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Evangelium
Das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt
+ Aus dem heiligen Evangelium
nach Johannes
1Im
Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und das
Wort war Gott.
2Dieses
war im Anfang bei Gott.
3Alles
ist durch das Wort geworden und ohne es wurde nichts,
was geworden ist.
4In
ihm war Leben und das Leben war das Licht der Menschen.
5Und
das Licht leuchtet in der Finsternis und die Finsternis
hat es nicht erfasst.
6Ein
Mensch trat auf, von Gott gesandt; sein Name war
Johannes.
7Er
kam als Zeuge, um Zeugnis abzulegen für das Licht, damit
alle durch ihn zum Glauben kommen.
8Er
war nicht selbst das Licht, er sollte nur Zeugnis
ablegen für das Licht.
9Das
wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die
Welt.
10Er
war in der Welt und die Welt ist durch ihn geworden,
aber die Welt erkannte ihn nicht.
11Er
kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht
auf.
12Allen
aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu
werden, allen, die an seinen Namen glauben,
13die
nicht aus dem Blut, nicht aus dem Willen des Fleisches,
nicht aus dem Willen des Mannes, sondern aus Gott
geboren sind.
14Und
das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt
und wir haben seine Herrlichkeit geschaut, die
Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade
und Wahrheit.
Haben Sie es auch gemerkt,
liebe Schwestern und Brüder?
Das soeben gehörte Evangelium klingt ganz
anders als das von gestern Abend bzw. von der Heiligen
Nacht. Nichts von jubelnden Heerscharen, nichts von
frohen Hirten, nichts von „Friede und Freud“ wie im
Lukasevangelium, sondern heute – bei Johannes – da heißt
es ganz einfach: „Und
das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns
gewohnt.“
Unter uns,
liebe Schwestern und Brüder! In
unserer
Welt!
Das Mensch gewordene Wort hat in derselben Welt gelebt,
in der auch wir leben und leben müssen und die so oft
alles andere als idyllisch und romantisch ist, weil hier
keine Engel vom Frieden singen, sondern wo Waffenlärm
vom Krieg kündet und wo die Flucht der Jesus-Familie
nach Ägypten schreckliche Realität von Millionen von
Menschen ist.
Das Wort ist Fleisch geworden, Mensch geworden und hat
unter uns gewohnt – in unserer Welt, die so unmenschlich
sein kann und die so erlösungsbedürftig ist.
Liebe Schwestern und Brüder!
Weihnachten heißt für viele: Wir hängen Sterne auf und
Lichter. Wir verpassen unserer Welt ein paar Goldkugeln
und etwas Watteschnee. Wir dekorieren um – und alles
sieht ein bisschen „netter“ aus, „hübsch“, heimelig.
Aber Gott ist nicht Mensch geworden, um unsere
Welt ein bisschen „aufzuhübschen“ und umzudekorieren für
ein paar Tage, sondern er ist Mensch geworden, um die
Welt zu retten. Oder sagen wir genauer: Um
uns
zu retten.
Denn ob diese Welt noch zu retten ist, weiß ich nicht.
Aber Menschen kann man noch retten. Sie und ich, wir
sind doch hoffentlich noch zu retten.
Aber wie rettet man den Menschen? Mit Appellen
und Vorschriften: Ihr müsst doch! Ihr sollt doch! Wer
Christ ist, der muss doch…
Noch
mehr! Noch gläubiger! Noch frömmer!? – Mit noch höheren
Anforderungen und noch mehr Leistung – wenn es sein muss
mit Druck? – Nun, so versuchen es vielleicht unfähige
Eltern und Pädagogen, die gar keine sind – mit wenig
Erfolg.
Und deshalb macht Gott es anders: Um den Menschen zu
retten, wird er selbst Mensch. – Wie gesagt: kein
„Zuchtmeister“, kein Erzieher, sondern ein Kind. Keiner,
der mit eisernem Besen kehrt, sondern der Worte der
Liebe hat.
Ein Mensch der voller Erbarmen ist. Voller
Barmherzigkeit. Eine Barmherzigkeit, die aber die
dunklen Stellen dieser Welt und unseres Lebens nicht
einfach ein bisschen übertüncht, nach dem Motto: „Ist ja
nicht so schlimm!“, sondern die sie erlösen will.
„Ich mache euch heil!“ so sagt er. Ich mache alles
wieder gut, weil ihr mir am Herzen liegt, weil ihr mein
Ein und Alles seid.
Liebe Schwestern und Brüder!
Dieser Gott kommt als Retter, als Heiland.
Und deshalb hat er so viel zu tun:
Dort, wo wir
Dunkelheit sind, da will er Licht sein.
Wo wir
voller Bosheit sind, da ist er voller Liebe.
Wo wir
gnadenlos sind, da ist er voller Barmherzigkeit.
Und wo wir meinen, wir brauchen doch gar keinen Retter,
da lässt er uns nicht fallen, sondern da geht und läuft
er uns nach – solange, bis wir uns von ihm finden
lassen.
Und selbst wo wir ihn ans Kreuz schlagen, da kann er
immer noch sagen: Herr, rechne ihnen das nicht an! Denn
sie haben mich noch nicht erkannt. Denn wenn sie mich
erkannt hätten, dann würden sie mich doch lieben.
Ja, Gott kommt in unsere Welt hinein, mitten hinein in
die Schlagzeilen von Krieg, Unmenschlichkeit und Leid –
um hier Heil zu bringen, Vergebung und neue Anfänge. –
Um auch uns zu neuen Menschen zu machen.
Liebe Schwestern und Brüder!
Menschen, die Gott in seiner Barmherzigkeit an sich
heranlassen können, die können selbst zu barmherzigen
Menschen werden. – Menschen, die Vergebung erfahren
haben, die können selbst auch anderen vergeben. – Und
Menschen, die am eigenen Leib erfahren haben, wie gut es
ist, dass es Retter gibt, diesen Retter, die können
selbst zu Rettern werden – für andere.
Das ist das Geschenk von Weihnachten: Die Liebe und die
Barmherzigkeit Gottes, die in Jesus Christus Mensch
geworden ist.
Und dann geht Weihnachten weiter. Dann, wenn wir dieses
Geschenk annehmen, wenn wir uns diese Barmherzigkeit
Gottes schenken lassen und – im wahrsten Sinne des
Wortes – gefallen lassen, damit auch wir barmherzig
werden, Menschen, die das weiterschenken, was sie selbst
als Geschenk empfangen haben – und was ihnen gutgetan
hat, sie heil gemacht hat.
Und wenn Menschen sich verändern lassen, wenn Menschen
sich retten lassen, dann verändert sich auch unsere Welt
– und dann ist auch diese Welt zu retten.
„Christ, der Retter ist da“, so singen wir in diesen
Tagen. Und das soll unser Glaubensbekenntnis sein: dass
einer gekommen ist, nicht zu richten, sondern um zu
retten, nicht um zu strafen, sondern um zu vergeben und
uns seine Barmherzigkeit zu schenken: Jesus Christus,
der Herr, im Kind von Betlehem…damit wir Menschen das
Heil erfahren, Gottes Heil – und so selbst zu
Ge-heiligten werden, zu Menschen seiner Gnade.
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