Haben wir die Worte der ersten Lesung noch im Ohr?
Welcher Prophet war das noch? Und erahnen wir, was das heißt: „Wort,
des lebendigen Gottes“? Oder rauscht es an unsren Ohren, rauscht es
an uns vorbei?
Es waren Worte des Propheten Jesaja. Und er sagt uns:
„Steh auf, werde Licht, denn es kommt dein Licht / und die Herrlichkeit
des HERRN geht strahlend auf über dir. / Denn siehe, Finsternis bedeckt
die Erde / und Dunkel die Völker, / doch über dir geht strahlend der
HERR auf, / seine Herrlichkeit erscheint über dir…“
Jesaja spricht diese Worte zu einem Volk, das viel Dunkel
erlebt hat: Krieg, Vertreibung, Not, Krankheit. Jetzt kommen sie aus dem
Exil heim, und alles ist zerstört, nichts mehr da: Angst und
Verzweiflung machen sich breit im Volk, in den Familien, im eigenen
Herzen.
Finster und dunkel ist es auch bei uns gerade – nicht
nur, weil wir uns in der dunkelsten Zeit des Jahres – gemessen an
Sonnenstunden, befinden - nein, es hat uns noch immer diese Pandemie in
ihren Klauen, lässt nicht locker und macht so Vieles zunichte und
schlicht unmöglich. Viele empfinden Angst vor Ansteckung, Krankheit und
Tod, bei sich selbst oder bei denen, die sie lieben. Hinzu kommt: Sorge
um den Arbeitsplatz, das sichere Einkommen, Familienprobleme treten
verstärkt auf. Da wird es einem schon mal angst und bang. Da kann es
einem geradezu eng um‘s Herz werden. Und da kommt dieser Prophet daher
und sagt: „Steh auf – werde licht“ – Wo soll’s denn herkommen,
dieses Licht? Wie soll’s gehen? Fast zu schön, um wahr zu sein!
Nur wer Dunkelheit, Finsternis selbst erfahren hat, weiß
auch was Licht ist. Haben Sie schon mal in einem stockfinsteren Raum ein
Streichholz angezündet? Ein kleines Licht kann ganz viel Dunkelheit
vertreiben! Man sieht plötzlich mehr als nur schwarz.
Wir haben wieder Weihnachten gefeiert. Und heute
Epiphanie, das Fest der Erscheinung des Herrn. Und wir singen:
„Licht, das uns erschien – Kind, vor dem wir knien.“
Am allerersten Weihnachten – damals, in der kleinen Höhle
vor den Toren von Betlehem – ist das Licht in die Welt gekommen. Und die
Weisen sind niedergefallen und haben den angebetet, der von sich selbst
später sagt: „Ich bin das Licht der Welt“. ER ist in die Welt
gekommen, damit keiner, der an IHN glaubt, in der Finsternis bleibt
(vgl. Joh 12, 46).
Bereits am ersten Tag der Schöpfung sprach Gott: „Es
werde Licht!“ - Und im großen Glaubensbekenntnis beten wir „Gott
von Gott – Licht vom Licht“ – Aber auch da wieder die Frage, glauben
wir wirklich, was wir da sagen? Ist uns bewusst, was es bedeutet, wenn
wir so beten?
Das Licht war immer schon da – von Anfang an. Es ist da –
bei aller Finsternis und Dunkelheit, die es immer auf der Welt gab, gibt
und geben wird, solang sie besteht. Nur weil es Licht gibt, verschwindet
das Dunkel nicht, aber es wird heller. – Und selbst die dunkelste Nacht
und die tiefste Finsternis können kein Licht – und sei er noch so klein
– zum Erlöschen bringen.
Jesaja, unser Prophet aus der Lesung, lebte rund 700
Jahre vor Jesu Geburt und prophezeite, dass dieses Licht kommt: „Denn
dein Licht kommt“. Das Licht, das schon da ist, will neu
aufleuchten, erfahren werden, größer werden. Und es braucht uns dazu,
jeden und jede Einzelne von uns.
Jesaja war sich sicher, er glaubte, was der Lebendige,
der lebende Gott, ihm sagte, und er hatte Geduld, die uns heute oft
fehlt.
Aber er hatte noch mehr: er hatte Vertrauen, Zutrauen in
das, was Gott ihn schauen und sagen ließ, und die feste Hoffnung, dass
es eintritt, dass es so ist, dass es so sein wird, dass dieses Licht
Wirklichkeit wird in unserer Welt.
Dieses Licht ist und wird auch für uns Wirklichkeit –
immer wieder: In einem netten und wohltuenden Gespräch, wenn auch mit
Abstand. Aber Worte sind manchmal wärmer und gehen tiefer als jede
oberflächliche und flüchtige Umarmung. – In der freundlichen Nachbarin,
die im Falle der Quarantäne anbietet, etwas aus der Stadt zu besorgen
und mitzubringen, In einem wärmenden Augen-Blick, der einem das Herz
aufgehen lässt.
Es fallen Ihnen bestimmt selbst Situationen ein, in denen
Sie bei anderen Menschen Licht erleben durften: Einander begegnen in
Liebe, achtsam miteinandersein, auch nachsichtig mit Fehlern und
Versagen des anderen. Ein offenes Ohr haben. Ein Lächeln überwindet
mühelos jeden Corona-Abstand.
Aufleuchten von Licht, das viel Dunkelheit vertreibt. Und
wenn jeder und jede versucht, das Licht weiterzugeben, das er/sie bei
anderen selbst bemerkt und gespürt hat, werden wir alle immer mehr zu
Licht.
„Steht auf, werdet Licht“ - scheint
Jesája auch uns heute hier in N.
zuzurufen. Werdet selbst Licht und verbreitet es bereitwillig und
großzügig.
Aus Dunkelheit wird Licht, wenn viele kleine Lichter
geteilt und weitergegeben werden, wenn Hoffnung und Zuversicht
weitergetragen werden, wenn wir merken, wir sind nicht allein. ER geht
mit, ER, der lebt und der selbst das Licht der Welt ist.
Werden wir ansteckend – nicht mit Virus und Krankheit,
sondern mit Licht und Hoffnung, mit Vertrauen! Und dem festen Glauben an
die immer größeren Möglichkeiten des lebenden Gottes – auch heute – hier
– mit uns und für uns!