Als
ich aus dem Haus gehen will, steht der Advent vor der Tür, sodass ich
beinahe stolpere. „Ist es schon so weit?“, frage ich und fürchte, dass
ich ihn nun hereinbitten muss. Aber ich habe es eilig. Der Advent kommt
aus einer Zeit, da war Eile noch keine Maxime und Organizer gab es auch
noch nicht. Ich drücke mich entschuldigend an ihm vorbei, aber er stellt
mir ein Bein und ich fliege auf die Nase. „Das ist nicht nett!“, rufe
ich. Er lächelt sanftmütig. Ich rappele mich auf. Erwachsene die am
Boden liegen, sehen irgendwie albern aus.
„Wir
haben ein Date“, sagt er und lässt ein paar Goldsterne über mich regnen.
„Einmal im Jahr, erinnerst du dich?“ Natürlich erinnere ich mich. Nur
dass gerade noch Sommer war. Der Schal kratzt. Ich bin noch nicht bereit
für Apfel, Nuss und Mandelkern. Ich bin noch nicht bereit für den
Advent. „Ich habe nichts vorbereitet. Nicht einmal einen Adventskranz
habe ich. ,Last Christmas´ hängt mir jetzt schon zu den Ohren raus.
Genauso wie das Wort Besinnlichkeit!“
Er
legt einen Finger auf meine Lippen und stoppt meinen Redefluss. „Komm“,
sagt er. „Für mich brauchst du nichts vorbereiten. Ich bereite dich
vor.“ Und dann nimmt er mich an die Hand und führt mich in eine andere
Zeit.
Susanne Niemeyer
in „Aufbruch für die Seele – Der
Adventskalender 2021“, @ 2021 - St. Benno Verlag
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