Exerzitien mit P. Pius

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Wenn die Krippe erzählen könnte

Mit mir ist eigentlich kein Staat zu machen. Nur, man macht sich seine Gedanken darüber, wenn plötzlich so viele Leute von einem reden.

Ich bin aus hartem Holz. Sie würden’s merken, wenn Sie mit Ihrem Kopf dagegen schlagen. Nicht gerade sehr wertvoll, dieses Holz, aus dem man mich gemacht hat. Das gute, das brauchte man für Häuser und für Schränke, für Tische, für Betten – überall dort, wo der Mensch etwas herzeigen kann. Aber für mich waren bloß ein paar Reste übrig.

 

Und eines Tages sagte der Schreinermeister: Was mach ich bloß mit den paar Abfallstücken? Wegwerfen? Ach nein, zu einer Futterkrippe wird’s gerade noch reichen.

Und dann kam auch bald jemand, der Interesse an mir hatte und sagte: Ja, also, die könnte mir gerade reichen für meinen Stall – und so stand ich jahrelang im Stall; übrigens ziemlich selten gebraucht, denn die Tiere waren meistens draußen.

Leer und überflüssig kam ich mir vor. Dabei hatte ich gehofft, immer wieder einmal unter dem warmen Atem der Tiere so ein bisschen aufzublühen, zu merken: Du wirst gebraucht, bist für etwas da.

 

Aber eines Nachts, da wurde es ganz anders. Die Tür ging auf und es schaute einer rein mit einer Laterne und guckte sich um, kam auf mich zu. Und dann schleppte der Mann mich über den Boden, stellte mich gar nicht weit weg dahin, wo Stroh und Heu lagen, und hat mich damit ganz schön ausgefüllt.

Ich dachte: Was ist los? Von Tieren siehst du nichts, hörst du nichts – aber da kam eine Frau herein, in letzter Minute gleichsam, und kurz darauf war auch schon das Kind geboren.

 

Ein Kind! Mein Holzherz tat einen Luftsprung. Dass ich dafür gewählt worden bin! Ganz warm wurde mir dabei. Und froh wurde ich, als wäre alles zu Ende, was ich an Armseligkeit erlebt hatte. Ich merkte richtig, wie sich etwas in mir veränderte.

Nur nicht knarre, dachte ich, bloß nicht, dass das Kind aufwacht. Nein, ich wollte ihm doch eine gute Herberge sein. Und wenn ich es gekonnt hätte, wäre ich gerne wie eine richtige Wiege hin- und hergeschaukelt.

 

Johannes Kuhn

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