„Wir sollten nicht allzu
selbstverständlich bitten, dass der Heilige Geist bei uns einkehren
möge, weil der Heilige Geist, da wo er einkehrt und Wohnung nimmt, nicht
nur seine „Gaben“ mitbringt, sondern zugleich ein in hohem Maß
unbequemer, ja störender Gast ist.
Der gleiche Heilige Geist,
den wir mit Recht inbrünstig erbitten, ist zugleich die unheimliche
STÖRUNG aller persönlichen und erst recht aller kirchlichen Sicherheit.
Er ist der Angriff Gottes auf unsere Unlebendigkeit und
Selbstgenügsamkeit. Er hat keinen Respekt vor aller verfestigten
Institution, vor äußerer Ordnung, wenn sie zum Selbstzweck geworden ist.
Die beiden Elemente, die
in der Pfingstgeschichte als die Begleiterscheinungen und Symbole des
Heiligen Geistes vorkommen, Sturmwind und Feuer, sind die unheimlichsten
unter allen Elementen. Und sie lassen nichts, was sie ergreifen, an
seinem Ort und in seinem Zustand.
Wer an den Heilige Geist als die
schöpferische Aktivität Gottes glaubt und in diesem Glauben um das
Kommen dieses Geistes bittet, der muss wissen, dass er damit die
göttliche Störung herbeiruft und sich dafür offen halten, dass Gott ihn
stört in seinem „Besitz“, in seinen Gewohnheiten, auch in seinen
Denkgewohnheiten, wenn sie nicht mehr dafür taugen, ein Gefäß der
heilsamen Unruhe und der aufregenden Wahrheit zu sein.
Wer
also bittet: ‚Komm Heiliger Geist’, muss auch bereit sein zu bitten:
Komm und STÖRE MICH, wo ich gestört werden muss.“
Bischof
Wilhelm Stählin |