Wir machen uns keine
Vorstellung, liebe Schwestern und Brüder, welche Aufbruchstimmung Jesus
damals mit seiner Verkündigung und seinen Machttaten ausgelöst hat.
Die Menschen drängen
sich um Jesus.
In Massen strömen sie zusammen. Ganz Kafarnaum ist auf den Beinen. Alle
wollen ihn sehen und hören. Alle wollen von Leiden und Krankheiten
geheilt werden. Die Menschen belagern ihn regelrecht. Sie stehen
Schlange vor seinem Haus. Jesus ist dauernd gefragt und gefordert.
Pausenlos ist er im Einsatz.
Dieser galiläische
Frühling,
dieser große Hoffnungsaufbruch lässt sich nicht besser und tiefgehender
auf den Punkt bringen als in den Worten des Simon: „Alle suchen dich!“
Es ist als habe die ganze
Not der Welt auf ihn gewartet.
Jesus gibt sich ganz
hinein. Er investiert sich total.
Er setzt sich restlos
ein. Er lässt sich voll in Anspruch nehmen.
Er nimmt sich der
Notleidenden und Geplagten an.
Er heilt die Kranken und
treibt die Dämonen aus.
Das ist die eine
Seite:
Jesus im Stress, total ausgebucht, volles Programm. Wenn es damals schon
einen Terminkalender gegeben hätte, an diesem Tag wäre der von Jesus aus
allen Nähten geplatzt.
Die andere Seite ist:
Jesus zieht sich in die Einsamkeit zurück, um zu beten. – Simon Petrus
und die anderen scheinen das überhaupt nicht zu begreifen.
Wie kann er sich
zurückziehen? Das ist doch völlig unproduktiv!
Jetzt gälte es doch dran
zu bleiben, auf der Welle des Erfolges weiterzumachen, die Gunst der
Stunde zu nutzen, Eindruck machen, powern, Menschen für sich zu
gewinnen.
So oder ähnlich mögen sie
gedacht haben.
Jesus zieht sich in
die Einsamkeit zurück.
Er geht an einen einsamen Ort, um zu beten. Jesus sucht und braucht die
Abgeschiedenheit. Er lässt sich nicht vereinnahmen. Er unterliegt nicht
der Versuchung, sich vom Gebrauchtwerden her zu definieren. Er entzieht
sich den Menschen. Er ist frei von dem Druck, den Erwartungen seiner
Umgebung total zu entsprechen, alle erreichen und es allen recht machen
zu müssen.
Das Beten zum Vater,
das Gespräch mit dem Vater, das stille Verweilen in seiner Gegenwart ist
ihm unendlich wichtig, ja es ist die Kraftquelle seines ganzen Lebens
und Wirkens.
Nur aus dem Bewusstsein,
dem immer wieder erneuerten Bewusstsein, ganz mit dem Vater eins zu
sein, im Vater zu sein und von ihm gesandt zu sein, nur aus diesem
Bewusstsein kann er predigen und heilend und befreiend wirken.
Dieses Evangelium,
liebe Schwestern und Brüder, will uns kein schlechtes Gewissen machen.
Doch sollten wir daraus
die große Einladung hören:
Zieh auch du dich von
Zeit zu Zeit zurück! Begib auch du dich immer wieder in die Stille, in
die Einsamkeit! Suche die Nähe Gottes im Abstand vom Getriebe und vom
Lärm der Welt! Verweile gern, oft und ausdauernd in der Gegenwart
Gottes. Das ist notwendig und es tut gut.
Es hilft,
nicht im Hamsterrad stecken zu bleiben, nicht in den alltäglichen
Aufgaben zu versinken und in den Sorgen und Problemen unterzugehen,
sondern den Überblick und Durchblick zu behalten, klarer zu sehen und
dann auch wieder ruhiger und gelassener an die Dinge heranzugehen und
auch auf andere Weise, weniger gehetzt und gereizt, sondern offener und
freundlicher mit den Menschen umzugehen.
Solcher Rückzug
erneuert in mir auch die Gewissheit, dass Gott da ist, dass er mein
Leben begleitet und dass er mir zugetan ist in unendlicher Liebe.
Ich mache die
Erfahrung,
dass solches Innehalten und sich zurückziehen und in die Stille gehen
und sich Gott hinhalten, dass das besonders dann wichtig ist, wenn die
Aufgaben über Hand nehmen und mich die Anforderungen zu überschwemmen
drohen.
Gerade dann mir Zeit
nehmen für das Gebet, die Schriftbetrachtung, die Meditation.
Und dann wieder mich den
Menschen widmen und an die Arbeit gehen, weniger hastig und nervös,
ruhiger, gesammelter, gelassener.
„In der Frühe, als es
noch dunkel war, stand er auf und ging an einen einsamen Ort, um zu
beten.“
Jesus gibt den Jüngern
und auch uns ein Beispiel.
Auch wir brauchen Zeiten
der Stille und des Gebetes. Wir müssen immer wieder die Verbundenheit
mit Gott suchen, seine Nähe.
Ausruhen bei ihm,
Klarheit finden, Kraft schöpfen.
Dann können wir das Leben
mit seiner Arbeit und Last bestehen. Und für die da sein, die uns
brauchen.