1. Einem Menschen
sagen: Du gehörst dazu.
Was unsere Gesellschaft
oft kalt und unbarmherzig macht, ist die Tatsache, dass in ihr Menschen
an den Rand gedrückt werden: die Arbeitslosen, die Ungeborenen, die
psychisch Kranken, die Ausländer usw. Das Signal, auf welche Weise auch
immer ausgesendet: „Du bist kein Außenseiter!“ „Du gehörst zu uns!“, das
ist ein sehr aktuelles Werk der Barmherzigkeit.
2. Ich höre dir zu.
Eine oft gehörte Bitte:
„Hab doch einmal etwas Zeit für mich!“; „Ich bin so allein!“ – Die
Hektik des modernen Lebens, die Ökonomisierung von Sozialleistungen
zwingt zu schnellem und effektivem Handeln. Es fehlt oft die Zeit, einem
anderen einfach einmal zuzuhören. – Zeit haben, zuhören können – ein
Werk der Barmherzigkeit, paradoxerweise gerade im Zeitalter perfekter
Kommunikation so dringlich wie nie zuvor!
3. Ich rede gut über
dich.
In einem Gespräch, einer
Sitzung – da gibt es Leute, die zunächst einmal das Positive am anderen,
an einem Sachverhalt sehen. – Natürlich: Man muss auch manchmal den
Finger auf Wunden legen, Kritik üben.
Was freilich oft fehlt,
ist die Hochschätzung des anderen, ein grundsätzliches Wohlwollen für
ihn und seine Anliegen und die Achtung seiner Person.
4. Ich gehe ein Stück
mit dir.
Vielen ist mit einem
guten Rat allein nicht geholfen. Es bedarf in der komplizierten Welt von
heute oft einer Anfangshilfe, eines Mitgehens der ersten Schritte, bis
der andere Mut und Kraft hat, allein weiterzugehen. – Das Signal dieses
Werkes der Barmherzigkeit lautet: „Du schaffst das! Komm, ich helfe dir
beim Anfangen!“
5. Ich teile mit dir.
Es wird auch in Zukunft
keine vollkommene Gerechtigkeit auf Erden geben. Es braucht Hilfe für
jene, die sich selbst nicht helfen können. Das Teilen von Geld und
Gaben, von Möglichkeiten und Chancen wird in einer Welt noch so
perfekter Fürsorge notwendig bleiben.
6. Ich besuche dich.
Den anderen in seinem
Zuhause aufsuchen ist besser, als darauf warten, dass er zu mir kommt.
Der Besuch schafft Gemeinschaft. Er holt den anderen dort ab, wo er sich
sicher und stark fühlt. – Die Besuchskultur in unseren Pfarrgemeinden
ist sehr kostbar. Gehen wir auch auf jene zu, die nicht zu uns gehören.
Sie gehören Gott, das sollte uns genügen.
7. Ich bete für dich.
Wer für andere betet,
schaut auf sie mit anderen Augen. Er begegnet ihnen anders. Auch
Nichtchristen sind dankbar, wenn für sie gebetet wird. Ein Ort, wo
regelmäßig und stellvertretend alle Bewohner in das fürbittende Gebet
eingeschlossen werden, das ist ein Segen.
Tun wir es füreinander,
gerade dort, wo es Spannungen gibt, wo Worte nichts mehr ausrichten.
(Aus der Predigt von Bischof
Joachim Wanke zur Eröffnung des Elisabeth-Jahres am 18. November 2006,
gekürzt.)
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