In der vergangenen Woche ist mir
folgendes passiert:
Es ging um eine Terminplanung am Telefon.
Ich sagte: „Donnerstag geht nicht, da
ist Feiertag.“
Worauf mein Gesprächspartner am anderen
Ende erwiderte:
„Ach ja, Vatertag.“
Ich habe nichts gegen einen Vatertag.
Warum soll es – im Zuge der Gleichberechtigung – neben dem Muttertag
nicht auch einen Vatertag geben?
Was mir jedoch zu denken gibt, ist, dass
ein altes christliches Fest – so wie es aussieht – immer mehr an
Bedeutung verliert und aus dem Bewusstsein verschwindet.
Woran liegt das?
Einen Grund sehe ich in der zunehmenden
Entchristlichung unserer Gesellschaft, nicht nur Entkirchlichung,
sondern auch Entchristlichung.
Einen weiteren Grund mag sein, dass viele
mit „Christi Himmelfahrt“ schlichtweg nichts anzufangen wissen.
„Christi Himmelfahrt“:
Die einen juckt es nicht, sie feiern Vatertag. Die anderen stehen
hilflos diesem Fest gegenüber.
Gut, es ist ein arbeitsfreier Tag. Schön!
– Die Kinder haben schulfrei. Auch schön! – Es lässt sich leicht ein
verlängertes Wochenende daraus machen oder sogar ein Kurzurlaub. Prima!
Aber was bedeutet dieser Tag? Was feiern
wir heute?
Klingt – im Zeitalter der Weltraumfahrt –
nicht allein schon der Name „Himmelfahrt“ sonderbar? Als ob da
einer vor 2000 Jahren wie bei einem Raketenstart vom Boden abgehoben
hätte, in die Wolken geschwebt und jenseits entschwunden wäre.
Um
es vorweg zu sagen: Die Frage nach der Himmelfahrt Christi ist keine Frage
der Geographie oder Astronomie. Der Himmel, in denen Jesus eingegangen
ist, hat nichts mit dem Weltall zu tun, in das wir Menschen immer tiefer
eindringen. Der Himmel, in den Jesus aufgenommen wurde, ist weder
irgendwo über unseren Köpfen, noch hinter irgendwelchen Wolken.
Nun
denken Sie vielleicht:
Aber es heißt doch, dass Jesus vor den Augen seiner Jünger emporgehoben
wurde, dass eine Wolke ihn aufnahm und ihn ihren Blicken entzog (Apg.
1, 9). Stimmt!
Allerdings, die Erzählungen von der
Himmelfahrt Jesu in der Bibel wollen keinen historischen Vorgang
schildern.
Sie
wollen nicht sagen:
Genau so war es. Genau so müsst ihr es glauben! Es sind vielmehr Bilder,
Symbole aus der damaligen Zeit und entsprechend der orientalischen
Umgebung.
So
ist z. B.
auch die „Wolke“ nichts anderes als ein Bild für die besondere
Nähe Gottes, ein Bild, das auch sonst in der Bibel oft die Gegenwart
Gottes symbolisiert.
„Christi Himmelfahrt“,
ein missverständliches Wort.
Gemeint ist: Jesus ist heimgekehrt zum
Vater. Die Liturgie spricht auch von „Erhöhung“ zum Vater. Gott
hat Jesus, seinen Sohn an seine Seite genommen. Christus thront zur
Rechten des Vaters.
Das
bedeutet:
Jesus Christus ist der Herr. Sein ist das Reich und die Kraft, sein ist
die Macht und die Herrlichkeit.
Aber was bedeutet die Rückkehr Jesu zum
Vater für die Jünger und Jüngerinnen Jesu? Was bedeutet sein Heimgang
zum Vater für die Kirche? Und was hat das heutige Fest mit uns zu tun?
Zwei Aspekte sind mir wichtig und auf
diese möchte ich noch hinweisen:
Erstens:
Der menschgewordene, der gekreuzigte und auferstandene Christus, der
jetzt im Licht und in der Herrlichkeit Gottes ist, er ist und bleibt den
Seinen, der Kirche und auch uns dennoch nahe.
Seine Aufnahme in den Himmel, sein
Heimgang zum Vater war nur äußerlich gesehen ein Fortgehen, ein
Abschied, ein Verlust. In Wirklichkeit war und bedeutet sein Weggang für
die Seinen damals und auch für uns heute eine neue Form der Gegenwart.
Christus ist gegenwärtig, wo Menschen
sich in seinem Namen versammeln. Zwei oder drei genügen schon. –
Christus ist gegenwärtig, wenn wir sein Wort hören. Er sagt uns die
Frohe Botschaft. – Christus ist gegenwärtig, wenn wir das Brot brechen
und das Mahl der Liebe feiern. Er kommt zu uns und schenkt sich uns in
hl. Kommunion. – Christus ist gegenwärtig, wenn wir in der Tiefe des
Herzens beten.
Nicht zuletzt begegnet Jesus uns im
Nächsten, im Bruder und der Schwester, vor allem in dem, der unsere
Hilfe braucht. Was wir einem von ihnen getan haben, das haben wir ihm
getan.
Noch etwas, liebe Mitchristen:
Bei den Erzählungen vom Heimgang Jesu zum
Vater ist fast immer auch die Rede von der Sendung des Hl. Geistes und
vom Zeugnisgeben. – Bevor Jesus die Seinen verlässt, verheißt er ihnen
den Heiligen Geist, den Beistand, die Kraft von oben. Und er bestellt sie zu
seinen Zeugen.
Sehen Sie:
Es ist Jesus ein Anliegen, dass wir uns zu ihm bekennen und für ihn in
Wort und Tat Zeugnis ablegen.
Das ist aber nur möglich im Hl. Geist.
Und um diesen Geist und seine Gaben wollen und sollen wir in den
kommenden Tagen der Pfingstnovene ganz besonders kräftig und inständig
beten.
Liebe Schwestern und Brüder!
Himmelfahrt und Pfingsten sind sozusagen
das Startsignal für Sendung, für Mission, für Evangelisierung.
Und das ist nicht nur Auftrag für die
Hauptamtlichen in der Kirche. Das ist Sache und Aufgabe jedes Getauften.
„Christus hat keine Hände, nur unsere
Hände, um anderen zu helfen, zu heilen, um Gutes zu tun. Er hat keine
Füße, nur unsere Füße, um Menschen auf seinen Weg zu führen. Christus
hat keinen Mund, nur unseren Mund, um den Menschen von ihm zu erzählen.
Christus hat kein anderes Herz als unser Herz, um die Menschen zu
lieben.“
So können wir bereits hier und jetzt ein
Stück Himmel schaffen, indem wir für andere da sind, indem wir helfen,
wo „Not am Mann“ ist. Wir können einen Hauch von Himmel spürbar
werden lassen, indem wir andere an unserem Glauben und Hoffen teilhaben
lassen. Wir können etwas vom Himmel erfahrbar machen, indem wir
einander mit Offenheit und Liebe begegnen.
„Ihr seid meine Zeugen!“
sagt Jesus. Sind wir es?
Jesus will durch uns sein Heilswerk heute
fortsetzen.
Er will durch uns seine Liebe zu den
Menschen bringen.
Er sucht keine Museumswärter. Er sucht
Zeugen. Er sucht Menschen, die sich zu ihm bekennen und in seinem Namen
handeln.
Als seine Zeugen aber können und dürfen
wir gewiss sein:
„Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende
der Welt!“ |