Haben Sie die
erste Lesung noch im Ohr, die alttestamentliche aus dem Buch Exodus?
– Sie erzählt von wehleidigen und frustrierten Menschen, die gegen ihre
Anführer, Mose und Aaron, aufbegehren.
Wie kommt’s? Was ist geschehen?
Es ist kurz nach dem
Auszug aus Ägypten, am Beginn der langen Wanderung durch die Wüste. Es
ist noch nicht lange her, da haben die Exodus-Leute das große Siegeslied
gesungen. Sie waren Pharao und seiner Streitmacht entkommen. Nach dem
mutigen Aufbruch aus der Knechtschaft haben sie die wunderbare Rettung
am Schilfmeer erlebt.
Doch die
Begeisterung weicht bald der Ernüchterung. Der Weg durch die Wüste ist
kein Spaziergang. Er ist mühevoll und entbehrungsreich. Die Israeliten
leiden Hunger. Unzufriedenheit macht sich breit, Enttäuschung,
Verzagtheit, Missmut.
Fünf Dinge fallen mir auf:
Erstens:
Suche nach Sündenböcken.
Wie oft in solchen
Situationen sucht man Schuldige. Und man findet sie in Mose und Aaron.
Ein Gemurre beginnt, Anklagen, Kritik, Auflehnung. Man wird wütend und
aggressiv.
Nein, so hatte man
sich das Leben in Freiheit nicht vorgestellt!
Zweitens: Zweifel an Gott.
Das Murren der
Israeliten richtet sich letztlich gegen Gott selbst.
Mose und Aaron
handeln ja in seinem Namen. Er hat sie berufen.
Er hat ihnen den
Auftrag gegeben, das Volk aus der Knechtschaft ins „Gelobte Land“ zu
führen.
Und er hat ihnen
seine Gegenwart zugesagt. Er hat ihnen versprochen dazusein, mitzugehen,
beizustehen. „Ich bin, der ich bin da“, so hat er sich dem Mose am
Dornbusch geoffenbart.
An den Israeliten
nagt nicht nur der Hunger, sondern auch die Skepsis und der Zweifel an
Gott. Wo ist Gott? Wo ist seine Hilfe, sein Beistand, seine Führung?
Warum lässt Gott solche Drangsal und Not über seine Auserwählten kommen?
Warum lässt er all dieses Leid zu?
War die Flucht aus
Ägypten nicht eine Riesendummheit?
Wären wir nicht
besser Sklaven geblieben?
Drittens: Verklärung der Vergangenheit.
Sie wissen, liebe
Mitchristen, in Notsituationen wird die Vergangenheit schnell
verherrlicht, nach dem Motto „früher war alles besser“.
Das Negative wird
ausgeblendet, erlittenes Unrecht vergessen, Leid und Mühsal verdrängt.
Man erinnert sich nur der schönen Seiten.
So auch die
Israeliten in der Wüste. Man sehnt sich – mit verklärendem Blick – nach
den alten Zeiten zurück. So schlimm die Situation damals war, jetzt
erscheint sie in rosigem Licht.
Wären wir doch in
Ägypten bei den – sprichwörtlich gewordenen – „Fleischtöpfen“ geblieben.
Lieber ein Leben in Unterdrückung, aber genug zu essen. Jetzt zwar in
Freiheit, aber in der Not und Trostlosigkeit der Wüste.
Viertens: Gott zeigt sich barmherzig und gnädig.
Es fällt auf: Gott
reagiert auf das Murren seines Volkes nicht verärgert. Er fängt nicht
seinerseits an zu murren. Er klagt nicht und zürnt nicht. Er droht nicht
und straft nicht. Gott hat erstaunlich viel Geduld mit seinem Volk, das
so störrisch, so undankbar und darüber hinaus so kleingläubig ist; so
angstvoll, so wenig vertrauensvoll.
Gott reagiert mit
einem Versprechen: Er wird Not und Leid wenden.
Er gibt ihnen etwas,
das die Verheißung vom Gelobten Land wachhält. Er gibt ihnen, was den
Glauben an seine Gegenwart wieder aufleben lässt. Er macht sie satt –
mit Wachteln am Abend und mit Manna am Morgen. „Man-hu? – Was ist das“
fragen die Leute. Mose weiß es: Es ist „Brot vom Himmel“, „Brot, das der
Herr euch gibt.“
Gott erweist dem
Volk seine Güte und Treue. Er zeigt sich mitfühlend und fürsorglich –
wie ein guter Vater oder eine liebende Mutter.
Gott hat Erbarmen.
Er ist ein Gott, der seine Kinder liebt, auch wenn die immer wieder mal
quengeln, jammern, maulen und motzen.
Das Wunder der
Befreiung aus Unterdrückung und Knechtschaft, dieses Wunder setzt sich
fort, indem Gott sein Volk täglich aufs Neue wunderbar ernährt und am
Leben erhält. Nicht ein für alle Mal, sondern täglich neu Bewahrung,
Rettung und Stärkung.
Fünftens: Jesus – Brot des Lebens
Haben Sie es
gemerkt, liebe Schwestern und Brüder? Die Lesung aus dem Buch Exodus und
das Evangelium des heutigen Sonntags sind aufeinander bezogen. Da wird
ein direkter Bogen gespannt.
Im Evangelium
bezeichnet sich Jesus als das eigentliche Brot vom Himmel, als Brot für
das Leben der Welt. Er ist das wahre Manna.
Bei der
eucharistischen Anbetung, vor dem sakramentalen Segen, betet der
Priester: „Brot vom Himmel hast du ihnen gegeben.“
Und alle antworten:
„Das alle Erquickung in sich birgt.“
„Brot vom Himmel“
gibt der Herr auch uns.
In einem Lied singen
wir: „O Manna, Himmelsbrot, wollst unsren Hunger stillen, mit Gnaden uns
erfüllen, uns retten vor dem ewigen Tod.“
Und eine Einladung
direkt vor dem Kommunionempfang lautet:
„Kommt und kostet
und seht, wie gut der Herr ist! Selig, wer ihm vertraut!“
Es geht um
Vertrauen. Wir sind nicht allein in den Wüsten, Nöten und Ängsten
unseres Lebens.
„Gott ist mit uns am
Abend und am Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag.“ (D. Bonhoeffer)
Druckansicht