Es kam
überraschend, war aber irgendwie dran, vielleicht sogar überfällig,
jedenfalls hat es mich sehr gefreut:
Maria
Magdalena (hebräisch: Mirjam), eine meiner Lieblingsheiligen, wurde von
der römischen Kongregation für den Gottesdienst, letztlich aber von
Papst Franziskus selbst,
liturgisch aufgewertet.
Mit einem
Dekret vom 3. Juni 2016 namens „Apostola Apostolorum“ wurde ihr „gebotener Gedenktag“ am 22. Juli zu einem
„Fest“ erhoben.
Konkret
heißt das, dass schon in diesem Jahr das liturgische Gedenken der hl.
Maria Magdalena mit der gleichen Feierlichkeit begangen wird wie ein
Apostelfest. Eine Ausnahme bildet „Peter und Paul“ (29. Juni), das als
Hochfest gefeiert wird.
Der
Sekretär für die Liturgiekongregation, Erzbischof Arthur Roche,
begründet diese liturgische Rangerhöhung sinngemäß folgendermaßen: Maria
Magdalena ist erste Osterzeugin. Sie ist Kronzeugin der Auferstehung
Christi. Sie war es, die den verzagten Aposteln im Auftrag Jesu die
frohe Botschaft der Auferstehung brachte und damit als erste den Sieg
Christi über Tod und Grab verkündete. Sie ist das entscheidende
Bindeglied zwischen Karfreitags-Bestürzung und dem Oster-Jubel.
Schon
Augustinus, Hyppolyt von Rom und später Thomas von Aquin haben Maria
Magdalena deshalb „Apostolin der Apostel“ genannt. Darum, so der
Erzbischof Roche, sei es sinnvoll und richtig, dass die liturgische
Feier dieser Frau denselben Grad eines Festes erhält wie die Feier der
Apostel.
Für die
liturgische Praxis bedeutet dies, dass am 22. Juli bei der Messfeier
Lesung und Evangelium auf jeden Fall vom Fest genommen werden müssen;
die Texte von Wochentag sind nicht möglich. Außerdem wird das Gloria
gebetet oder gesungen, was sonst nur an Sonn- und Feiertagen, an
Hochfesten und anderen Festen der Fall ist.
Die
römische Gottesdienstkongregation hat auch eine eigene Präfation zum
Fest der heiligen Maria Magdalena erstellt und veröffentlicht.
Das finde
ich deswegen interessant und bedeutungsvoll, weil bei weitem nicht jedes
Heiligenfest eine eigene Präfation hat. Dies ist sogar selten der Fall.
Im
deutschen Messbuch haben, was das liturgische Gedenken heiliger Frauen
betrifft – abgesehen von Maria, der Mutter Jesu – , nur Elisabeth von
Thüringen (19. 11.) und Hedwig von Schlesien (16.10.) eine eigene
Präfation.
Und
selbst bei den Apostelfesten gibt es eine eigene Präfation nur für das
Hochfest der heiligen Apostel Petrus und Paulus.
In dieser
neu geschaffenen Präfation wird Maria Magdalena als diejenige
bezeichnet,
-
die Jesus geliebt hat, als er (auf Erden) lebte (vgl.
Lk 7, 47),
-
die ihn am Kreuz geschaut hat, als er starb (vgl. Mt
27, 56; Mk 15, 40; Joh 19, 25),
-
die ihn gesucht hat, als er (nach ihrer Überzeugung)
im Grab lag (vgl. Mt 28, 1; Mk 16, 1f; Lk 24, 10; Joh 20, 1)
-
die ihn als erste angebetet hat, als er von den Toten
auferstanden war (vgl. Mt 28, 9; Joh 20, 16)
-
und die er mit der Aufgabe des Apostelamtes
ausgezeichnet hat, damit die gute Nachricht vom neuen Leben an die
Grenzen der Erde gelange.
Laut
Bibel gehört Maria Magdalena neben einigen anderen Frauen (vgl. Lk
8, 1 - 3) zum engeren Kreis um Jesus.
Nachdem
er sie von starker Besessenheit geheilt hatte, von sieben Dämonen
befreit (offenbar war sie psychisch schwer krank, ehe sie Jesus
begegnete), hat sie sich ihm angeschlossen und war ihm voll Liebe,
Glaube und Dankbarkeit nachgefolgt bis zum Kreuz.
Maria
Magdalena war einer der treuesten Gefährtinnen Jesu.
Sowohl
bei der Kreuzigung als auch bei der Grablegung war sie zugegen.
Schließlich wurde sie am Ostermorgen die erste Adressatin der Botschaft
von der Auferstehung Christi.
Im
Johannesevangelium wird die besondere Freundschaft zwischen Jesus und
Maria aus Magdala beeindruckend dargestellt im 20. Kapitel. Beim Gang
zum Grab erkennt sie den Auferstandenen erst, als er sie beim Namen
ruft. Und sie bekennt voll Ergriffenheit und Freude „Rabbuni – mein
Meister“. Es sind die Augen der Liebe und tiefen Verbundenheit, die
durch alle Tränen hindurch IHN erkennen.
Erzbischof Roche sieht in dieser in der Kunst oft dargestellten
Gartenszene eine Parallele zum Garten Eden. So gesehen rückt Maria
Magdalena sogar in den Rang einer neuen Eva, ein Vergleich, der sonst
nur Maria, der Mutter Jesu, zugeschrieben wird.
Der
Beiname Marias, „Magdalena“, leitet sich von ihrem Heimatort „Magdala“
am See Genesareth ab, gemeint ist die „Magdalenerin“ bzw. „Maria von
Magdala“.
Die
Tradition – etwa seit dem frühen Mittelalter – setzte sie
fälschlicherweise mit der namenlosen Sünderin gleich, die Jesus die Füße
mit ihren Tränen wusch (Lk 7, 36 - 52), ebenso mit Maria von Betanien, der
Schwester von Marta und Lazarus (Lk 10, 38 - 42; Joh 12), ja man hielt sie
sogar für die ertappte Ehebrecherin (Joh 8, 3 - 11).
All diese
Gleichsetzungen bzw. Verknüpfungen verschiedener Marien haben wohl
keinen historischen Hintergrund und werden heutzutage mit Recht kritisch
beurteilt.
Die
wichtigste Legendensammlung des Mittelalters, die Legenda Aurea (Goldene
Legende) von Jacobus de Voragine, erzählt, Maria Magdalena sei gemeinsam
mit Maria, der Mutter des Kleophas, Marta und Lazarus auf einem
segellosen Schiff an die Küste Südfrankreichs, nach
Saintes-Maries-de-la-Mer in der Camargue gelangt und habe in der
Provence missioniert. Sie habe das Evangelium verkündet, viele Wunder
gewirkt und habe in einer Höhle als Büßerin und Einsiedlerin gelebt.
Einer
anderen Überlieferung nach begleitete Maria Magdalena Johannes und
Maria, die Mutter Jesu, nach Ephesus, wo auch sie gestorben sei.
Die
liturgische Aufwertung der heiligen Maria von Magdala ist gewiss auch
ein Schritt für die Wertschätzung der Rolle der Frauen in der Kirche.
Ihre Gleichstellung mit den Aposteln erfolgt auf ausdrücklichen Wunsch
von Papst Franziskus und soll auch das kirchliche Nachdenken über die
Würde der Frau anregen.
Zu hoffen
ist, dass die Aufwertung der Rolle der Frau in der Kirche durch diese
liturgische Rangerhöhung Maria Magdalenas nicht nur nette Symbolpolitik
des Vatikans ist, sondern dass das Apostelamt, das dieser Frau zuerkannt
wird, auch theologische Konsequenzen hat, z.B. eine Tür öffnet in der
Amtsdiskussion, wo bezüglich des Diakonats und Priestertums die Dienste
und Ämter Frauen nach wie vor nicht zugänglich sind.
(Ausführliche Information und Darlegung zum Thema „Maria
von Magdala“ siehe auf meiner Homepage unter der Rubrik „Vorträge \
„Heilige“)
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