In der zweiten Lesung dieses
Sonntags geht es um die Zusage, dass wir Kinder Gottes sind
und daher alle „Eins“ sind. Nicht nur Freie und Unfreie,
Frauen und Männer, sondern auch Christen und Muslime,
Buddhisten und jene Menschen, die am 21. Juni die
astronomische Sonnenwende feiern.
Wie viel Blutvergießen hätte
uns das in der Geschichte erspart, wenn alle das Gefühl des
Eins-seins gespürt hätten. Wieviel würde es uns zukünftig
ersparen? Wenn die Rhythmen des Universums und der Erde
(eine) Basis unserer Spiritualität wären, weil sie für jeden
gleich gelten und gleich vertraut sind. Und wenn wir mutig
wären, Verschiedenheit als Bereicherung und nicht als
Bedrohung anzunehmen. Wenn wir gegenseitig Respekt vor dem
Glauben der anderen hätten und zeigten.
Die Wiederkunft Jesu ist
unmöglich, solange wir Menschen nicht in Frieden
zusammenzuleben lernen.
Die Kriege auf der Welt
verhindern das Paradies auf Erden. Ganz konkret durch die
Zerstörung von Lebensgrundlagen. Aber vor allem auch, weil
sie die Herzen und Träume der Menschen zerstören. So hat es
Hasan Abu Ali, Lehrer in einem syrischen Flüchtlingslager,
bezeichnet, der sich um das blanke Überleben von 350
Kindern, Müttern und alten Menschen bemüht. 11 Jahre im
Krieg, in Zelten ohne Heizung im Winter und Wasser im Sommer
rauben jede Kraft.
Wie viele Sonnenwenden werden
noch vergehen, bis Kinder nicht mehr Angst haben müssen, vor
dem angeblich so klugen Erwachsenen? Erwachsene, die dumm
genug sind, Länder mit allen Mitteln zu ruinieren. Die
Trennung leichter denken als Vereinigung. Politische und
auch religiöse Führer, die in erster Linie Eigennutz kennen.
Aber es gibt auch Funken der
Hoffnung. Es gibt jetzt ein Gebetszeit in jenem Zeltlager,
das direkt neben der ältesten christlichen Kirche in Syrien
liegt. Die Vertriebenen konnten im „Ramadan für den Frieden“
zum ersten Mal auf 4 Teppichen beten, die von christlichen
Gemeinden gespendet worden waren (katholischen,
evangelischen und orthodoxen). Angehörige der Bahai-Religion
finanziertem für das Zelt eine Beschattung vor der
Sommerhitze und für den Winter eine Heizung.
Auch die Datteln, die Muslime
vor dem Gebet im Ramadan essen sollen, sind eine christliche
Gabe – wir alle beten unter derselben Sonne.
Elisabeth Ziegler-Duregger
in: Die Botschaft heute
4/2022 |