Exerzitien mit P. Pius

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Macht und Ohnmacht des Menschen

Predigtgedanken zum Tagesgebet

(9. Sonntag - Lesejahr B)

 

TAGESGEBET                                                                                                   

Gott du unsere Hoffnung und unsere Kraft,

ohne dich vermögen wir nichts.

Steh uns mit deiner Gnade bei,

damit wir denken, reden und tun was dir gefällt.

Darum bitten wir durch Jesus Christus.

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

In der Tagesoration haben wir heute gebetet: „Gott, du unsere Hoffnung und unsere Kraft, ohne dich vermögen wir nichts.“

 

„Ohne dich vermögen wir nichts.“

Meinen wir das ernst? Stehen wir hinter diesen Worten?

 

Viele sagen: „Was brauche ich Gott?“

Und noch mehr leben so, als gäbe es ihn nicht.

Haben wir es nicht weit gebracht auch ohne ihn?

Aus dem Neandertaler, der seine Steinaxt schwingt, ist ein hochqualifizierter Facharbeiter oder Wissenschaftler geworden, der Flugzeuge und Computer entwirft.

 

Kann der moderne Mensch ehrlich beten:

„Gott, ohne dich vermögen wir nichts?“

 

Klingt da folgendes Gebet, das der Schriftsteller Rudolf Otto Wiemer einem Zeitgenossen in den Mund legt, nicht viel aktueller und zeitgemäßer?

„Hör dir das an, Gott, ich will heute mit dem Auto unterwegs sein, morgen schließ ich den Kaufvertrag ab, das neue Haus wird in zehn Monaten stehen, dann ziehen wir ein, machen das dritte Kind, schicken das erste zur Schule, das Geschäft wird vergrößert, den Kompagnon schmeiß ich raus, kaufe das restliche Aktienpaket, übernehme den Vorsitz in der Waschmittelgesellschaft, wechsle die Freundin, der Bungalow im Tessin ist fällig, die Gören springen mir von der Tasche, die Frau hat eine Operation, ich bin Generaldirektor, vielleicht Prostata, gut, wird repariert, man ist sechzig, Konzern gesund, rapide wächst das Grundkapital, glänzende Aussichten für die nächsten zehn Jahre, was sag ich, für zwanzig – hör dir das an, Gott, und komm mir nicht dazwischen.“

 

Ich plane, ich mache, ich repariere, ich sichere mich ab, alles im Griff, glänzende Aussichten!

Es bleibt nur die Angst, dass das Glück zerbrechlich ist.

„Gott, komm mir ja nicht dazwischen!“

 

Ganz anders spricht das heutige Tagesgebet: „Gott, du unsere Hoffnung und unsere Kraft, ohne dich vermögen wir nichts.“

 

Ein Mitbruder erzählt: „Vor einiger Zeit war ich in einer Spezialklinik für Herzkranke. Von weit her kommen die Patienten nach lange Wartezeiten angereist. Alle setzen ihr Vertrauen auf die weitbekannten Professoren. Mit den modernsten Apparaten und nach den neuesten Erkenntnissen wird diagnostiziert.

Als ich ankam und auf das Krankenzimmer geführt wurde, fiel mein Blick auf einen kleinen Kalender. Da stand ein Wort aus dem Psalm 37: „Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn, er wird’s wohl machen.“ Mein Mitbruder gesteht: „Ich war überrascht und einen Moment beschämt. Ich setze meine Hoffnung doch auf die Menschen. Der Psalm rief mir beim Eintritt in eine hochqualifizierte Klinik ins Gedächtnis: Hoffe auch hier auf ihn, er wird’s wohl machen!“ Weiter sagt mein Mitbruder: „Bei allen Untersuchungen begleitete mich dieses Psalmwort. Mein Vertrauen zu den Ärzten wurde dabei nicht geringer, meine Gelassenheit aber größer.“

Im Tagesgebet heute heißt es: „Gott, du unsere Hoffnung und unsere Kraft. Steh uns bei mit deiner Gnade.“

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Wer mit Gott rechnet, darf dies nicht nur in den Grenzsituationen des Lebens tun. „Not lehrt beten“, sagen wir.

Doch wer nur in Krankheit und Not mit Gott rechnet, macht ihn zum Lückenbüßer. Gott gehört nicht an den Rand unseres Lebens sondern in die Mitte.

Er ist unser Freund und Begleiter in Freud und Leid.

Er ist uns nahe in dunklen Stunden und in glücklichen Tagen.

Unser ganzes Leben ist gemeint und nicht nur ein paar reservierte Viertelstunden, die wir für Gott übrig haben.

 

In der Tagesoration heißt es deshalb: „Steh uns mit deiner Gnade bei, damit wir denken, reden und tun, was dir gefällt.“ Dann gehört ihm unser Leben ganz. „Alles meinem Gott zu Ehren…“

 

Es ist nicht wichtig, ob wir glänzende Taten wie Goldmedaillen vorzeigen können oder einen unbeachteten Liebesdienst tun. Wichtig ist, dass unser Denken, reden und Tun Gott gefällt. Der ganze Tag wird so zum Gottesdienst.

In der Arbeit und in der Ruh, im Denken und im Tun soll unser Leben ein Lobpreis seines Namens sein. So kommen wir jeden Tag auf dem großen Weg zu ihm einen kleinen Schritt weiter.

 

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