Ist das Ostern, liebe
Schwestern und Brüder, was wir vorhin als Evangelium gehört haben? Die
Frauen am Grab: Erstaunt, verwundert, verwirrt.
Der Stein ist weg, das
Grab offen, der Leichnam Jesu verschwunden. Die Frauen sind ratlos,
sprachlos, wie gelähmt.
Mitten in dieser
Ratlosigkeit, mitten in dieser Schockstarre sehen sie im leeren Grab
zwei Lichtgestalten. Diese fragen provozierend: „Was sucht ihr den
Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier. Er ist auferstanden!“
Die Frauen erschrecken
aufs Neue. Von wegen Osterglaube oder gar Osterjubel!
Und was geschieht,
als sie in Jerusalem berichten, was ihnen widerfahren ist?
Kein Mensch glaubt ihnen.
Die Apostel, durch die Ereignisse des Karfreitags traumatisiert, haben
sich verbarrikadiert. Sie tun das Ganze als Weibergeschwätz ab.
Nur Petrus
macht sich auf. Er ist neugierig.
Aber auch seine Reaktion
am Grab: nicht Glaube, geschweige denn Freude, sondern ebenfalls
Verwunderung und Erstaunen.
Liebe Schwestern und
Brüder!
Wie schwer taten sich die
Jünger Jesu mit dem Osterglauben! Wie mühsam hat er sich entwickelt.
Erst allmählich kommen sie dahin zu begreifen und zu glauben.
Wie oft
musste der Auferstandene ihnen begegnen, sich ihnen zeigen, mit ihnen
reden, wieder und wieder die Schrift deuten, mit ihnen essen und
trinken! Schwerste Überzeugungsarbeit! – Ja, er lässt sich sogar
anfassen und berühren, bis sie Ostern greifen und begreifen, bis es
ihnen wie Schuppen von den Augen fällt und sie erkennen: Es ist der
Herr. Er ist nicht tot. Jesus lebt.
Die Emmausjünger halten
ihn zunächst für einen Fremden. Als er mit ihnen redet und ihnen die
Schrift erklärt, brennt ihnen zwar das Herz, aber erkennen tun sie ihn
erst beim Brotbrechen.
Thomas muss Jesus ganz
bei seinen Zweifeln und bei seiner Skepsis abholen. Erst als Jesus ihm
seine Wunden zeigt, fällt er vor ihm nieder und erkennt ihn und bekennt
ihn als seinen Herrn und seinen Gott.
Sehen Sie:
Die Apostel, das waren keine Schwärmer, keine Träumer, keine voreiligen
Schwätzer! – Die Auferstehung ist keine Einbildung. Der Auferstandene
kein Phantasieprodukt. Es ist Jesus selbst, der Gekreuzigte, der lebt.
Liebe Schwestern und
Brüder!
„Christus ist wahrhaft
auferstanden.“
Dieses Bekenntnis ist keine Illusion, sondern der Grund unserer
Hoffnung. Es ist der Dreh- und Angelpunkt unseres Glaubens. Nicht der Tod
hat das letzte Wort, sondern das Leben.
Ein solcher Glaube an die
Auferstehung ist allerdings keine billige Vertröstung auf ein Jenseits,
liebe Mitchristen. Er ermutigt vielmehr, schon jetzt, hier und heute,
als österliche Menschen zu leben und aus dem Licht des Osterglaubens
unser Leben zu wagen.
Österliche Menschen
glauben an ein Leben nach dem Tod und sie engagieren sich für ein
menschenwürdiges Leben vor dem Tod, nicht nur für sich, sondern auch für
andere.
Österliche Menschen
treten ein für Gerechtigkeit. Sie stiften Frieden und Versöhnung. Sie
tun etwas für die Bewahrung der Schöpfung.
Österliche Menschen
leben in vielem „alternativ“ zur Welt.
Österliche Menschen
tun nicht, was „man“ tut, was alle tun.
Österliche Menschen
haben den Mut, auch gegen den Strom zu schwimmen.
Und das in der
Gewissheit, dass ER lebt, dass ER da ist, dass ER bei uns ist und mit
uns geht. ER, das Licht, das uns erleuchtet. ER, die Kraft, die uns
stärkt. ER, der Beistand, der uns nicht verlässt.