Exerzitien mit P. Pius

Sie sind hier: Startseite Predigten Festtage von Heiligen Die Freiheit und Freude des Franz von Assisi

Startseite
Jahresprogramm
Vorschau
Predigten
   Advent
   Weihnachten
   Fastenzeit und Karwoche
   Ostern
   Pfingsten
   Sonntage im Jahreskreis A
   Sonntage im Jahreskreis B
   Sonntage im Jahreskreis C
   Werktage im Kirchenjahr
   Besondere Anlässe
   Festtage von Heiligen
   Herrenfeste
   Marienpredigten
   Papst und Kirche
Vorträge
Bildmeditationen
Geistliche Impulse
Persönliches
Fotogalerie
Kontakt
Links
 
 
 
 
 

Die Freiheit und Freude des Franz von Assisi

Es gibt ein Märchen mit dem Titel „Hans im Glück“.

Wer es liest, glaubt zunächst, der Titel sei ironisch gemeint: Was nämlich mit Hans in diesem Märchen geschieht, würden wir nicht Glück, sondern eher Pech nennen.

 

Als Lohn für sieben Jahre treue Dienste hat Hans einen großen Klumpen Gold bekommen. Auf dem Weg nach Hause aber schwätzt ein Reiter ihm das Gold ab und gibt Hans zum Tausch sein Pferd. Es dauert nicht lange und Hans hat bei einem Bauern das Pferd für eine Kuh eingehandelt. Bei einem Müller tauscht er die Kuh gegen ein Schwein und das Schwein schließlich gegen eine Gans. Ein Scherenschleifer listet ihm die Gans gegen einen Wetzstein ab. Hans schleppt sich mit dem schweren Stein ab. Und als er schwitzend und müde an einem Bach rastet, fällt ihm dieser auf Nimmerwiedersehen ins Wasser. – Die Erzählung schließt mit dem Satz: „Mit leichtem Herzen und frei von aller Last sprang er nun fort, bis er daheim bei seinem Meister war.“

 

Dieser Satz offenbart etwas Merkwürdiges. Äußerlich gesehen macht Hans nämlich jedes Mal einen schlechteren Tausch. Sein Besitz wird von mal zu mal weniger und wertloser, bis er nichts mehr in Händen hat.

Andererseits wird Hans von mal zu mal fröhlicher. Im Grunde empfindet er seinen Besitz als Last und fragt sich, warum er sich damit abschleppen soll. Je mehr sich Hans seines Eigentums entledigt – oder dessen entledigt wird – desto mehr tritt zutage, dass seine Fröhlichkeit, seine Freiheit und sein Glück auf ganz anderen Fundamenten ruhen als auf Besitz, Leistung und Erfolg.

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Sie fragen sich sicher, was mich bewegt, dieses Märchen zu erzählen. Ganz einfach: Mir scheint, dass Hans im Glück einen großen Bruder hat: Franz von Assisi, dessen Fest wir heute feiern.

Die entscheidende Loslösung, das radikale Abwerfen und Hinter-sich-lassen von Geld und Besitz, der Verzicht auf Hab und Gut geschieht bei Franziskus in der Gerichtsszene im bischöflichen Palast. Wie kommt es dazu? Was geht voraus?

 

Als Franziskus einmal in dem halb zerfallenen Kirchlein San Damiano um Sinn und Auftrag für sein Leben betete, da hört er vom Kreuz herab die Stimme: „Siehst du nicht, wie mein Haus zerfällt? Geh, bau es wieder auf!“ – Franziskus versteht das wörtlich und macht sich an die Restauration der Kapelle. In der Stadt bettelt er Geld dafür. Dort belächelt man ihn, man bewirft ihn mit Steinen und Kot. „Il pazzo“ rufen ihm die Kinder nach, „Narr“.

 

Sein Vater, der reiche Kaufmann, ist in dieser Zeit geschäftlich unterwegs. So holt Franz einen Ballen Stoff aus dem Lager, reitet damit nach Foligno, verkauft dort Pferd und Tuchballen für den Wiederaufbau von San Damiano. Das hat fatale Folgen: Der Vater gerät bei seiner Rückkehr in maßlosen Zorn. Bisher hat er das merkwürdige Verhalten des Sohnes toleriert. Nun aber reißt ihm der Geduldsfaden. Er will den Erlös für Tuch und Geld zurück. Vergebens versucht er ihn zur Vernunft zu bringen. Er sperrt ihn im eigenen Haus in ein Verließ ein. Doch die Mutter hat Mitleid und lässt den Sohn wieder frei.

 

Nun ruft der Vater das Stadtgericht von Assisi an. Doch den weltlichen Richtern ist dieser Familienkonflikt zu heikel. Sie erklären sich für nicht zuständig. So findet schließlich die Verhandlung am 5. April 1207 im Saal des bischöflichen Palais statt. Unerbittlich verlangt der Vater sein Geld zurück und steigert sich in maßlosem Zorn.

 

Die Gerichtsverhandlung endet sensationell: Franz legt alle Kleider ab und sagt: „Hört es alle. Bis jetzt nannte ich Pietro Bernadone meinen Vater. Aber da ich nun den Vorsatz habe, dem Herrn zu dienen, gebe ich ihm das Geld zurück, um das er sich so aufregt, dazu alle Kleider. Von jetzt an will ich nur sagen: „Vater unser, der du bist im Himmel, nicht mehr Vater Pietro Bernadone.“

Der Bischof nimmt Franz unter seinen Mantel. Der Vater erhebt sich, voll Schmerz und Wut nimmt er Kleider und Geld an sich und geht. – Und Franziskus? Nachdem er eine Art Kutte mit Kapuze zum Anziehen bekommen hat, verlässt er singend und frohgemut die Stadt. Er hat sich ganz aus der väterlichen Autorität und allen weltlichen Bindungen gelöst und die Freiheit der Kinder Gottes gefunden.

 

Mir fällt auf: Singend und frohgemut verlässt er die Stadt.

Meines Erachtens ist diese Freude und Freiheit nur zu erklären, weil sein Leben im Ewigen, in Gott Verankerung gefunden hat. Er will ja nur noch sagen: „Vater unser im Himmel“.

 

Und dieses Sich-Fest-Machen in Gott, dieses Sich-Ganz-Verlassen auf Gott, das bewirkt, dass er nicht mehr gierig und ängstlich klammern und festhalten muss, sondern dass er loslassen, geben und schenken kann. Franziskus ist der Mensch, der alles wegschenken kann, weil er selbst alles als Geschenk betrachtet.

Wie ein Kind steht er mit staunenden Augen und offenem Herzen der Welt gegenüber – und das ist nur möglich, weil er an der unsichtbaren Hand des ewigen und gütigen Vaters geht und sich darin geborgen weiß. Sein Leben atmet den Geist der Freiheit von Unabhängigkeit, weil er sich allein von einem abhängig weiß – von Gott.

 

Und das ist die Lektion, die wir Menschen von heute wieder lernen müssen: Durch die Bindung an Gott verliert der Mensch keineswegs seine Freiheit, sondern er gewinnt – wie Franziskus – eine ganz neue Freiheit.

 

Durch die Bindung an Gott verliert der Mensch keineswegs die Welt aus den Augen, sondern er gewinnt – wie Franziskus – ein ganz neues Verhältnis zur Welt.

 

Die Bindung an Gott macht den Menschen keineswegs untauglich für die Welt, er gewinnt – wie Franziskus – vielmehr einen scharfen Blick für das Wesentliche und Unwesentlich, für das Wahre und das Falsche.

 

Einzig in Gott – das zeigt uns das Leben des heiligen Franziskus – sind Freiheit, Freude und Würde des Menschen fest verankert.

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Vor 841 Jahren wurde Franziskus geboren. Fast 800 Jahre ist er schon tot. – Doch immer noch ist er lebendig. Immer noch geht von ihm eine große Strahlkraft aus. Immer noch begeistert er die Menschen und ist für viele Vorbild und Leitbild – der Mann, auf den sich zahlreiche Schwestern und Brüder als ihren Ordensgründer und Ordensvater berufen.

Die Kraft seines Lebens nach dem Evangelium wollen wir erbitten. Von seinem Gottvertrauen wollen wir uns anstecken und vom Feuer seiner Christusliebe uns entzünden lassen. Denn nur Ergriffene ergreifen. Und in mir muss brennen, was ich anderen entzünden will.  

   Druckansicht

 

Seitenanfang