geistliche Impulse

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Predigt

von P. Pius Kirchgessner, OFMCap

 

 

Pharisäer und Zöllner

(30. Sonntag - Lesejahr C, Lk 18, 9 - 14)

 

Der Satz: „Ich bin nicht wie die Anderen“ ist richtig. „Ich bin nicht wie die Anderen.“ Das entspricht durchaus der Wahrheit.

So gesehen ist der Satz gar nicht anstößig. „Ich bin nicht wie die Anderen.“ Stimmt! – Aber häufig wird ein „Gottlob“ mitgesagt oder zumindest mitgedacht. „Gottlob, bin ich nicht wie die anderen.“ Oder: „Gott sei Dank“.

 

Da fehlt dann nicht viel und der liebe Gott müsste mir dankbar sein, dass ich nicht so bin wie die Anderen – also kein Räuber, Betrüger oder Ehebrecher, auch sonst kein Verbrecher, Halunke oder Tagediebe.

 

Ganz ehrlich: Was hat man schon verbrochen? Hat man nicht Ordnung in seinem Leben. Lebt man nicht anständig und tugendhaft? Ist man nicht korrekt und pflichtbewusst?

 

Nun ja, Kleinigkeiten. Wo Menschen zusammenleben, da menschelt’s eben. Und wo gehobelt wird, da fallen Späne. Aber ansonsten und verglichen mit anderen: Kein Dreck am Stecken. Man hat sich nichts vorzuwerfen. Und andere können einem auch nichts vorwerfen.

 

Muss Gott eigentlich nicht ganz zufrieden mit mir sein? Schließlich ist man „praktizierender Christ“. Schließlich hat man eine ganze Menge vorzuweisen: Opfer, Gebet, Gottesdienst, Wallfahrten, aber auch Spenden, gute Werke. Das kann sich durchaus sehen lassen. Verdient das nicht Lob und Anerkennung?

 

Und schon (merken wir es?) – ehe man sich versieht – ist man dabei sich selbst auf die Schulter zu klopfen, seine Leistungen ins Schaufenster zu stellen, sich damit zu brüsten und sich etwas darauf einzubilden. Stolz und Überheblichkeit macht sich breit. Stolz auf das, was man schafft und macht, auf das was man bringt und bietet und leistet.

Oft kommt Prahlsucht und Ruhmsucht dazu. Und damit einhergehen Verachtung, Herabschauen auf andere. Und oft auch Vorurteile und Herzenshärte.

 

Der Pharisäer stellt sich hin, aufrecht und selbstbewusst. Er dankt Gott, dass er „nicht wie die anderen Menschen ist: die Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner dort.“

Dann weist er auf seine Frömmigkeitsleistungen hin, wo er sogar mehr tut als er muss, mehr als vorgeschrieben.

  • Kennen wir den Pharisäer nicht alle ganz gut?

  • Steckt er vielleicht auch in mir?

  • Schaut er nicht manchmal auch aus dem geistlichen Gewand heraus?

  • Gleiche ich ihm nicht öfter als ich denke?

Jesus erzählt dieses Gleichnis Leuten, „die von ihrer eigenen Gerechtigkeit überzeugt waren und die anderen verachteten.“

 

Aber gerechtfertigt, d.h. von Gott angenommen geht nicht der nach Hause, der Gott eine Menge präsentieren kann, sondern der, der vor Gott mit leeren Händen steht, der, der in Demutssinn sich seiner Armseligkeit und Erlösungsbedürftigkeit bewusst ist, der, der Gnade und Erbarmen allein von Gott erwartet, derjenige, der alle Sicherung durch eigene Werke und Frömmigkeitsleistungen aufgegeben hat, derjenige, der sein ganzes Vertrauen nicht auf eigenes Tun und Machen und Leisten setzt, nicht auf die eigene Gerechtigkeit, sondern auf Gott. Und sich ihm und seiner Gnade ausliefert. Und Heil und Leben, Vergebung und Erbarmen von IHM erwartet.

Schuldbewusst und reumütig schlägt er an seine Brust und bittet: „Gott sei mir Sünder gnädig!“

 

Worum geht es bei diesem Gleichnis?

Einmal darum, dass auch derjenige, der sich bemüht, Gottes Gebote zu beobachten und seinen Willen zu erfüllen, sich nicht herausnehmen kann, andere zu verachten und zu verurteilen.

Zum anderen geht es darum, sich nicht mit den eigenen Leistungen und Verdiensten vor Gott zu stellen und gleichsam die Zuwendung Gottes einzufordern, zu erzwingen. Nach dem Motto: Reine Weste, ohne Fehl und Tadel, dazu noch so viele gute Werke, da muss doch Gott hören. Da muss doch Gott spuren. Da muss mir Gott doch willfährig sein.

 

Was für ein Gottesbild? Was wird da aus Gott gemacht?

Ist Gott ein Händler, dem der Mensch das Heil abkaufen kann? Etwa so: Wenn ich dir das gebe und dir dieses tue, dann musst du mir das und das tun und geben, dann muss Gott doch gnädig sein, dann muss er mir meinen Anteil am Himmel geben?

 

Wo bleibt da die Souveränität Gottes, die Anerkennung seiner Herrschaft und Liebe? Wo bleibt da das Gespür für die eigenen Schwächen oder für das eigene Versagen?

 

Der Zöllner hat sein Versagen eingesehen und hofft auf die Güte Gottes, die er nicht erzwingen, aber erbitten kann im Bewusstsein, dass Gott gnädig ist und voller Erbarmen.

 

Ein solcher Mensch gehört zu denen, die Jesus am Anfang der Bergpredigt seligpreist: „Selig, die arm sind vor Gott... Selig, die Hunger und Durst haben nach der Gerechtigkeit, die von Gott kommt.“

 

Darauf zielt die Verkündigung Jesu. Gott ist es, der rechtfertigt, und nicht der Beter sich selbst. „Ich sage euch: Dieser kehrte als Gerechter nach Hause zurück, der andere aber nicht.“

 

Gott liebt deine Armut, nicht deinen Glanz,

deine Sehnsucht, nicht deine Erfolge.