Vom
heiligen Augustinus wird erzählt, dass er einst bei Karthago am Meer
spazieren ging und über das Geheimnis der Dreifaltigkeit nachdachte. Da
bemerkte er ein Kind, das mit einer Muschel Wasser in eine Grube füllte.
– „Was machst du da?“ fragte Augustinus. „Ich schöpfe das Meer
in meinen Teich“, sagte das Kind. Da lachte Augustinus: „Das wird
dir nie gelingen!“ „Genauso unmöglich“, erwiderte das Kind,
„ist dein Bemühen, das Geheimnis Gottes zu
ergründen.“
Das Geheimnis Gottes ist
nicht auszuschöpfen.
Dass Gott dreifaltig einer
ist, das ist mit dem Verstand nicht begreifbar. Gott ist größer als
unser menschliches Denken.
Graham Green hat einmal gesagt:
„Ich
würde mich weigern, an einen Gott zu glauben, den ich verstehen könnte.“
Hat er nicht recht? Wie sollte auch das
Geheimnis des Ewigen im menschlichen Denksystem Platz finden? Wie klein
wäre Gott, wenn unser Verstand ihn erfassen könnte?
Und dennoch können wir von Gott in drei
Personen sprechen, ihn verkünden und zu ihm beten. Wir tun es in jedem
Kreuzzeichen, das wir machen, und in jedem „Ehre-sei-dem-Vater“,
das wir beten. Auch die Taufe wurde jedem von uns „im Namen des
Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ gespendet.
Wie
kommen wir dazu?
Die klügsten Theologen haben sich daran
die Zähne ausgebissen.
Von uns aus stoßen wir an Grenzen.
Eines ist geschehen – und das macht es
möglich, von Gott zu sprechen, zum dreieinigen Gott zu beten und uns zum
Gott in drei Personen zu bekennen: Gott hat sich selbst als solcher
geoffenbart.
Als Mose Gott nach seinem Namen fragt,
bekommt er die Antwort: „Ich bin, der ich bin da.“
Das Volk Israel hat es immer wieder
erfahren dürfen: Gott rettet, Gott befreit. Gott ist treu. Er steht zu
seinem Volk. Es ist ein Gott voll Langmut und reich an Güte.
Schon hier sehen wir, dass das Bekenntnis
zum dreifaltigen Gott letztlich nichts anderes ist als eine Entfaltung
und Auslegung des Satzes: GOTT IST DIE LIEBE. Liebe drängt immer nach
außen. Liebe ist nicht mit sich selbst zufrieden. Liebe sucht Nähe, will
da sein für andere, will sich hingeben.
Diese Grunderfahrung hat
sich in Jesus in besonderer Weise erfüllt. In ihm wird ganz besonders
deutlich, dass Gott nicht ein Gott für sich ist, sondern ein Gott für
uns.
In Jesus Christus haben
wir die absolute und einzigartige Selbstmitteilung Gottes an uns
Menschen.
In ihm ist Gott uns ganz
nahe gekommen, ist selbst Mensch geworden, einer von uns, unser Bruder.
In ihm hat Gottes Güte im
wahrsten Sinn des Wortes Hand und Fuß bekommen, ist sichtbar, greifbar,
erfahrbar geworden.
Jesus
ist das große Ja Gottes zu uns Menschen.
In ihm hat der Vater für uns alle
sichtbar gezeigt, dass am Ende nicht der Tod das letzte Wort hat,
sondern das Leben, und dass somit nicht der Hass siegt, sondern die
Liebe.
Wenn wir fragen, woher kommt uns die
Kraft zu solchem Glauben, dann werden wir zur dritten Person des
dreifaltigen Gottes geführt. Es ist der Heilige Geist, der Gottes
Schöpfung zum Leben rief und diese Schöpfung durchwaltet. Jedem von uns
wurde er bei der Taufe und Firmung verheißen. Er befähigt uns zum Guten.
Er gibt uns Kraft zur rechten Tat. Durch ihn ist Gott lebendig in
unserer Mitte. Durch ihn ist Gottes Liebe in uns. Ja, er ist der Gott in
uns. Wir sind Tempel, Wohnung des Heiligen Geistes.
Gott ist kein fernes, in sich ruhendes Geheimnis.
Gewiss, er ist ein Geheimnis. Aber zum
unfassbaren Geheimnis Gottes gehört auch seine unfassbare Liebe, sein
unermüdliches Interesse am Menschen.
Gottes Sehnsucht und Gottes Leidenschaft
ist der Mensch.
Und so ist das Geheimnis der
Dreifaltigkeit nicht zuerst ein theoretischer Begriff, kein Denkspiel
und Preisrätsel für Theologen.
Nirgendwo finden wir in den Lesungen des
Dreifaltigkeitssonntages einen Text, der über „Gott-an-sich“
redet. Immer wird über Gott in der Beziehung zu uns Menschen gesprochen.
Erfahren wir es als Geschenk, liebe
Schwestern und Brüder, schätzen wir es als Wert und seien wir dankbar,
dass wir glauben können an einen Gott, der die Welt so sehr geliebt hat,
dass er seinen einzigen Sohn gesandt hat und bei uns ist als Helfer,
Tröster und Rater im Hl. Geist.
Wir glauben nicht an ein fernes Wesen
über den Wolken, sondern an einen Gott, der uns Menschen zugewandt ist,
an einen Gott, der uns liebt und die Schuld vergibt, und der uns immer
nahe ist.
Diesen Gott feiern wir am
Dreifaltigkeitssonntag. |