Ein
Gebet ist nicht nur das, was in der Kirchenbank verrichtet wird als
Bitte des Hilflosen in mancherlei Anliegen des täglichen Lebens.
Es ist
auch das, was du empfindest, wenn du am Morgen den Vorhang zurückziehst,
um die Sonne ins Zimmer zu lassen. Es ist der Dank, der über deine
Lippen kommt, wenn du dein Brot brichst.
Die
Andacht ist es, mit der du zum Advent die Kerze anzündest. Es ist das
freudige Erschrecken, wenn du nach dunkler Zeit im Vorgarten deines
Hauses das erste Schneeglöckchen entdeckst. Und es ist der erleichternde
Seufzer, bei dem du die Augen schließt, wenn du in der Klinik erfährst,
dass der, den du liebst, weiterleben darf.
Gebet
kann auch sein, sich über eine Rose zu beugen in der seit langer
gehegter Hoffnung auf ihren bezaubernden Duft.
Beten
heißt einfach dem Göttlichen nahe zu sein.
Es ist
verborgen in all unserer Sehnsucht und in der geheimen Reaktion auf die
Erfüllung unseres Glückes.
Beten
ist das, was am tiefsten aus uns herausströmt.
Es
kann in der Einsamkeit des Waldes geschehen oder am Ufer des Meeres. In
der Mittagssonne, die über dem Weizenfeld steht, ebenso wie unter dem
Sternenhimmel.
In
jedem Augenblick, der uns das Gefühl gibt, ein Teil der Schöpfung zu
sein.
Elli Michler
Aus: Elli Michler: Ich wünsche die Zeit, zu dir selber zu finden, Topus
plus, Kevelaer,
@
Don Bosco Medien, München |