Exerzitien mit P. Pius

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Selig und unselig

zum Evangelium am 6. Sonntag im Jahreskreis; Lesejahr C – Lk 6, 17.20 - 26

 

Er habe in seinem Leben nichts zu lachen gehabt, sagt der Mann. Existenzängste, Hunger nach den sichtbaren und unsichtbaren Lebensmitteln, Ausschluss aus der Gemeinschaft, Schimpf und Schande seien sein Alltag gewesen. Glücklich zu preisen ist er ob solch eines Lebens nicht. Und seliggesprochen hätte vermutlich nur Jesus ihn. Er selber würde sich vielleicht als sturmerprobt und bewährt bezeichnen. Stolz blitzt hinter seinen Augenbrauen auf. Er hat sich von den Irrungen und Wirrungen des Lebens nicht unterkriegen lassen, hat dem Schicksal die Stirn geboten und ist „nobel“ geblieben. Das Wort bedeutet ursprünglich „kenntlich“ und also auch: erkennbar, unverwechselbar. Mithin einer, der sich seine Identität nicht hat nehmen lassen. „Ein Mensch ohne Trauer, das ist doch kein Mensch mehr“, heißt es in einem Roman Heinrich Bölls. In seiner „Feldrede“ will Jesus sicher nicht Traurigkeit, Leid und Not des Menschen verherrlichen und Glück und Reichtum verdammen. Um Schwarz-Weiß-Malerei geht es ihm nicht. Um Lach- und Wohlstandsverbote auch nicht. Wohl aber geht es darum, dass dem Menschen um das Schicksal des Mitmenschen eine Ader schlägt, dass wir selbst da, wo wir reich, satt, lachend und in aller Munde sind, die nicht vergessen, die im Fluss des Lebens unbedingt kenntlich bleiben müssen. Das Reich Gottes ist keine Versammlung von Kaltblütigen. Eher die Gemeinschaft derer, die aus der großen Drangsal kommen, und die mit heißem Herzen nicht vergessen, wie viele Drangsalierte es gibt.

 

Thomas Meurer

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