Ein König verliebte sich in
ein Mädchen aus ärmlichen Verhältnissen ohne adeligen
Stammbaum und ohne Bildung. Sie wohnte in einer armseligen
Hütte und lebte als Bäuerin.
Aber der König verliebte sich
in diese Frau – wie es Könige eben manchmal tun. Und er
konnte nicht aufhören, sie zu lieben.
Aber dann machte sich im
Herzen des Königs eine Sorge breit: wie konnte er dieser
Frau seine Liebe offenbaren? Wie konnte er die Kluft
zwischen ihnen überbrücken?
Seine Ratgeber sagten ihm
natürlich, er solle ihr einfach befehlen, seine Frau zu
werden. Denn er war ein Mann, der alle Macht dazu besaß –
jeder fürchtete seinen Zorn, alle Nachbarländer zitterten
vor ihm, jeder am Hof warf sich nieder vor der Stimme des
Königs. Die Frau wäre ihm ewige Dankbarkeit schuldig
gewesen. Er hätte ihr befehlen können, in seinen Palast zu
kommen, aber Macht kann keine Liebe erzwingen. Er konnte
sich ihren Gehorsam sichern, aber erzwungene Unterwerfung
war nicht, was er wollte. Er sehnte sich nach Vertrautheit
und Liebe. Alle Macht der Welt kann die Tür eines Herzens
nicht aufschließen. Sie muss von innen geöffnet werden.
Der König wollte sein Herz
keiner anderen Frau schenken. Und so wurde seine Liebe auch
zu seinem Schmerz.
Der König könnte die Frau
auch in den Adel erheben, sie mit Geschenken überschütten,
in Purpur und Seide kleiden, sogar zur Königin krönen
lassen. Wenn er sie in seinen Palast bringen, die Sonne
seiner Macht über ihr aufstrahlen ließe; wenn sie seinen
Reichtum, seine Macht und Größe sähe, wäre sie
wahrscheinlich überwältigt. Wie könnte dann er aber jemals
wissen, ob sie ihn wirklich liebte, um seiner selbst willen
oder nur um all dessen willen, was er hatte und ihr gab?
Könnte sie vergessen, dass er der König und sie nur ein
armes Bauernmädchen ist?
Es gab nur eine Alternative,
wie er sein Ziel erreichen konnte. Der König verließ den
Thron, setzte seine Krone ab, legte sein Zepter weg und zog
seinen Purpurmantel aus. Er wurde selbst zum Bauern. Er nahm
nicht nur die Gestalt eines Bauern an, sondern sein ganzes
Leben, sein Leben, sein Wesen, seine Last. Damit ging er
natürlich ein großes Risiko ein. Würde das Mädchen ihn so
haben wollen? Als Bettler?
nach Sören Kierkegaard |