Im direkten Anschluss an die
Osterzeit feiert die Kirche – heute, am Sonntag nach Pfingsten – das Hochfest
der Heiligsten Dreifaltigkeit. Es ist gewiss eines der schwierigsten Feste im
Kirchenjahr. Denn ein Ereignis wie zu Weihnachten, Ostern oder Pfingsten finden
wir in der Bibel an Dreifaltigkeit nicht. Doch deswegen ist dieses Fest nicht
unbiblisch und die Dreifaltigkeit keine Erfindung späterer Generationen oder ein
Konstrukt des Nachdenkens und Forschens von Theologen.
In der heiligen Schrift klingt die
Dreifaltigkeit immer wieder an.
Im Matthäusevangelium sagt Jesus
zum Beispiel, dass wir „im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen
Geistes“ taufen sollen.
Und der Apostel Paulus beendet
seinen Brief an die Korinther mit den Worten: „Die Gnade Jesu Christi, des
Herrn, die Liebe Gottes (des Vaters) und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes
sei mit euch allen!“
Dennoch bleibt das Fest
rätselhaft. Es stellt uns vor Fragen, die nur schwer oder vielleicht auch gar
nicht zu beantworten sind. Auch die Theologie stößt an ihre Grenzen, wenn es
darum geht, das innerste Wesensgeheimnis Gottes zu erklären.
Die ersten Konzilien der Kirche
haben lange darum gerungen, bis sie für das Glaubensbekenntnis die richtigen
Worte fanden, die uns heute ganz leicht von den Lippen gehen. Vor allem in der
Liturgie und in unserem Beten gebrauchen wir oft und wie selbstverständlich
Formulierungen, die die Dreifaltigkeit benennen und ausdrücken.
Wenn wir zum Beispiel Weihwasser
nehmen und uns bekreuzigen. Wenn wir die heilige Messe und viele unserer Gebete
mit „Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“
beginnen. Wenn wir beim Stundengebet am Ende eines Psalmes oder auch nach jedem
Gesätz beim Rosenkranz das „Ehre sei dem Vater …“ beten. Wenn wir im
Namen des dreifaltigen Gottes am Schluss der heiligen Messe oder auch der
Wort-Gottes-Feiern den Segen empfangen.
Es ist schon irgendwie paradox: So
geläufig und gewohnheitsmäßig wir die Dreifaltigkeit in unserem Beten und Singen
im Munde führen, so selbstverständlich - und oft, ohne viel dabei zu denken -
wir trinitarische Formulierungen gebrauchen, so unfassbar und geheimnisvoll
bleibt sie doch zugleich.
Es ist schon etliche Jahre her, da
besuchte ein Theologieprofessor mit seinen Studenten die damals neue Moschee in
Mannheim. Nachdem der Mullah ihnen dargelegt hatte, was wesentlich sei für den
Glauben im Islam, fragte er spontan seine Besucher nach dem dreifaltigen Gott.
Ganz zurecht ging er davon aus, dass das die Spitzenwahrheit des christlichen
Glaubens ist, und dass diese Wahrheit uns Christen vom Islam und vom jüdischen
Glauben unterscheidet. Die Theologen kamen jedoch in große Verlegenheit. Sie
konnten dies und das stottern, waren aber nicht in der Lage, etwas Klares und
Überzeugendes und zugleich Einfaches vorzubringen. Der Mullah war enttäuscht. Es
kam ihm vor, als ob ihn diese Studenten und ihr Professor nicht für dialogwürdig
hielten …
Vom Hans Küng habe ich gelesen,
dass er es im Dialog mit den Moslems anders machte. Er sagte schlicht: Gott ist
als Geheimnis über uns; Gott ist in Jesus Christus mit uns; Gott ist im Heiligen
Geist in uns. – Wenn das so ist, hätten die Moslems daraufhin gesagt, dann ist
der christliche Glaube gar nicht so kompliziert und absurd, wie wir dachten.
Die Formulierung von Küng gefällt
mir: Gott über uns – mit uns – in uns. Das ist so einfach, dass es sogar ein
Kind ahnungsweise verstehen kann. Vermutlich hat Hans Küng das als kleines Kind
auf dem Schoß seiner Mutter gelernt, als sie ihn lehrte, andächtig mit der Hand
das Kreuzzeichen zu machen.
Bei jedem Kreuzzeichen können wir
nachvollziehen:
Gott als Vater über mir – in Liebe
auf mich schauend, auf mich sein Kind. Gott als Sohn neben mir und mit
mir – mich wie ein Bruder begleitend und ermutigend.
Gottes Geist in mir – mich innerlich
anregend, belebend und anfeuernd.
Diese Dreiheit ist aber nicht als
drei verschiedene „Götter“ zu verstehen, sondern als die Aktivität und
Wirksamkeit des einen Gottes, des Gottes Abrahams, Isaaks und Jakobs, den wir
als Monotheisten mit Juden und Moslems gemeinsam verehren.
So gesehen, liebe Mitchristen, ist
heute nicht der Tag, um über das Geheimnis der Dreifaltigkeit zu spekulieren und
angestrengt nachzudenken. Wir wollen uns vielmehr hinknien, um anbetend das
bleibende Geheimnis Gottes zu loben und zu preisen.
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Wir preisen den Gott über uns, den wir
liebevoll „Vater“ nennen, der uns von Anbeginn umfangen hält und ins Dasein
gerufen hat.
-
Wir loben den Gott mit uns, Jesus
Christus, unseren Erlöser, der mit uns geht, uns zur Seite steht und uns auf
all unseren Wegen schützt.
-
Wir danken Gott in uns, dem Heiligen
Geist, der uns im Innersten belebt, beseelt und stärkt.
Ich schließe mit einem Gebet von
Romano Guardini (gestorben 1968):
Heiligste Dreifaltigkeit.
Du bist über alles Denken und
Begreifen.
Du bist die Fülle der Wahrheit,
Du, der Ursprung der Liebe,
Du, die unendliche Schönheit,
Du bist das Leben,
Du die Gemeinschaft,
o selige Dreieinigkeit.
Ich neige mich vor Dir.
Ich bete Dich an.
Dein ist die Macht und die Ehre
und die Herrlichkeit.
Amen. |