Der Satz: „Ich bin nicht wie die
Anderen“ ist richtig. „Ich bin nicht wie die Anderen.“ Das
entspricht durchaus der Wahrheit.
So gesehen ist der Satz gar nicht
anstößig. „Ich bin nicht wie die Anderen.“ Stimmt! – Aber häufig
wird ein „Gottlob“ mitgesagt oder zumindest mitgedacht. „Gottlob, bin ich nicht wie die anderen.“ Oder:
„Gott sei Dank“.
Da fehlt dann nicht viel
und der liebe Gott müsste mir dankbar sein, dass ich nicht so bin wie
die Anderen – also kein Räuber, Betrüger oder Ehebrecher, auch sonst
kein Verbrecher, Halunke oder Tagediebe.
Ganz ehrlich: Was hat man schon
verbrochen? Hat man nicht Ordnung in seinem Leben. Lebt man nicht
anständig und tugendhaft? Ist man nicht korrekt und pflichtbewusst?
Nun ja, Kleinigkeiten. Wo Menschen
zusammenleben, da menschelt’s eben. Und wo gehobelt wird, da fallen
Späne. Aber ansonsten und verglichen mit anderen: Kein Dreck am Stecken.
Man hat sich nichts vorzuwerfen. Und andere können einem auch nichts
vorwerfen.
Muss Gott eigentlich nicht ganz zufrieden
mit mir sein? Schließlich ist man „praktizierender Christ“. Schließlich
hat man eine ganze Menge vorzuweisen: Opfer, Gebet, Gottesdienst,
Wallfahrten, aber auch Spenden, gute Werke. Das kann sich durchaus sehen
lassen. Verdient das nicht Lob und Anerkennung?
Und schon (merken wir es?)
– ehe man sich versieht – ist man dabei sich selbst auf die Schulter zu
klopfen, seine Leistungen ins Schaufenster zu stellen, sich damit zu
brüsten und sich etwas darauf einzubilden. Stolz und Überheblichkeit
macht sich breit. Stolz auf das, was man schafft und macht, auf das was
man bringt und bietet und leistet.
Oft kommt Prahlsucht und
Ruhmsucht dazu. Und damit einhergehen Verachtung, Herabschauen auf
andere. Und oft auch Vorurteile und Herzenshärte.
Der Pharisäer stellt sich
hin, aufrecht und selbstbewusst. Er dankt Gott, dass er „nicht wie
die anderen Menschen ist: die Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie
dieser Zöllner dort.“
Dann weist er auf seine
Frömmigkeitsleistungen hin, wo er sogar mehr tut als er muss, mehr als
vorgeschrieben.
-
Kennen wir den Pharisäer nicht alle ganz gut?
-
Steckt er vielleicht auch in mir?
-
Schaut er nicht manchmal auch aus dem geistlichen
Gewand heraus?
-
Gleiche ich ihm nicht öfter als ich denke?
Jesus
erzählt dieses Gleichnis Leuten, „die von ihrer
eigenen Gerechtigkeit überzeugt waren und die anderen verachteten.“
Aber gerechtfertigt, das heißt von Gott
angenommen geht nicht der nach Hause, der Gott eine Menge präsentieren
kann, sondern der, der vor Gott mit leeren Händen steht, der, der in
Demutssinn sich seiner Armseligkeit und Erlösungsbedürftigkeit bewusst
ist, der, der Gnade und Erbarmen allein von Gott erwartet, derjenige,
der alle Sicherung durch eigene Werke und Frömmigkeitsleistungen
aufgegeben hat, derjenige, der sein ganzes Vertrauen nicht auf eigenes
Tun und Machen und Leisten setzt, nicht auf die eigene Gerechtigkeit,
sondern auf Gott. Und sich ihm und seiner Gnade ausliefert. Und Heil und
Leben, Vergebung und Erbarmen von IHM erwartet.
Schuldbewusst und reumütig schlägt er an seine Brust und bittet:
„Gott sei mir Sünder gnädig!“
Worum geht es bei diesem Gleichnis?
Einmal darum, dass auch
derjenige, der sich bemüht, Gottes Gebote zu beobachten und seinen
Willen zu erfüllen, sich nicht herausnehmen kann, andere zu verachten
und zu verurteilen.
Zum anderen geht es darum, sich nicht mit
den eigenen Leistungen und Verdiensten vor Gott zu stellen und gleichsam
die Zuwendung Gottes einzufordern, zu erzwingen. Nach dem Motto: Reine
Weste, ohne Fehl und Tadel, dazu noch so viele gute Werke, da muss doch
Gott hören. Da muss doch Gott spuren. Da muss mir Gott doch willfährig
sein.
Was für ein Gottesbild?
Was wird da aus Gott gemacht?
Ist Gott ein Händler, dem
der Mensch das Heil abkaufen kann? Etwa so: Wenn ich dir das gebe und
dir dieses tue, dann musst du mir das und das tun und geben, dann muss
Gott doch gnädig sein, dann muss er mir meinen Anteil am Himmel geben?
Wo bleibt da die Souveränität Gottes, die
Anerkennung seiner Herrschaft und Liebe? Wo bleibt da das Gespür für die
eigenen Schwächen oder für das eigene Versagen?
Der Zöllner hat sein Versagen eingesehen
und hofft auf die Güte Gottes, die er nicht erzwingen, aber erbitten
kann im Bewusstsein, dass Gott gnädig ist und voller Erbarmen.
Ein
solcher Mensch gehört zu denen, die Jesus am Anfang der Bergpredigt
seligpreist: „Selig, die arm sind vor Gott...
Selig, die Hunger und Durst haben nach der Gerechtigkeit, die von Gott
kommt.“
Darauf zielt die Verkündigung Jesu. Gott ist es, der rechtfertigt, und
nicht der Beter sich selbst. „Ich sage euch:
Dieser kehrte als Gerechter nach Hause zurück, der andere aber nicht.“
Gott liebt deine Armut, nicht deinen
Glanz,
deine Sehnsucht, nicht deine Erfolge.
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