Drei Geburtstage
feiert die Liturgie der Kirche:
Das Geburtsfest
des Herrn (Weihnachten), das seiner Mutter (Mariä Geburt) und das seines
Vorläufers, Johannes des Täufers.
Die
Geburt Johannes des Täufers
ist von Geheimnissen umwittert. Außergewöhnliche Umstände
führen dazu,
dass die Leute sich fragen: „Was wird aus diesem Kind werden?“
Aus
dem Evangelium wissen wir, was aus ihm geworden ist: ein Mann, von dem
Jesus sagt: „Unter den von einer Frau geborenen ist keiner größer als er.“
Seinen Charakter und seine Sendung schildert der Evangelist Johannes so:
„Ein Mensch trat auf, von Gott gesandt, sein Name war
Johannes. Er kam als Zeuge, um Zeugnis abzulegen für das Licht, damit
alle durch ihn zum Glauben kommen.“
Und
er fügt hinzu: „Er
selbst war nicht das Licht, er sollte nur Zeugnis ablegen für das
Licht.“
Um sich für seinen Auftrag
vorzubereiten, ging Johannes in die Wüste. “Ich bin die Stimme, die in der Wüste
ruft. Ebnet den Weg für den Herrn!“
Dieser Mann der Wüste, ein
Kamelfell als Bußgewand um die Hüften, von der Sonne ausgedörrt, lebte
streng und konsequent, ein Mann ohne jeden Lebensstandard.
Aber dieses klare,
entschiedene äußere Leben ist nur das Spiegelbild einer inneren Haltung.
Seine eigentliche Größe sehe ich in der Beschränkung auf seine Rolle,
seinen Auftrag. Er macht sich nicht größer als es ihm von Gott zugedacht
ist.
Als
die Leute ihn fragen: „Bist du der Messias?“
da gibt er zur Antwort: „Nein, ich bin es nicht. Aber nach mir kommt einer, der größer ist als
ich. Ich bin nicht wert, ihm die Schuhriemen zu lösen.“
Johannes war voll
durchdrungen vom Bewusstsein, Wegbereiter des Messias zu sein. Seine
ganze Kraft, all sein Reden und Tun lenkte er in diese Richtung.
Und um Jesus, dem
lang ersehnten Retter, den Weg zu bereiten, ruft er zur Umkehr auf und
spendet die Bußtaufe.
Unerschrocken und
unbestechlich sagt er mit aller Klarheit und Eindeutigkeit, was Sache
ist, was die Stunde geschlagen hat. Dabei macht er keinen Unterschied
zwischen arm und reich, hoch und niedrig. Er redet niemandem nach dem
Mund. Er verkündet keine Nettigkeiten. Seine Predigt klingt hart
in den Ohren.
Obwohl dieser Mann
nicht bequem war und sein Fähnchen nicht in den Wind hängte, kamen die
Menschen in Scharen zu ihm an den Jordan und ließen sich taufen. Sie
wussten: Das ist kein Schwärmer, kein voreiliger Schwätzer. Er kommt aus
der Wüste. Seine Worte, noch so mahnend, noch so aufrüttelnd, noch so
eindringlich, sind durch seine Taten und sein Leben gedeckt.
Bei
Johannes
merkten die Menschen: Es geht ihm nicht um Ankommen, um Applaus. Es geht
ihm nicht um sich. Umso mehr leiht er dem Freund die Stimme, dem, der
nach ihm kommt und der doch ewig ist. „Er muss
wachsen, ich abnehmen.“
Johannes
ist der einzige Prophet, dessen Leben in das des Gottessohnes
hineinragt. Er kann auf den Messias leibhaftig
hinweisen: „Seht das Lamm Gottes!“
Johannes ist ganz
Fingerzeig, Hinweis, wie ihn Matthias Grünewald auf dem eindrucksvollen
Isenheimer Altar so meisterlich dargestellt hat: übergroß von Gestalt
und mit überdimensionalem Zeigefinger auf Jesus weisend.
„Er kam als Zeuge, um
Zeugnis abzulegen für das Licht.“
Und: Jesus lässt sich von ihm im
Jordan taufen.
Später wird Jesus selbst einmal seine Jünger fragen: „Was seid ihr in
die Wüste hinausgegangen? Was wolltet ihr sehen? Einen Mann in
weichlichen Kleidern? Seht, die weichliche Kleider tragen sitzen
in den Palästen und in den Häusern der Könige. Oder was seid ihr
hinausgegangen? Was wolltet ihr sehen? Ein Schilfrohr, das der Wind hin
und her weht?“ Und dann kommt ein Wort, das aus dem Mund Jesu
einmalig ist: „Unter den von einer Frau geborenen ist keiner größer als Johannes der
Täufer.“
Selbst vor den
König des Landes tritt er, als er hört, dass dieser seine Frau verstoßen
hat und mit der Frau seines Bruders zusammenlebt. Er tritt vor ihn hin
und hält ihm sein ehebrecherisches Verhalten vor. Er tadelt ihn ins
Gesicht: „Das ist dir nicht erlaubt!“ Er redet dem König ins
Gewissen und riskiert dabei Kopf und Kragen. Und wir wissen: dieser
Freimut hat dem unbequemen Mahner tatsächlich den Kopf gekostet.
Herodias verzieh ihm das nie. Sie sann auf Rache. Und bei einer
Geburtstagsparty erfüllte Herodes den Wunsch seiner tanzenden
Stieftochter Salome, die aber zuvor ihre Mutter gefragt hatte, und ließ
Johannes enthaupten.
Johannes,
der letzte Prophet vor Christus, blieb seiner Sendung und seinem Auftrag
treu. Er legte Zeugnis ab von Gott und seinem Willen bis das Schwert des
Henkers seinen Mund zum Verstummen brachte.
Ob dieser mannhafte Zeuge
Christi uns etwas zu sagen hat, uns Christen einer ganz anderen Zeit,
die wir oft den leichteren Weg gehen, die wir so oft lustlos in unseren
Glauben sind und träg und gleichgültig, uns, denen es so schwer fällt,
auch öffentlich für den Glauben einzustehen, uns zu Christus zu
bekennen, Mut zu haben, nicht zu tun was „man“ tut und alle tun?
Mit einem Wort: Kontrast zu sein, unterscheidend christlich zu leben?
Das muss nichts
Spektakuläres sein, nichts Aufsehen erregendes. Dazu braucht man auch
nicht gelehrt zu sein oder Theologie studiert haben. Missionarisch sein,
Farbe bekennen, Flagge zeigen im Alltag, das ist jeder Manns und jeder
Frau Sache.
Es ist etwas vom
Wichtigsten in einer Zeit zunehmender Entchristlichung der Gesellschaft,
in einer Zeit wachsenden Neuheidentums, der Gottferne und
Gottvergessenheit und auch wachsender Feindseligkeit gegenüber der
Kirche.
Dass auch wir
Zeugnis ablegen vom Licht, das in diese Welt gekommen ist, dass wir es
tun im Bekenntnis und durch die Art wie wir leben, dass wir – wie
Johannes – der auf Jesus zeigt, Hinweis werden für andere, Christus
sichtbar machen und Menschen zu ihm führen, wie Johannes seine Jünger,
das ist unser Auftrag.
Sagen Sie es
selbst, liebe Schwestern und Brüder:
Wie soll das
Christentum anders Sauerteig sein? Wie soll es hineinstrahlen und
hineinwirken in die Welt, wenn nicht jeder einzelne Getaufte seinen
Glauben wirklich ernst nimmt und versucht, ihn glaubwürdig zu leben?
Das beansprucht
mehr als eine Stunde Zeit am Sonntag und ein paar Gebetsminuten am
Werktag. Dazu gehört mehr als bloß religiöse Pflichterfüllung, sozusagen
Dienst nach Vorschrift.
Dazu gehört, dass
Gott wirklich die Mitte meines Lebens ist.
Dazu gehört, dass
noch so etwas wie Leidenschaft für Gott in meinem Herzen ist.
Dazu gehört, dass ein Gotteshunger und Gottessehnsucht mich beseelt, wie
sie Johannes der Täufer
beseelt und erfüllt hat.
Dazu gehört, dass
mein ganzes Leben auf Gott ausgerichtet ist, auch in den alltäglichen
Dingen.
Merken Sie: Johannes der Täufer
wühlt auf. Er stellt Fragen. Und er stellt in Frage. Er macht unruhig,
heilsam unruhig.
Man kann natürlich
sagen, was geht das uns an? Das ist 2000 Jahre her. Aber dann schieben
wir das Evangelium elegant beiseite, anstatt uns davon anrühren und
betreffen zu lassen.
Es geht darum,
dass wir sind, was wir sein sollen und immer werden wie Jesus uns haben
will: Salz der Erde, Licht der Welt und Stadt auf dem Berge.
Beachten Sie auch die Predigt "Geburt
Johannes des Täufers" und die Bildmeditation "Geburt
Johannes des Täufers zum Johannesaltar
von Rogier van der Weyden, 1455" |