EVANGELIUM
Er heilte, die an allen möglichen Krankheiten
litten
+Aus dem heiligen
Evangelium nach Markus
In jener Zeit
29 ging
Jesus zusammen mit Jakobus und Johannes in das Haus des Simon und Andreas.
30 Die
Schwiegermutter des Simon lag mit Fieber im Bett. Sie sprachen mit Jesus über
sie,
31und
er ging zu ihr, fasste sie an der Hand und richtete sie auf. Da wich das Fieber
von ihr, und sie sorgte für sie.
32Am
Abend, als die Sonne untergegangen war, brachte man alle Kranken und Besessenen
zu Jesus.
33Die
ganze Stadt war vor der Haustür versammelt,
34 und
er heilte viele, die an allen möglichen Krankheiten litten, und trieb viele
Dämonen aus. Und er verbot den Dämonen zu reden; denn sie wussten, wer er war.
35 In
aller Frühe, als es noch dunkel war, stand er auf und ging an einen einsamen
Ort, um zu beten.
36Simon
und seine Begleiter eilten ihm nach,
37und
als sie ihn fanden, sagten sie zu ihm: Alle suchen dich.
38Er
antwortete: Lasst uns anderswohin gehen, in die benachbarten Dörfer, damit ich
auch dort predige; denn dazu bin ich gekommen.
39Und
er zog durch ganz Galiläa, predigte in den Synagogen und trieb die Dämonen aus.
Wir
machen uns keine Vorstellung, liebe Schwestern und Brüder, welche
Aufbruchstimmung Jesus damals mit seiner Verkündigung und seinen
Machttaten ausgelöst hat.
Die Menschen drängen sich um Jesus. In
Massen strömen sie zusammen. Ganz Kafarnaum ist auf den Beinen. Alle
wollen ihn sehen und hören. Alle wollen von Leiden und Krankheiten
geheilt werden. Die Menschen belagern ihn regelrecht. Sie stehen
Schlange vor seinem Haus. Jesus ist dauernd gefragt und gefordert.
Pausenlos ist er im Einsatz.
Dieser galiläische Frühling, dieser große
Hoffnungsaufbruch lässt sich nicht besser und tiefgehender auf den Punkt
bringen als in den Worten des Simon: „Alle suchen dich!“
Es ist
als habe die ganze Not der Welt auf ihn gewartet.
Jesus gibt sich ganz hinein. Er investiert sich
total.
Er setzt
sich restlos ein. Er lässt sich voll in Anspruch nehmen.
Er nimmt
sich der Notleidenden und Geplagten an.
Er heilt
die Kranken und treibt die Dämonen aus.
Das ist die eine Seite: Jesus im Stress, total
ausgebucht, volles Programm. Wenn es damals schon einen Terminkalender
gegeben hätte, an diesem Tag wäre der von Jesus aus allen Nähten
geplatzt.
Die andere Seite ist: Jesus zieht sich in die
Einsamkeit zurück, um zu beten. – Simon Petrus und die anderen scheinen
das überhaupt nicht zu begreifen.
Wie kann
er sich zurückziehen? Das ist doch völlig unproduktiv!
Jetzt
gälte es doch dran zu bleiben, auf der Welle des Erfolges
weiterzumachen, die Gunst der Stunde zu nutzen, Eindruck machen, powern,
Menschen für sich zu gewinnen.
So oder
ähnlich mögen sie gedacht haben.
Jesus zieht sich in die Einsamkeit zurück. Er geht
an einen einsamen Ort, um zu beten. Jesus sucht und braucht die
Abgeschiedenheit. Er lässt sich nicht vereinnahmen. Er unterliegt nicht
der Versuchung, sich vom Gebrauchtwerden her zu definieren. Er entzieht
sich den Menschen. Er ist frei von dem Druck, den Erwartungen seiner
Umgebung total zu entsprechen, alle erreichen und es allen recht machen
zu müssen.
Das Beten zum Vater, das Gespräch mit dem
Vater, das stille Verweilen in seiner Gegenwart ist ihm unendlich
wichtig, ja es ist die Kraftquelle seines ganzen Lebens und Wirkens.
Nur aus
dem Bewusstsein, dem immer wieder erneuerten Bewusstsein, ganz mit dem
Vater eins zu sein, im Vater zu sein und von ihm gesandt zu sein, nur
aus diesem Bewusstsein kann er predigen und heilend und befreiend
wirken.
Dieses Evangelium, liebe Schwestern und Brüder, will
uns kein schlechtes Gewissen machen.
Doch
sollten wir daraus die große Einladung hören:
Zieh auch
du dich von Zeit zu Zeit zurück! Begib auch du dich immer wieder in die
Stille, in die Einsamkeit! Suche die Nähe Gottes im Abstand vom Getriebe
und vom Lärm der Welt! Verweile gern, oft und ausdauernd in der
Gegenwart Gottes. Das ist notwendig und es tut gut.
Es hilft, nicht im Hamsterrad stecken zu
bleiben, nicht in den alltäglichen Aufgaben zu versinken und in den
Sorgen und Problemen unterzugehen, sondern den Überblick und Durchblick
zu behalten, klarer zu sehen und dann auch wieder ruhiger und gelassener
an die Dinge heranzugehen und auch auf andere Weise, weniger gehetzt und
gereizt, sondern offener und freundlicher mit den Menschen umzugehen.
Solcher Rückzug erneuert in mir auch die Gewissheit,
dass Gott da ist, dass er mein Leben begleitet und dass er mir zugetan
ist in unendlicher Liebe.
Ich mache die Erfahrung, dass solches Innehalten
und sich zurückziehen und in die Stille gehen und sich Gott hinhalten,
dass das besonders dann wichtig ist, wenn die Aufgaben über Hand nehmen
und mich die Anforderungen zu überschwemmen drohen.
Gerade
dann mir Zeit nehmen für das Gebet, die Schriftbetrachtung, die
Meditation.
Und dann
wieder mich den Menschen widmen und an die Arbeit gehen, weniger hastig
und nervös, ruhiger, gesammelter, gelassener.
„In der Frühe, als es noch dunkel war, stand er auf und ging an einen
einsamen Ort, um zu beten.“
Jesus gibt den Jüngern und auch uns ein Beispiel.
Auch wir
brauchen Zeiten der Stille und des Gebetes. Wir müssen immer wieder die
Verbundenheit mit Gott suchen, seine Nähe.
Ausruhen
bei ihm, Klarheit finden, Kraft schöpfen.
Dann
können wir das Leben mit seiner Arbeit und Last bestehen. Und für die da
sein, die uns brauchen.
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