TAGESGEBET
Gott du unsere Hoffnung und unsere Kraft,
ohne dich vermögen wir nichts.
Steh uns mit deiner Gnade bei,
damit wir denken, reden und tun was dir gefällt.
Darum bitten wir durch Jesus Christus.
Liebe
Schwestern und Brüder!
In der
Tagesoration haben wir heute gebetet: „Gott, du unsere Hoffnung und
unsere Kraft, ohne dich vermögen wir nichts.“
„Ohne
dich vermögen wir nichts.“
Meinen
wir das ernst? Stehen wir hinter diesen Worten?
Viele
sagen: „Was brauche ich Gott?“
Und noch
mehr leben so, als gäbe es ihn nicht.
Haben wir
es nicht weit gebracht auch ohne ihn?
Aus dem
Neandertaler, der seine Steinaxt schwingt, ist ein hochqualifizierter
Facharbeiter oder Wissenschaftler geworden, der Flugzeuge und Computer
entwirft.
Kann der
moderne Mensch ehrlich beten:
„Gott,
ohne dich vermögen wir nichts?“
Klingt da
folgendes Gebet, das der Schriftsteller Rudolf Otto Wiemer einem
Zeitgenossen in den Mund legt, nicht viel aktueller und zeitgemäßer?
„Hör
dir das an, Gott, ich will heute mit dem Auto unterwegs sein, morgen
schließ ich den Kaufvertrag ab, das neue Haus wird in zehn Monaten
stehen, dann ziehen wir ein, machen das dritte Kind, schicken das erste
zur Schule, das Geschäft wird vergrößert, den Kompagnon schmeiß ich
raus, kaufe das restliche Aktienpaket, übernehme den Vorsitz in der
Waschmittelgesellschaft, wechsle die Freundin, der Bungalow im Tessin
ist fällig, die Gören springen mir von der Tasche, die Frau hat eine
Operation, ich bin Generaldirektor, vielleicht Prostata, gut, wird
repariert, man ist sechzig, Konzern gesund, rapide wächst das
Grundkapital, glänzende Aussichten für die nächsten zehn Jahre, was sag
ich, für zwanzig – hör dir das an, Gott, und komm mir nicht dazwischen.“
Ich
plane, ich mache, ich repariere, ich sichere mich ab, alles im Griff,
glänzende Aussichten!
Es bleibt
nur die Angst, dass das Glück zerbrechlich ist.
„Gott,
komm mir ja nicht dazwischen!“
Ganz
anders spricht das heutige Tagesgebet: „Gott, du unsere Hoffnung und
unsere Kraft, ohne dich vermögen wir nichts.“
Ein
Mitbruder erzählt: „Vor einiger Zeit war ich in einer Spezialklinik
für Herzkranke. Von weit her kommen die Patienten nach lange Wartezeiten
angereist. Alle setzen ihr Vertrauen auf die weitbekannten Professoren.
Mit den modernsten Apparaten und nach den neuesten Erkenntnissen wird
diagnostiziert.
Als
ich ankam und auf das Krankenzimmer geführt wurde, fiel mein Blick auf
einen kleinen Kalender. Da stand ein Wort aus dem Psalm 37: „Befiehl dem
Herrn deine Wege und hoffe auf ihn, er wird’s wohl machen.“ Mein
Mitbruder gesteht: „Ich war überrascht und einen Moment beschämt. Ich
setze meine Hoffnung doch auf die Menschen. Der Psalm rief mir beim
Eintritt in eine hochqualifizierte Klinik ins Gedächtnis: Hoffe auch
hier auf ihn, er wird’s wohl machen!“ Weiter sagt mein Mitbruder: „Bei
allen Untersuchungen begleitete mich dieses Psalmwort. Mein Vertrauen zu
den Ärzten wurde dabei nicht geringer, meine Gelassenheit aber größer.“
Im
Tagesgebet heute heißt es: „Gott, du unsere Hoffnung und unsere
Kraft. Steh uns bei mit deiner Gnade.“
Liebe
Schwestern und Brüder!
Wer mit
Gott rechnet, darf dies nicht nur in den Grenzsituationen des Lebens
tun. „Not lehrt beten“, sagen wir.
Doch wer
nur in Krankheit und Not mit Gott rechnet, macht ihn zum Lückenbüßer.
Gott gehört nicht an den Rand unseres Lebens sondern in die Mitte.
Er ist
unser Freund und Begleiter in Freud und Leid.
Er ist
uns nahe in dunklen Stunden und in glücklichen Tagen.
Unser
ganzes Leben ist gemeint und nicht nur ein paar reservierte
Viertelstunden, die wir für Gott übrig haben.
In der
Tagesoration heißt es deshalb: „Steh uns mit deiner Gnade bei, damit
wir denken, reden und tun, was dir gefällt.“ Dann gehört ihm unser
Leben ganz. „Alles meinem Gott zu Ehren…“
Es ist
nicht wichtig, ob wir glänzende Taten wie Goldmedaillen vorzeigen können
oder einen unbeachteten Liebesdienst tun. Wichtig ist, dass unser
Denken, reden und Tun Gott gefällt. Der ganze Tag wird so zum
Gottesdienst.
In der
Arbeit und in der Ruh, im Denken und im Tun soll unser Leben ein
Lobpreis seines Namens sein. So kommen wir jeden Tag auf dem großen Weg
zu ihm einen kleinen Schritt weiter.
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