Liebe
Schwestern und Brüder,
Advent,
so wird es uns immer wieder gesagt, ist die stillste Zeit im Jahr. Und
das stimmt auch, denn es stimmt für all jene, die daraus eine stille
Zeit machen, die sich die Zeit nehmen und ruhig werden, die schweigen
und lauschen und im Blick auf die kleine Flamme einer brennenden Kerze
erfahren, wie sich ihre Seele erwärmt, wie sie schweigend Frieden spürt.
Andererseits wissen wir aber auch, wie umtriebig der Advent geworden
ist. Und gerade erst am Freitag stand ein Artikel in der Zeitung:
Weihnachtsgeschäft – Handel erwartet plus.
Es wird
also fleißig gekauft und die Menschen stürmen die Kaufhäuser und Läden.
Gewiss - der Rubel muss rollen, die Geschäfte müssen laufen und jeder,
der seinen Lebensunterhalt zu verdienen hat und sich einsetzt und hart
arbeitet, dem sei auch gegönnt, wenn er für seine Leistung den
entsprechenden Lohn empfängt.
In beides
hinein, stille Zeit und Umtriebigkeit, lege ich ein Wort des heiligen
Benedikt. Er sagt uns in seiner Regel: „In allem das rechte Maß“. Ein
Wort, das bis in die Gegenwart seine Bedeutung nicht verloren hat.
Und Hand
auf’s Herz: Auch wir als Christen laufen Gefahr, im Trubel dieser Tage
nicht mehr zur Ruhe zu kommen und im Hamsterrad der Verpflichtungen so
eingespannt zu sein, dass wir das Wesentliche dieser Tage vergessen.
Da gilt
es die Geschenke zu kaufen, den einen oder anderen Weihnachtsmarkt zu
besuchen und auch die verschiedenen Einladungen zu Weihnachtsfeiern und
Konzerten binden uns. Es gibt so vieles, was uns in Trab hält und nicht
zur Ruhe kommen lässt. Es gibt so vieles, was abhält uns auf das zu
besinnen, was Advent bedeutet.
Und darum
wünsche ich uns allen für die kommenden Wochen – ihnen und mir
selber: Dass wir uns Zeiten der Stille nehmen. Dass wir wieder einmal
schweigen und innerlich zur Ruhe kommen und darauf achten, was in
unseren Herzen vorgeht.
Liebe
Schwestern und Brüder, was Schweigen für mein eigenes Leben bedeutet,
das finde ich gut und schön in einem Wort von Romano Guardini
ausgedrückt. Er hat einmal gesagt: „Erst das Schweigen tut das Ohr auf
für den inneren Ton in allen Dingen.“
Und an
anderer Stelle sagt er: „Schweigen ist mehr als nicht reden. Schweigen
ist Fülle, macht, dass Fülle sein könne. Schweigen ist für den Menschen
das, was der Resonanzboden für eine klingende Saite ist.“
Damit
bringt Romano Guardini zur Sprache, dass Schweigen und Hören und
Lauschen unserem Leben zu einer größeren Tiefe verhilft und uns wach
macht, dass es uns durchlässiger macht für alles, was uns im Leben
begegnet.
Schweigen
und Hören verfeinert unser Wesen, macht uns achtsam und hellhörig für
das, was wirklich wichtig ist, was wesentlich ist in unserem Leben.
Darum ist
das Schweigen und das Hören die Grundhaltung von uns Christen. Denn in
dieser Haltung, in dieser lauschenden Aufmerksamkeit kann uns das Wort
Gottes berühren und erreichen. Diese Haltung der lauschenden
Aufmerksamkeit lässt uns die Botschaft hören und lässt uns erkennen,
wozu Gott uns ruft.
Und
heute, liebe Schwestern und Brüder, ist ein klarer Ruf an uns ergangen,
der vor 2700 Jahren die hörenden Menschen erreichte durch den Propheten
Jesaja, der vor 2000 Jahren die hörenden Menschen erreichte durch den
Evangelisten Markus und der auch uns heute zu Ohren gekommen ist:
„Bereitet dem Herrn den Weg! Ebnet ihm die Strassen!“
Wegbereitung, Straßen ebnen! Das klingt schon fast wieder nach Aktion.
Ärmel hochkrempeln, auf geht’s, los geht‘s.
Für den
Herrn den Weg bereiten, das heißt aber auch und wohl zuerst, den Weg in
unsere Herzen ebnen und ihm eine Straße bereiten, auf der er einziehen
kann.
Und da
dürfen wir uns auch ganz ehrlich fragen:
Ob es die
eine oder andere Hürde gibt?
Ob es das
eine oder andere aufzuräumen gilt?
Ob mich
vielleicht manches belastet, das ausgesprochen werden müsste?
Wir
wissen doch alle nur zu gut, dass das Leben nicht immer geradlinig
verläuft und dass es auf diesem Weg auch immer wieder Spannungen gibt.
Vielleicht steht Versöhnung an, vielleicht wird es eine Erleichterung,
wenn ich mein Herz erforsche und alle Erkenntnis ins Bekenntnis bei
einer guten Beichte bringe. Und erleben darf, was es bedeutet,
losgesprochen zu werden und einen neuen Anfang geschenkt zu bekommen.
Den Weg
ebnen und eine Straße bereiten für den Herrn. Das setzt voraus, dass wir
die Stille suchen, dass wir schweigen und unser Herz auf ihn ausrichten,
dass wir erkennen, im Blick auf ihn, wo etwas begradigt und geebnet
werden muss, wo es in unserem Leben der Umkehr bedarf, weil wir den
Herrn aus dem Blick verloren haben. Und dass wir uns entschlossen daran
machen, alles zu tun, ihn wieder in den Blick zu bekommen, ihm den Weg
zu ebnen, damit er einziehen kann in unser Herz, damit er zu Weihnachten
auch in uns geboren wird. Damit sein Licht in uns leuchte, uns wärme und
in uns das Bewusstsein wächst, dass Gott uns an sein Herz ziehen will,
dass wir seine geliebten Kinder sind.
Denn an
Weihnachten bahnt er den Weg vom Himmel zur Erde. Bahnen wir ihm einen
Weg in unser Herz! Und machen wir ernst mit dem, was wir singend immer
wieder bekennen:
„Komm, o
mein Heiland Jesu Christ, meins Herzens Tür dir offen ist. Ach zieh mit
deiner Gnade ein, dein Freundlichkeit auch uns erschein. Dein Heilger
Geist uns führ und leit den Weg zur ewgen Seligkeit. Dem Namen dein, o
Herr, sei ewig Preis und Ehr.“
Amen. |