Jahreswechsel. Ein
Jahr geht zu Ende. Jeder von uns hat wieder ein Jahr mehr hinter sich.
12 Monate, 52 Wochen, 365 Tage. – Unwiederholbar und unwiederbringlich
vorbei!
Der Jahreswechsel
lädt ein, zurückzublicken. Wir können uns an dieses oder jenes Ereignis
in der Welt, in unserem Land, in unserem Leben erinnern.
Mir kommt da als erstes
die Corona-Pandemie in den Sinn. Das zweite Corona-Jahr. Und ein
Ende ist nicht in Sicht. Das Virus und verschiedene Varianten wüten nach
wie vor. Es wird geimpft und geboostert. Aber auch die Proteste werden
immer stärker, radikaler und aggressiver. Ein Riss geht durch viele
Familien und Gruppen.
Beim Zurückblicken kommen
mir aber auch die Nachrichten und Bilder von der schlimmen
Flutkatastrophe in den Sinn. Sintflutartige Wassermassen, die von
jetzt auf nachher ganze Täler und Ortschaften verwüstet und ganz viel
Unheil angerichtet haben.
Es gab aber auch – Gott
sei Dank – sehr viel Solidarität und beeindruckende Hilfsbereitschaft.
Mir kommen auch die
Wahlen in den Sinn. Angela Merkel hat nach 15 Jahren abgedankt.
Jetzt ist die Ampel dran und steht vor großen Herausforderungen.
Was fällt mir noch ein?
Feuerspeiende Vulkane, glühende Lavaströme, die alles unter sich
begraben. Tornados, die alles niederreißen. Das schreckliche
Flüchtlingselend an der belarussisch-polnischen Grenze; die Tausende,
die auch 2021 wieder im Mittelmeer ertrunken sind. Es ließe sich noch
viel aufzählen.
Jahreswechsel. –
Wenn wir auf unser persönliches Leben im vergangenen Jahr zurückblicken,
dann wird wohl jedem etwas anderes in den Sinn kommen. Verluste,
Enttäuschungen, Trauriges. Dinge, die zugesetzt und zu schaffen gemacht
haben. Aber womöglich und hoffentlich auch gute Erfahrungen und schöne
Erlebnisse. Vielleicht ein runder Geburtstag, ein Jubiläum, erholsame
Urlaubstage, eine überstandene Krankheit, frohes Zusammensein und
glückliche Stunden in der Familie oder mit Freunden.
Liebe Schwestern und
Brüder!
Jeder von uns hat nicht
nur ein Jahr mehr hinter sich. Jeder hat auch ein Jahr weniger vor sich.
Ein neues Jahr beginnt.
Wie wird es werden? Was wird es bringen? Was kommt alles auf uns zu?
Werden wir das Virus bändigen, die Pandemie in den Griff kriegen oder
wird sie uns noch lange begleiten? Werden neue Naturkatastrophen uns
heimsuchen? Wie wird die neue Regierung die Dinge angehen?
Und was erwartet uns, mich
ganz persönlich, im neuen Jahr? Wahrscheinlich stehen schon einige
Termine fest. Manches ist schon geplant. Aber was kommt noch? Ein
Sprichwort sagt: „Der Mensch denkt und Gott lenkt.“ Oder:
„Willst du Gott zum Lachen bringen, dann erzähl ihm deine Pläne!“
Wie wird das neue Jahr
werden? Wir haben nicht alles in der Hand. Aber ich denke, vieles
hängt auch von unserer Einstellung ab, von unserem Blickwinkel. Mit
welcher Brille schaue ich auf die Ereignisse und Geschehnisse in meinem
Leben? Mit welcher Brille schaue ich auf meine Umgebung und auf die
Menschen um mich herum? Dazu zwei Geschichten:
Die erste: Ein
Wanderer kommt an das Tor einer fremden Stadt. Dort sitzt ein alter
Torhüter. Bei ihm erkundigt sich der Fremde: „Wie sind denn die Leute
in dieser Stadt?“ – „Wie waren sie denn dort, wo du herkommst?“
fragte der Torhüter zurück. „Ach“, erwiderte der Wanderer „sie
waren grässlich eigensüchtig, voller Missgunst und Neid, niemand ließ am
anderen ein gutes Haar und ständig wurde gestritten.“ – „Nun“,
sagte der Alte, „so ähnlich wird es hier auch sein.“ - - - Später
kommt ein anderer Reisender und will ebenfalls wissen, was er von den
Bewohnern der Stadt zu erwarten habe. Und der Greis fragt auch ihn:
„Wie waren denn die Leute dort, wo du herkommst?“ Der Reisende
entgegnete: „Die waren meist freundlich, einer half dem anderen, wo
er konnte, man fühlte sich wohl bei ihnen.“ – „Nun“, sagte
der Alte, „so ungefähr werden sie auch hier sein.“
„Wie wird das neue
Jahr werden?“ – Der Türhüter stellt uns die Gegenfrage: „Wie
war für dich das vergangene Jahr?“
Die Geschichte will uns
sagen: Es liegt auch ein gutes Stück an einem selbst, ob das neue Jahr
nur bedrohlich, überwiegend beschwerlich und kaum auszuhalten ist, oder
ob es erträglich, beglückend und friedlich sein wird. Natürlich gibt es
Schicksalsschläge, natürlich gibt es unvorhergesehen Schweres und
manches Belastende. Aber übersehen wir nicht leicht das Schöne, das
Frohe, das Helle? Nehmen wir nicht vieles Gute allzu selbstverständlich?
Vergessen wir nicht oft das Danken?
Die zweite Geschichte:
Ein Hund kommt in den Saal mit hundert Spiegeln. Er sieht hundert Hunde.
Er knurrt und fletscht mit den Zähnen. Und die hundert Hunde knurren
auch und fletschen mit den Zähnen. – Danach kommt ein anderer Hund in
den Saal mit den hundert Spiegeln. Auch er sieht hundert Hunde, freut
sich und wedelt mit dem Schwanz. Und die hundert Hunde wedeln auch mit
dem Schwanz und freuen sich.
Liebe Schwestern und
Brüder!
Ein bekanntes Sprichwort
sagt: „Wie man in den Wald hineinruft, so schallte es auch zurück.“
– Da ist viel Wahres dran! Wir haben nicht alles in der Hand. Das
stimmt. Und doch hängt einiges auch von uns selbst ab. Ist mein Glas
halb leer oder halb voll? Sehr viel hängt auch von uns selbst ab, wie
z.B. meine Umgebung auf mich wirkt, wie für mich die Menschen sind, mit
denen ich zu tun habe, wie ich etwas sehe, wie ich an etwas herangehe.
Manchmal hängt davon mehr ab als wir meinen. „Der Ton macht die
Musik!“
Vielleicht sollten wir
mehr segnen statt fluchen, mehr danken als jammern. Nicht nachtragen,
sondern vergeben; nicht vergelten, sondern verzeihen; Zuversicht hegen,
statt alles negativ sehen; nicht das Misstrauen nähren, sondern das
Vertrauen stärken!
Zum Schluss noch eine
Geschichte: Der Kampf der zwei Wölfe.
Eines Abends erzählte ein
alter Indianer seinem Enkel vom Kampf, der in jedem Menschen tobt:
„In unserem Herzen leben zwei Wölfe. Sie kämpfen oft miteinander. – Der
eine Wolf ist der Wolf der Dunkelheit, der Ängste, des Misstrauens und
der Verzweiflung. Er kämpft mit Zorn, Neid, Eifersucht, Sorgen, Schmerz,
Gier, Selbstmitleid, Überheblichkeit, Lügen, falschem Stolz. – Der
andere Wolf ist der Wolf des Lichts, der Hoffnung, der Freude und der
Liebe. Er kämpft mit Gelassenheit, Heiterkeit, Güte, Wohlwollen,
Zuneigung, Großzügigkeit, Aufrichtigkeit, Mitgefühl und Zuversicht.“
– Der kleine Indianer dachte einige Zeit über die Worte seines
Großvaters nach und fragte ihn dann: „Und welcher Wolf gewinnt?“
Der alte Indianer antwortete: „Der, den du fütterst.“
Ich weiß welchen Wolf ich
im kommenden Jahr füttern will. Sie auch? – Das neue Jahr ist ein
Geschenk. Nutzen wir die Zeit! Machen wir – mit Gottes Hilfe - das Beste
daraus! |