt,
der die 99 zurücklässt und dem einen Verlorenen nachgeht.
Er ist der,
der das geknickte Rohr nicht bricht und den glimmenden Docht nicht
auslöscht.
Er ist
der Fürsprecher der Sünder.
Er tritt
bei Gott für uns ein.
Der heilige Apostel Paulus
hat im Römerbrief über dieses Thema meditiert und dabei folgende Sätze
geschrieben, die ich sehr tröstlich finde: „Wer
kann die Auserwählten Gottes anklagen? Wer kann sie verurteilen? Jesus
Christus sitzt zur Rechten Gottes und tritt für uns ein. Nichts kann uns
von seiner Liebe scheiden.“
„Christus hat uns geliebt und sich für uns hingegeben.“
Seine
ausgespannten Arme am Kreuz sind Zeichen seiner Liebe. Sein durchbohrtes
Herz ist Zeichen seiner Liebe.
Wo
Menschen sagen: „verloren“, da sagt er: „gefunden“.
Wo
Menschen sagen: „gerichtet“, da sagt er: „gerettet“.
Wo
alle „nein“ sagen, sagt er „ja“.
In einem Lied heißt es:
„Sag ja zu mir, wenn alles nein sagt, weil ich so vieles falsch gemacht.
Wenn Menschen nicht verzeihen können, nimm du mich an trotz aller
Schuld“.
Und weiter:
„Wenn du ja sagst, kann ich leben, stehst du zu
mir, dann kann ich gehen. Dann kann ich neue Lieder singen und selbst
ein Lied für andere sein.“
Von
Lothar Zenetti stammt das Wortspiel:
„Wer Jesus für mich ist? – Einer, der für mich ist!
Was
ich von Jesus halte? – Dass er mich hält!“
Ein Wortspiel,
das aber viel ausdrückt und gut auf den Punkt bringt, wer Jesus für
mich, für uns sein kann und sein will.
Liebe
Schwestern und Brüder
Auch wenn
ich in mancher Hinsicht dem unfruchtbaren Feigenbaum gleiche, auch
wenn ich vielleicht gar nicht viel Gutes an mir finde und
manchmal denke: „Wer bin ich schon, was taug ich schon, was hab ich
schon zu bieten?“ Ich brauche nicht zu resignieren und
schon gar nicht zu verzweifeln.
Auch wenn ich bei kritischer Selbstprüfung gestehen muss:
„Ich habe meinen Herrn und Schöpfer enttäuscht, die Talente, die er mir
anvertraut hat, nur mäßig und nachlässig genutzt. Ach, wie dürftig ist
die Ernte meines Lebens!“
– Es gibt einen, der für mich ist, der für mich spricht.
Es gibt einen, der mich nicht fallen lässt, sondern für
mich eintritt. Es gibt einen, der mir immer noch Umkehr
und Früchte zutraut.
Allerdings, es braucht schon auch meine Offenheit, meine Bereitschaft,
meinen Willen zum Guten. Es braucht mein Mittun.
Der Feigenbaum
hat noch ein Jahr bekommen, eine Bewährungszeit, eine Gnadenfrist.
Ob er dem
Gärtner sein Wohlwollen, seine Fürsprache, seine Zuwendung und all seine
Mühen gedankt hat?
Ob er
schließlich Früchte gebracht hat? Wir wissen es nicht.
Das
Gleichnis hat einen offenen Schluss.
Wir sind
gefragt. Sie und ich.
Liebe
Schwestern und Brüder!
Nutzen
wir die Zeit, die wir haben! Richten wir den Blick nach vorne!
Und trauen wir uns Früchte zu! Gott tut es auch.
Wie viel
Zeit wir noch haben, wissen wir nicht, jedenfalls nicht unbegrenzt.
Jeder Tag kann auch der Letzte sein.
Darum: „Die Zeit zu beginnen ist jetzt! Und der Ort für den Anfang ist
hier!“
Gott
schenkt uns immer wieder neue Anfänge.
Jeder Tag
ist ein neuer Anfang.
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