„Wer nicht arbeiten
will, der soll auch nicht essen …“
Nicht wahr, liebe
Schwestern und Brüder, dieser Satz klingt wie eine Stammtischparole –
und ist doch fast 2000 Jahre alt. Er stammt vom Apostel Paulus. Wir
haben ihn in der zweiten Lesung gehört. „Wer nicht arbeiten will, der
soll auch nicht essen.“
Was war damals los
bei den Thessalonichern, so dass Paulus solche Worte an die
Gemeindemitglieder schreiben musste?
Nun, da gab es wohl eine
ganze Reihe von Christen, die tatsächlich aufgehört hatten zu arbeiten –
und plötzlich anderen auf der Tasche lagen, aber nicht, weil es keine
Arbeit gab, auch nicht weil sie zu faul zum Arbeiten gewesen wären. Der
Grund war ein anderer: Man wartete damals auf die Wiederkunft Christi,
auf den Jüngsten Tag. Und man war überzeugt, dass das bald geschehen
werde. Einige glaubten, dass der Tag des Herrn so nahe war, dass es gar
nicht mehr lohnt noch groß zu arbeiten.
Aber dann gab es ein
Problem. Diese nahe, sozusagen unmittelbar bevorstehende Erwartung
des Herrn, die erfüllte sich nicht. Das Ende der Welt kam nicht. Das
Leben ging vielmehr weiter. – Und nun sah sich Paulus in seinem Brief an
die Gemeinde veranlasst, diese Menschen zu ermahnen, wieder in einen
normalen Alltag zurückzukehren, einer Arbeit nachzugehen und wieder ein
ordentliches Leben zu führen, ohne das Ausschauen nach dem Herrn, ohne
das Warten auf den Herrn zu vernachlässigen.
Liebe Schwestern und
Brüder,
um etwas Ähnliches geht es
auch heute im Evangelium.
Auch der Evangelist muss
den Menschen sagen: Das Ende kommt noch nicht sofort. Das kann unter
Umständen noch lange dauern – und es können bis dahin noch ganz
schreckliche Dinge passieren. Und von den Dingen, die Lukas aufzählt,
waren einige schon passiert, als er sein Evangelium aufgeschrieben hat:
Der Tempel in Jerusalem
z. B., dieses große Heiligtum, war zerstört. Von all seiner Pracht war
nichts mehr übrig. Die Weihegeschenke und Kostbarkeiten waren geplündert
und nach Rom geschafft worden.
Außerdem gab es
Christenverfolgungen. Und diese stellten die frühen christlichen
Gemeinden äußerst hart auf die Probe und drängten sie in den Untergrund.
Noch nicht einmal auf die eigene Familie konnte man sich verlassen.
Und immer gab es jene
falschen Propheten, die im Namen Jesu auftraten und irgendwelche
Irrlehren verkünden. Nicht selten von einem Gott der Rache übt und die
Menschen bestraft. Denn mit der Angst vor Gott konnte man immer schon
Menschen gut kleinhalten und beeinflussen.
Und der Evangelist will
weiter sagen: Ein solches Ende, das kommt nicht von Gott!
Sondern was da so schrecklich und Angst machend geschildert wird, das
machen eher die Menschen selbst.
Nein, wenn Gott kommt,
dann ist das ganz anders.
Gott will doch keine
Zerstörung! Gott will nicht Untergang und Verderben. „Gott sinnt“
vielmehr – wie es heute im Eröffnungsvers der heiligen Messe heißt –
„Gedanken des Friedens, nicht des Verderbens". Gott will Rettung und
Erlösung. Wenn Gott wiederkommt, dann kommt er in Herrlichkeit.
Und dann kommt nicht das große Aus, nicht der Schrecken, sondern das
Heil.
Liebe Schwestern und
Brüder!
Dieses Evangelium will
also gar keine Angst machen, sondern Hoffnung wecken, die Hoffnung auf
einen Herrn, der eben nicht ein schrecklicher Richter ist, sondern ein
barmherziger und liebevoller Erlöser und Heiland. – Ein Gott, auf den es
sich zu warten lohnt, weil er dann alles zum Guten führen wird.
Nun, liebe Mitchristen,
vielleicht haben Sie ja auch schon mal gedacht: Wenn das Warten jetzt
schon 2000 Jahre geht und immer noch andauert, vielleicht kommt da ja
gar nichts. Vielleicht kommt da gar kein Gott, kein Heiland und Erlöser.
Doch, er kommt! –
Allerdings nicht so, dass man Angst davor haben müsste. Denn er kommt
sicher nicht als großer Weltuntergang. Gott zerstört doch seine
Schöpfung nicht. Nein er will sie heimführen. Er will sie vollenden.
Wenn wirklich ein
Weltuntergang kommt, dann nicht, weil Gott das so will, sondern weil wir
Menschen die Schöpfung schröpfen, weil wir die Erde schlecht behandeln,
weil wir sie ausbeuten und ruinieren, so dass sie über kurz oder lang
kollabiert.
Nein, wenn Gott kommt,
dann wird das anders sein, ganz anders: Das Kommen des Herrn wird,
glaube ich, nicht universal geschehen, sondern das wird sich im Leben
eines jeden Menschen ereignen – eben dann, wenn unsere Zeit hier in
dieser Welt zu Ende ist, wenn Gott uns ruft, uns heimruft und heimholt.
Und das ist dann kein Ende
mit Schrecken, sondern eben ein „Heim-kommen“. Und Gott, der
Vater, wird uns in seiner Liebe aufnehmen und umarmen, wie der Vater im
Gleichnis den verlorenen Sohn. Und dann sind wir angekommen, dann sind
wir zu Hause. Dann können wir leben für immer in seinem Licht, in seinem
Frieden, in seinem Glück, in der Geborgenheit bei ihm.
Liebe Schwestern und
Brüder!
Ich bin überzeugt: Jeder
von uns wird seinen ganz persönlichen „jüngsten Tag“ erleben. Dann, wenn
unser Leben in dieser Welt zu Ende ist. – Vor jenem Tag brauchen wir uns
aber – bei allem, was da zu Ende geht – nicht fürchten, sondern dürfen
auf ihn hinleben. Denn er ist ja nicht das Ende, sondern das Ziel. Unser
Ziel. Und das ist der Herr selbst.
Und die Zeit bis dahin,
die uns in dieser Welt geschenkt ist, das ist unsere Lebens-Zeit, das
ist das Jetzt.
Und diese Zeit sollten wir
so leben und so gestalten wie Paulus es der Gemeinde von Thessalonich
schreibt: Dass wir nämlich niemandem zur Last fallen, keine unnützen
Dinge treiben, sondern ein Leben führen, das anderen ein Vorbild und
Zeugnis ist, so dass man an uns erkennen kann, was christliche Hoffnung
ist: Nämlich, dass da ein Gott ist, der uns liebt. Ein Gott, der
am Ende nicht kommt, um alles zu zerstören, sondern um alles zu
vollenden – und um alles zu einem Paradies zu machen.
Wenn wir in dieser
Hoffnung standhaft bleiben, dann wird er uns in der Tat kein Haar
krümmen, wenn er kommt, sondern er wird uns einfach nur in seine Arme
nehmen, damit wir dort geborgen sind.
Wie schön wäre es,
wenn diese Hoffnung unser Leben schon heute durchdringen und erfüllen
würde! Wie schön wäre es, wenn man uns die Freude darüber schon jetzt
ansehen würde! |