Wir sind gewohnt, nicht alles
ungeprüft zu übernehmen. Kritik ist ein Element unseres
Zusammenlebens. Nicht „Kritikaster“ sind gefragt, sondern
Kritiker, die unterscheiden, prüfen und mitarbeiten daran,
dass sich das Bessere durchsetzt. Das gilt auch für die
Kirche. Viele richten ihr Augenmerk auf „die da oben“, und
sie wissen, was zu tun ist. Dabei argumentieren sie so:
„Wenn mir einer schon Weisung gibt und über mich entscheiden
darf, so muss er auch besser sein als ich!“ Der heutige
Festtag kann einige unserer „Meinungen“ zurechtrücken. Waren
Petrus und Paulus die klügeren und die besseren Christen?
Petrus war der erste Jünger,
der bekennt: „Du bist Christus, der Sohn Gottes!“ Er
widersetzt sich Jesus, als dieser von seinem Leiden und Tod
spricht. Er wagt etwas beim „Seewandeln“, bekommt große
Angst und versinkt. Wo ist Petrus bei der Verhaftung und
beim Prozess Jesu? Petrus verleugnet den Herrn. Sofort ist
Petrus für etwas begeistert, er ist auch unbedacht und
labil. Er erkennt seine Fehler, und er weint über sich
selbst.
Paulus war ein
Schriftgelehrter. Er war ebenso eifrig in der Verfolgung der
Christen, wie auch später im Einsatz für Christus. „Als
letzten der Apostel und als Missgeburt“ bezeichnet er sich,
weil er die Kirche Gottes verfolgt hat. Allerdings fühlt er
sich Petrus nicht unterlegen. Im Gegenteil, Paulus stellt
Petrus zur Rede, und er setzt sich durch. Die Heiden sollten
nicht zuerst Juden werden und dann Christen. Sie sollten
unmittelbar Christen werden, ohne die Speisevorschriften der
Juden anzunehmen und ohne sich beschneiden zu lassen.
Petrus und Paulus werden
beide als Heilige verehrt, als Heilige, die in Gottes Leben
aufgenommen sind. Sie haben Fehler begangen, sie auch
bekannt und ihr Handeln korrigiert. Das ist für mich
wertvoller, als wenn sie nie einen Fehler gemacht hätten. So
konnten sie erleben, was es heißt: Gott vergibt. Und sie
konnten diese Lieben Gottes zu den Sündern „leichter“
weitergeben.
Helmut Ehrler
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