geistliche Impulse

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Predigt

von P. Pius Kirchgessner, OFMCap

 

Ostern - Dreh- und Angelpunkt des Glaubens

(Lk 24, 1 - 12)

 

EVANGELIUM                                                                                                  

Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten?

 

+ Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas

1Am ersten Tag der Woche gingen die Frauen mit den wohlriechenden Salben, die sie zubereitet hatten, in aller Frühe zum Grab.

2Da sahen sie, dass der Stein vom Grab weggewälzt war;

3sie gingen hinein, aber den Leichnam Jesu, des Herrn, fanden sie nicht.

4Während sie ratlos dastanden, traten zwei Männer in leuchtenden Gewändern zu ihnen.

5Die Frauen erschraken und blickten zu Boden. Die Männer aber sagten zu ihnen: Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten?

6Er ist nicht hier, sondern er ist auferstanden. Erinnert euch an das, was er euch gesagt hat, als er noch in Galiläa war:

7Der Menschensohn muss den Sündern ausgeliefert und gekreuzigt werden und am dritten Tag auferstehen.

8Da erinnerten sie sich an seine Worte.

9Und sie kehrten vom Grab in die Stadt zurück und berichteten alles den Elf und den anderen Jüngern.

10Es waren Maria Magdalene, Johanna und Maria, die Mutter des Jakobus; auch die übrigen Frauen, die bei ihnen waren, erzählten es den Aposteln.

11Doch die Apostel hielten das alles für Geschwätz und glaubten ihnen nicht.

12Petrus aber stand auf und lief zum Grab. Er beugte sich vor, sah aber nur die Leinenbinden dort liegen. Dann ging er nach Hause, voll Verwunderung über das, was geschehen war.

 

 Ist das Ostern, liebe Schwestern und Brüder, was wir vorhin als Evangelium gehört haben? Die Frauen am Grab: Erstaunt, verwundert, verwirrt.

 

Der Stein ist weg, das Grab offen, der Leichnam Jesu verschwunden. Die Frauen sind ratlos, sprachlos, wie gelähmt.

 

Mitten in dieser Ratlosigkeit, mitten in dieser Schockstarre sehen sie im leeren Grab zwei Lichtgestalten. Diese fragen provozierend: „Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? Er ist nicht hier. Er ist auferstanden!“

Die Frauen erschrecken aufs Neue. Von wegen Osterglaube oder gar Osterjubel!

 

Und was geschieht, als sie in Jerusalem berichten, was ihnen widerfahren ist?

Kein Mensch glaubt ihnen. Die Apostel, durch die Ereignisse des Karfreitags traumatisiert, haben sich verbarrikadiert. Sie tun das Ganze als Weibergeschwätz ab.

 

Nur Petrus macht sich auf. Er ist neugierig.

Aber auch seine Reaktion am Grab: nicht Glaube, geschweige denn Freude, sondern ebenfalls Verwunderung und Erstaunen.

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Wie schwer taten sich die Jünger Jesu mit dem Osterglauben! Wie mühsam hat er sich entwickelt. Erst allmählich kommen sie dahin zu begreifen und zu glauben.

 

Wie oft musste der Auferstandene ihnen begegnen, sich ihnen zeigen, mit ihnen reden, wieder und wieder die Schrift deuten, mit ihnen essen und trinken! Schwerste Überzeugungsarbeit! – Ja, er lässt sich sogar anfassen und berühren, bis sie Ostern greifen und begreifen, bis es ihnen wie Schuppen von den Augen fällt und sie erkennen: Es ist der Herr. Er ist nicht tot. Jesus lebt.

 

Die Emmausjünger halten ihn zunächst für einen Fremden. Als er mit ihnen redet und ihnen die Schrift erklärt, brennt ihnen zwar das Herz, aber erkennen tun sie ihn erst beim Brotbrechen.

 

Thomas muss Jesus ganz bei seinen Zweifeln und bei seiner Skepsis abholen. Erst als Jesus ihm seine Wunden zeigt, fällt er vor ihm nieder und erkennt ihn und bekennt ihn als seinen Herrn und seinen Gott.

 

Sehen Sie: Die Apostel, das waren keine Schwärmer, keine Träumer, keine voreiligen Schwätzer! – Die Auferstehung ist keine Einbildung. Der Auferstandene kein Phantasieprodukt. Es ist Jesus selbst, der Gekreuzigte, der lebt.

 

Liebe Schwestern und Brüder!

„Christus ist wahrhaft auferstanden.“ Dieses Bekenntnis ist keine Illusion, sondern der Grund unserer Hoffnung. Es ist der Dreh-und Angelpunkt unseres Glaubens. Nicht der Tod hat das letzte Wort, sondern das Leben.

 

Ein solcher Glaube an die Auferstehung ist allerdings keine billige Vertröstung auf ein Jenseits, liebe Mitchristen. Er ermutigt vielmehr, schon jetzt, hier und heute, als österliche Menschen zu leben und aus dem Licht des Osterglaubens unser Leben zu wagen.

 

Österliche Menschen glauben an ein Leben nach dem Tod und sie engagieren sich für ein menschenwürdiges Leben vor dem Tod, nicht nur für sich, sondern auch für andere.

Österliche Menschen treten ein für Gerechtigkeit. Sie stiften Frieden und Versöhnung. Sie tun etwas für die Bewahrung der Schöpfung.

Österliche Menschen leben in vielem „alternativ“ zur Welt.

Österliche Menschen tun nicht, was „man“ tut, was alle tun.

Österliche Menschen haben den Mut, auch gegen den Strom zu schwimmen.

 

Und das in der Gewissheit, dass ER lebt, dass ER da ist, dass ER bei uns ist und mit uns geht. ER, das Licht, das uns erleuchtet. ER, die Kraft, die uns stärkt. ER, der Beistand, der uns nicht verlässt.