Während
meiner Studienzeit in Münster/Westf. habe ich gern die Ludgeri Kirche in
der Stadt besucht, zum einen, weil Edith Stein im April 1933 in dieser
Kirche ihre Berufung zum Karmel erfahren hat, und zum anderen, weil in
dieser Kirche ein besonderes und viel verehrtes Kreuz hängt.
Es
handelt sich um ein großes Holzkreuz mit einem handgeschnitzten Corpus
Jesu.
Das
Auffällige und Besondere daran: J
Jesus am
Kreuz fehlen die Arme. Das Kreuz wurde Ende September 1944 bei einem
Bombenangriff beschädigt.
Auf
Beschluss der Kirchengemeinde hat man das Kreuz nicht restauriert,
sondern man hat es ganz bewusst in seiner beschädigten Form belassen.
Interessant ist: An der Stelle, wo vor der Bombardierung die Arme des
Gekreuzigten waren, wurde eine Inschrift in Großbuchstaben angebracht:
„ICH HABE
KEINE ANDEREN HÄNDE ALS DIE EUREN“
Liebe
Mitchristen!
Jesus
ohne Arme und die entsprechende Inschrift dazu bringen meines Erachtens
eine wesentliche Dimension von Christi Himmelfahrt zum Ausdruck.
Im
Evangelium (Mk 16, 15 - 20) heißt es heute:
„Er
(Jesus) wurde in den Himmel aufgenommen und setzte sich zur Rechten
Gottes.“
Das
heißt: Jesus lebt nicht mehr in dieser Welt. Er ist heimgekehrt zum
Vater.
Die
Liturgie spricht von „Erhöhung“ und sagt bildlich, dass Christus
zur Rechten des Vaters thront.
Das
bedeutet: Jesus Christus ist der Herr. Sein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit.
Doch das
ist nur die eine Seite des heutigen Festes.
Denn dem
Bericht über die Himmelfahrt Jesu geht der Missionsbefehl an die Jünger
voraus:
„Geht
hinaus in die ganze Welt und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen.“
So ist
die Himmelfahrt Jesu für die Jünger nicht Ende, sondern Anfang. Und das
gilt auch für uns!
Was
auf dem Querbalken des Kreuzes in St. Ludgeri in Münster geschrieben
steht, da, wo sonst die Arme und Hände Jesu sind, ist zeitlos gültig. Es
gilt auch heute für uns und jede und jeden Einzelnen: „Ich habe keine anderen Hände als die Euren.“
Sehen
Sie, liebe Mitchristen, es ist an uns, Jesu Werk in unserer Zeit
fortzusetzen. Es ist an uns, in seinem Namen zu handeln.
Und auf
diese Weise, wenn wir es tun, können wir bereits hier und jetzt ein
Stück Himmel schaffen, indem wir helfen, wo „Not am Mann“ ist.
Wir
können einen Hauch Himmel spürbar werden lassen, indem wir andere an
unserem Glauben und an unserer Hoffnung teilhaben lassen.
Wir
können etwas vom Himmel erfahrbar werden lassen, indem wir einander mit
Offenheit und Vertrauen begegnen.
So sind
wir eingeladen, liebe Schwestern und Brüder, an Christi Himmelfahrt
unseren Blick nicht nur nach oben zu lenken, zum Himmel, wo Jesus beim
Vater ist, zum Himmel, der auch unser Ziel ist, wo wir ewig Heimat haben
werden im Licht und Leben Gottes, sondern wir sind eingeladen, unseren
Blick auch auf unsere Berufung, unsere Bestimmung und unsere Sendung
hier auf der Erde und in diesem Leben zu richten.
Wir haben
eine Aufgabe, einen Auftrag, nämlich Licht zu sein, Sauerteig, Werkzeuge
des Friedens, Boten und Botinnen der Liebe.
Tun, was
Jesus sagt! Hören auf sein Wort! Seiner Weisung folgen! Lieben wie ER
geliebt hat. Leben wie ER gelebt hat. Aus SEINEM Geiste handeln!
Liebe
Schwestern und Brüder!
Durch uns
will Jesus heute in der Welt gegenwärtig sein und sein Heilswerk
fortsetzen.
Das Fest
Christi Himmelfahrt ist so gesehen keine Vertröstung, vielmehr
Herausforderung zum Aufbruch und zum Zeugnisgeben. Christi Himmelfahrt
ist gleichsam Startsignal für Sendung, für Mission, für Evangelisierung.
Und das,
liebe Mitchristen, ist eine Sache nicht nur für Hauptamtliche in der
Kirche, sondern für alle Getauften, für uns alle, die wir nicht nur
Christen heißen, sondern es sein sollen.
Christus hat keine anderen Hände als die deinigen, um anderen Menschen
zu helfen, um zu heilen, um Gutes zu tun.
Christus hat keine anderen Füße als die deinigen, um zu anderen Menschen
zu gehen und sie auf seinen Weg zu führen.
Christus hat keine anderen Augen als die deinigen, um andere Menschen
anzusehen und Ansehen zu schenken.
Christus hat keinen anderen Mund als den deinigen, um Menschen von ihm
zu erzählen und die gute Botschaft weiterzugeben.
Christus hat kein anderes Herz als das deinige, um die Menschen zu
lieben. |