Der Ausdruck „Fastenzeit“ ist ungenau und
missverständlich.
Die Kirche spricht von „österlicher
Bußzeit“.
„Österlich“: Das Ziel der
„heiligen vierzig Tage“ ist Ostern, das „Fest aller Feste“. Die Absicht
der Zeit ab Aschermittwoch ist: sich (in einem zielbewussten Leben) auf
Ostern vorzubereiten.
Die Mittel dazu sind:
1. Besinnung und Gebet
2. Werke der Barmherzigkeit
(Nächstenliebe)
3. Fasten und heilsamer Verzicht
„Buße“: Fasten ist nur ein
Teilaspekt, sozusagen die körperliche Seite, um die es in der
österlichen Bußzeit geht.
Buße ist umfassender. Sie kennt viele
Formen. Fasten (Sich einschränken in Speise und Trank) allein macht die
Fastenzeit noch nicht zur österlichen Bußzeit. Zum Fasten unbedingt dazu
gehört das Gebet und die Werke der Liebe.
Umwandlung des Herzens. Es
geht in der „Fastenzeit“ nicht allein um etwas Äußerliches. Das äußere
Tun (leibliche Dimension) soll vielmehr Ausdruck und Zeichen sein von
etwas Inwendigem (geistig-seelische Dimension). Es geht im christlichen
Sinn um die Hinkehr zu Gott und zum Nächsten. Es geht um Um-sinnen,
Um-denken, Um-kehr. Es geht um ein neues Sich-ausrichten und Öffnen auf
Gott hin und den Bruder, die Schwester.
Es geht also nicht allein, wie der
Ausdruck „Fastenzeit“ nahelegt um einen quantitativen Verzicht, sondern
um eine qualitative Umkehr des Herzens. Diät und Fastenkuren allein
bringen nicht Heilung und inneres Gleichgewicht, sondern die Wandlung
des Herzens. Also nicht nur Kampf der Ess-Sucht, sondern auch Kampf der
Ich-sucht! Es geht nicht um ein bisschen Kosmetik, sondern um Umkehr und
Neubeginn. Es geht nicht um ein paar asketische Klimmzüge, sondern um
eine Kurskorrektur.
Fasten ist kein Selbstzweck. Es
geht nicht um ein Fasten um des Fastens willen. Christliches Fasten hat
auch nichts zu tun mit „Abspecken“ oder „Pfunde loswerden“. Es dient
also nicht dem puren Abnehmen. Das ist ein willkommenes Nebenprodukt.
Christliches „Fasten“ kennt viele
Formen. Es meint nicht nur den freiwilligen Verzicht auf
Speisen, Süßigkeiten usw., sondern auch Verzicht oder Einschränkung im
übermäßigen Nikotin-, Alkohol-, Kaffeegenuss, im unkontrollierten
Gebrauch der Medien („Fasten der Augen“), Verzicht auf Partys, Disco,
Tanzveranstaltungen und ähnliche Vergnügen, z.B. auch Internet-Fasten.
Durch das leibliche Fasten und andere
Formen des Verzichtes gewinnt der Mensch eine neue Freiheit. In
den Wochen des Fastens regeneriert sich nicht nur der Leib, sondern auch
die Seele. Sie gewinnt ihre Souveränität zurück. Sie hört auf Spielball
der Bedürfnisse zu sein. Fasten und Verzicht kann aus tief verwurzelten
Abhängigkeiten, Zwängen und Süchten befreien.
Ein Aspekt des Fastens ist das Teilen,
die Solidarität mit denen, die nicht fasten können, sondern fasten
müssen, weil sie nicht das Nötige zum Essen haben. Es ist ein guter
christlicher Brauch, das durch das Fasten und Verzicht Ersparte der
„Aktion Misereor“ oder „Brot für die Welt“ zukommen zu lassen.
Aber es gibt nicht nur die materiell
Armen. Zu denken ist auch an die Menschen in seelischen Nöten, Einsame,
Alte, Kranke, Mutlose, Ratlose, Verzweifelt in unserer Überfluss- und
Wohlstandsgesellschaft. Es gibt nicht nur diejenigen, die kein Dach über
dem Kopf haben, sondern auch die, die kein Dach über der Seele haben. Es
gibt nicht nur diejenigen, die leiblich frieren, sondern auch
diejenigen, die seelisch frieren. Mehr als sonst im Jahr sind Christen
dazu aufgerufen, sich ihrer in der „Fastenzeit“ anzunehmen. Auch in
ihnen begegnet uns Christus. Und was wir einem der Geringsten getan
haben, das haben wir IHM getan!
Die „Fastenzeit“ ist eine Art
Trainingszeit. So wie jeder Sportler und jede Fußballmannschaft
trainieren muss, um fit zu bleiben, so wie sich die Athleten intensiv
auf Olympia vorbereiten unter großen Opfern und viel Disziplin, so
braucht auch jeder Christ und die christliche Gemeinde intensive
Trainingszeiten, um nicht einzurosten, um sich wieder zu erneuern.
Die Fastenzeit lässt sich auch
vergleichen mit dem, was um diese Jahreszeit mit den Obstbäumen im
Garten geschieht:
Die Kirche lässt uns im Frühjahr die
wohltuende „Baumschere“ anlegen, nicht weil sie mit ihrer scharfen
Schneide dem Baum weh tun will, sondern weil es seinem Blühen und
Früchtetragen dient.
„Motorpflege“: Die meisten
Menschen warten zwar regelmäßig ihr Auto, aber an ihren eigenen „Motor“,
Seele-Geist-Leib, denken sie nicht. Alle drei bedingen einander und
wollen gesund leben und müssen dementsprechend gepflegt werden.
Fasten ist wie ein Frühjahrsputz
für die Seele, denn es gibt in uns Menschen eine Sehnsucht nach
Heil und Heilung und nach gelingendem Leben. Es liegt an uns selbst
dafür die Voraussetzungen und Räume zu schaffen.
|