Nicht nur Männer, die 72 Jünger z. B.
oder die 12 Apostel sind Jesus nachgefolgt und haben ihn begleitet,
sondern auch Frauen.
Eine davon ist Maria Magdalena oder
genauer gesagt „Maria von Magdala“. So benannt
nach
ihrem Herkunftsort Magdala am Westufer des Sees Genezareth.
Von ihrer Vorgeschichte wissen wir nur,
dass Jesus sie von sieben Dämonen befreit hat, fremden Mächten, Zwängen,
Ängsten, vielleicht auch Besessenheiten, denen sie ausgeliefert war.
Offenbar war sie psychisch schwer krank
und von großem Leid geplagt, ehe sie Jesus begegnete. Jesus hat ihre
kranke Seele geheilt. Und sie schloss sich ihm an, voll Liebe und
Dankbarkeit.
Maria von Magdala war einer der treuesten
Gefährtinnen Jesu.
Als solche wird sie Zeugin seines Todes.
Sie sieht, wie Jesus am Kreuz leidet und stirbt. Und sie ist bei seinem
Begräbnis dabei.
Oft kann man Maria Magdalena dargestellt
sehen, wie sie unter dem Kreuz kniet, den Balken umfängt und sich ihre
Tränen mit dem Blut Christi vermischen, das vom Kreuz herniederrinnt.
Maria von Magdala ist aber nicht nur
Todeszeugin, sondern auch erste Osterzeugin und erste Osterbotin, d. h.
erste Verkünderin der Botschaft von der Auferstehung.
Ihre Begegnung mit dem Auferstandenen ist
für mich eine der wunderbarsten und beeindruckendsten Erzählungen im
Neuen Testament. Es ist die Geschichte einer leidenschaftlichen Liebe.
Ich finde es schön, wie die Liturgie das
heute an ihrem Fest zum Ausdruck bringt, indem sie nämlich einen
Abschnitt aus dem hohen Lied der Liebe als Lesung zu Gehör bringt, der
das Aufbrechen und Suchen des Geliebten zum Inhalt hat.
Maria war frühmorgens, als es noch dunkel
war, aufgebrochen. Dunkel war es auch in ihrem Herzen. Unsagbarer Trauer
erfüllt sie. Sie hat ihr „Ein und Alles“ verloren, ihn, den ihre
Seele liebt.
Sie weint untröstlich. Es ist, als sänke
sie selbst wie in ein Grab.
Da steht Jesus hinter ihr, ganz nahe bei
ihr, aber sie erkennt ihn nicht, so gefangen ist sie in ihrer Trauer, in
ihrem Schmerz, so fixiert ist sie auf Grab und Leichnam, der zu allem
Unglück jetzt auch noch verschwunden ist.
Da berührt sie seine Stimme und ruft
ihren Namen: „Maria!“
Keine Belehrung, keine Ermahnung, nur
„Maria“. Das ist alles.
Das kommt von Herzen und geht zu Herzen.
Das trifft sie im Innersten.
„Rabbuni“ – mein Meister!“ –
Antwort der Liebe!
„Rabbuni“ kommt im Neuen Testament
nur zweimal vor. Bei der Heilung des blinden Bettlers Bartimäus: „Rabbuni,
ich möchte wieder sehen können“ – und hier.
„Rabbuni“ – das ist ein Bekenntnis
und es ist ein Gebet.
Es sind die Augen der Liebe, die durch
alle Tränen hindurch IHN erkennen und ihn verehren und anbeten.
Unsagbare Freude erfüllt sie, Glück und
Seligkeit. Todesleid wandelt sich in Osterfreud. Es wird wieder hell in
ihrem Herzen.
Die Gartenszene ist in der Kunst oft
dargestellt worden von Rembrandt über Martin Schongauer bis zu Sieger
Köder.
Aus der Begegnung wächst Sendung. Maria
möchte den Herrn festhalten, ihn liebend umfangen. Aber sie muss
loslassen, ihn gehen lassen, heimgehen lassen zum Vater, „zu meinem
Gott und eurem Gott“.
Maria wird von Jesus auf den Weg
geschickt: „Geh…!“ – Und sie bekommt einen Auftrag: „Sag
meinen Brüdern…!“ – Aufs Neue – und nun für immer – wird sie zur
Jüngerin, die dem Meister dient.
Maria macht sich auf den Weg und teilt
den Jüngern mit, was sie erlebt hat: „Ich habe den Herrn gesehen.“
So wird sie Botin des neuen Lebens, erste
Osterzeugin, Kronzeugin der Auferstehung, Verkünderin der Osterfreude,
„Apostolin der Apostel“.
Wie ist es mit Maria von Magdala
weitergegangen?
Die Tradition – etwa seit dem frühen
Mittelalter – setzte sie mit der namenlosen Sünderin gleich, die Jesus
die Füße mit ihren Tränen wusch (Lk 7, 36 - 52), ebenso mit Maria von
Betanien, der Schwester von Marta und Lazarus (Lk 10, 38 - 42; Joh 12),
ja, man hielt sie sogar für die ertappte Ehebrecherin (Joh 8, 3 - 11).
All diese Gleichsetzungen bzw.
Verknüpfungen verschiedener Marien haben wohl keinen historischen
Hintergrund und werden heutzutage mit Recht kritisch beurteilt.
Die wichtigste Legendensammlung des
Mittelalters, die „Legenda Aurea“, erzählt, Maria Magdalena sei
gemeinsam mit Maria, der Mutter des Kleophas, Marta und Lazarus auf
einem segellosen Schiff an die Küste Südfrankreichs, nach
Saintes-Maries-de-la-Mer in der Camargue gelangt und habe in der
Provence missioniert.
Sie habe das Evangelium verkündet, viele
Wunder gewirkt und habe in einer Höhle als Büßerin und Einsiedlerin
gelebt.
Liebe Schwestern und Brüder!
Die römische Gottesdienstkongregation hat
im Juni 2016 den Gedenktag der heiligen Maria Magdalena zum Fest
erhoben.
Aus diesem Anlass hat sie auch eine
eigene Festtagspräfation erstellt.
Das finde ich deswegen interessant und
bedeutungsvoll, weil bei weitem nicht jedes Heiligenfest eine eigene
Präfation hat. Dies ist sogar selten der Fall.
Im deutschen Messbuch haben, was das
liturgische Gedenken heiliger Frauen betrifft – abgesehen von Maria, der
Mutter Jesu – nur Elisabeth von Thüringen und Hedwig von Schlesien eine
eigene Präfation. – Und selbst bei den Apostelfesten gibt es eine eigene
Präfation nur für das Hochfest der heiligen Apostel Petrus und Paulus.
Ich finde es gut und richtig, dass die
liturgische Feier dieser Frau aufgewertet wurde und denselben Rang eines
Festes erhielt wie die Feier der Apostel. Das hat sie wirklich verdient.
Maria von Magdala ist in meinen Augen
eine der ganz großen im Reiche Gottes.
O, hätten wir doch nur auch den Glauben
dieser Frau!
Hätten wir doch ihr Vertrauen!
Hätten wir doch ihre Reue, ihre Tränen,
ihre Ergriffenheit!
Und vor allem aber: ihre große Liebe zu
Jesus!
(Ausführliche Information und Darlegung zum Thema „Maria
von Magdala“ siehe auf meiner Homepage unter der Rubrik „Vorträge \
„Heilige“)
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