Evangelium
Johannes ist sein Name
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Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas
57Für
Elisabet erfüllte sich die Zeit, dass sie gebären sollte, und sie
brachte einen Sohn zur Welt.
58Ihre
Nachbarn und Verwandten hörten, welch großes Erbarmen der Herr ihr
erwiesen hatte, und freuten sich mit ihr.
59Und
es geschah: Am achten Tag kamen sie zur Beschneidung des Kindes und sie
wollten ihm den Namen seines Vaters Zacharías geben.
60Seine
Mutter aber widersprach und sagte: Nein, sondern er soll Johannes
heißen.
61Sie
antworteten ihr: Es gibt doch niemanden in deiner Verwandtschaft, der so
heißt.
62Da
fragten sie seinen Vater durch Zeichen, welchen Namen das Kind haben
solle.
63Er
verlangte ein Schreibtäfelchen und schrieb darauf: Johannes ist sein
Name. Und alle staunten.
64Im
gleichen Augenblick konnte er Mund und Zunge wieder gebrauchen und er
redete und pries Gott.
65Und
alle ihre Nachbarn gerieten in Furcht und man sprach von all diesen
Dingen im ganzen Bergland von Judäa.
66Alle,
die davon hörten, nahmen es sich zu Herzen und sagten: Was wird wohl aus
diesem Kind werden? Denn die Hand des Herrn war mit ihm.
80Das
Kind wuchs heran und wurde stark im Geist. Und es lebte in der Wüste bis
zu dem Tag, an dem es seinen Auftrag für Israel erhielt.
Kinderlosigkeit war vor
2000 Jahren im Orient etwas vom Schlimmsten, was einem Ehepaar passieren
konnte. Das war ein ganz großes Unglück. Ja, es war eine Schande. Man
hatte kein Ansehen mehr, man galt nichts mehr. Und man selbst fühlte
sich wertlos und verachtet.
So wird es wohl auch dem
kinderlos gebliebenen Ehepaar Zacharias und Elisabeth ergangen sein.
Wahrscheinlich hatten sie sich allmählich in ihr Schicksal gefügt und
sich – so schwer es auch war – mit ihrer Kinderlosigkeit abgefunden.
Zumal beide mittlerweile betagt waren. Zudem galt Elisabeth als
unfruchtbar.
Doch eines Tages wird das
eigentlich Unmögliche, das ganz und gar Wunderbare dem Zacharias durch
den
Engel
Gabriel angekündigt: die Geburt eines Sohnes
Aber er schenkt der
Botschaft keinen Glauben. Er zweifelt. Er fordert ein Zeichen. Er will
sozusagen einen Beweis.
Das Zeichen wird ihm
gewährt. Er verstummt. Es verschlägt ihm die Sprache. Und er bleibt
stumm, bis sich die Botschaft des Engels erfüllt, bis das Kind geboren
ist.
Nachbarinnen und Nachbarn,
Freunde und Freundinnen, freuen sich mit den Eltern Zacharias und
Elisabeth über das Neugeborene. Sie sehen in der Geburt des Kindes ein
Zeichen der Hoffnung und der Zukunft. Vor allem ist es für sie ein
Zeichen der Barmherzigkeit Gottes.
Unfassliches ist
geschehen: Gott hat Wunderbares getan.
Sie erkennen: Gott hat
sich erbarmt. Er hat sich gnädig gezeigt.
Etwas anderes
Überraschendes geschieht allerdings acht Tage später bei der
Beschneidung des Kindes. Da wollen die Verwandten und Bekannten ihm den
Namen seines Vaters Zacharias geben. Aber Elisabeth widerspricht. Sie
will, dass es „Johannes“ heißt. Alle wundern sich, weil kein
Mensch in ihrer Verwandtschaft so heißt.
Da fragen sie – unabhängig
davon – Zacharias, wie das Kind heißen soll. Und er schreibt zum
Erstaunen aller auf ein Täfelchen: „Sein Name ist Johannes.“ – Im
gleichen Augenblick kann er wieder sprechen. Und er lobt und preist
Gott.
Der „Lobgesang des
Zacharias“ hat Eingang gefunden in das Stundengebet der Kirche.
Beim Morgenlob bildet das „Benedictus“ den Höhepunkt, ähnlich dem
„Magnificat“ der Gottesmutter im Abendlob.
Der Name „Johannes“,
zu Deutsch „Gott ist gnädig“, den Elisabeth und Zacharias dem
Kind geben, spiegelt einerseits die Erfahrung der beiden wider: Gott hat
ihnen geholfen, er hat sich ihrer erbarmt, er hat sich an ihnen gnädig
erwiesen. Er hat sie von der Schande der Kinderlosigkeit befreit.
Andererseits ist der Name
Johannes auch Programm. Der Name deutet die besondere Berufung
des Kindes an, wenn Johannes erwachsen sein wird, wenn er in der Wüste
auftritt und am Jordan tauft.
Liebe Schwestern und
Brüder!
Wir finden Johannes den
Täufer und seinen Vater Zacharias in unserer Wallfahrtskirche
dargestellt. – Zacharias steht links an der Kirchenwand neben der Kanzel
und ihm gegenüber, an der rechten Wandseite, sehen wir Johannes, den
Täufer.
Dieser ist dargestellt mit
einem Lamm auf seinem Arm. Er wird dem Herrn vorangehen und ihm den Weg
bereiten. Er wird Zeugnis ablegen für den kommenden Messias. Er wird hin
weisen auf das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt.
So gesehen ist der Name
Johannes in der Tat programmatisch: „Gott erbarmt sich“ bzw.
„Gott ist gnädig“.
Am Schluss des heutigen
Evangeliums wird noch die Wirkung all dieser Ereignisse auf die
Anwesenden und alle, die davon erfahren, hervorgehoben.
Im ganzen Bergland von
Judäa spricht man davon. Die Verwunderung ist groß. Man weiß nicht
recht, was man von diesen überraschenden Geschehnissen halten soll.
Gott stellt menschliche
Vorstellungen auf den Kopf. Er lässt Ungeheuerliches geschehen. Die
Leute können nur staunen und sich wundern über das Wunderbare, das Gott
getan hat. Und immer wieder tut.
Denn für uns, liebe
Schwestern und Brüder, haben die Verkündigung der Geburt Johannes des
Täufers und die Ereignisse bei der Namensgebung eine Art
Hinweischarakter.
Sie lassen in uns jene
andere biblische Geschichte anklingen, die wir in genau einem halben
Jahr feiern. Ebenfalls die Geschichte einer wunderbaren gottgewirkten
Schwangerschaft und die Geburt seines Sohnes, Jesus Christus. Dann wird
es heißen: „Heute ist euch in der Stadt Davids der Heiland geboren,
Christus, der Herr.“
Und es bestätigt sich, was
Zacharias in seinem Lied singt:
„Durch die barmherzige
Liebe unseres Gottes wird uns besuchen das aufstrahlende Licht aus der
Höhe, um allen zu leuchten, die Finsternis sitzen und im Schatten des
Todes…“
Gott ist gnädig. Er zeigt
sein Erbarmen. Er schenkt uns sein Heil.
Das Geburtsfest des
Johannes lädt uns ein, uns dem Licht und dem Heil zu öffnen, uns davon
beschenken und erfüllen zu lassen, um daraus zu leben und weiterzugeben,
was wir selbst empfangen haben.
Beachten Sie auch die Predigt "Johannes
der Täufer" und die Bildmeditation "Geburt
Johannes des Täufers zum Johannesaltar
von Rogier van der Weyden, 1455" |