Exerzitien mit P. Pius

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Das neue alte Gebet

zum Evangelium am 17. Sonntag im Lesejahr C (Lk 11, 1 - 13)

Jesus betete, und als er das Gebet beendet hatte, sagte einer seiner Jünger zu ihm: „Herr, lehre uns beten!“ (Lk 11, 1). So etwas Verrücktes, möchte man denken. Denn die diesen Wunsch äußern, sind gläubige Mensen in der Nachfolge Jesu, die wahrscheinlich das ganze jüdische Gebetbuch, nämlich die Psalmen, auswendig kannten.

 

Wie kommen sie also dazu, Jesus aufzufordern, sie beten zu lehren? Offenbar haben sie ihn beim Beten beobachtet. Dabei muss ihnen aufgegangen sein, welch einmalige Beziehung Jesus zum göttlichen Vater unterhielt. Und nun wollten sie in diese Gottesbeziehung mit hineingenommen werden. Daher der Wunsch: Lehre uns ein neues, ein ganz anderes Beten, als wir es bisher gewohnt waren. Lehre uns so beten, wie du betest!

 

Und was tut Jesus? Er spricht seinen Jüngerinnen und Jüngern ein paar kurze Sätze vor, die ihnen dem Inhalt nach bereits bekannt sind. Mit anderen Worten, er lehrt sie gar kein neues Gebet. Vielmehr greift er auf die in der Hebräischen Bibel enthaltene Glaubensüberlieferung zurück, wo sich zahlreiche Parallelen finden. Jesus hat Gott schon früh als seinen Vater bezeichnet. Die Heilung seines Namens, das Kommen des Reiches, die Unterordnung unter Gottes Willen – das alles galt als selbstverständlich. Die Bitten ums Brot, die Vergebung der Schuld, um Bewahrung vor Versuchung und Prüfung – sie waren in Israel bekannt. Und der Schluss des Vaterunsers.

 

Jesus lehrt die Seinen kein neues Gebet. Aber er lehrt sie auf neue Weise zu beten. Irgendwie verhält es sich mit dem Vaterunser wie mit einem Bild, das jahrzehntelang in einer dunklen Ecke hing und dem man kaum Beachtung schenkte. Eines Tages holt jemand dieses Bild hervor, staubt es ab und reinigt es und hängt es an einen Ort, wo Licht darauf fällt – es ist nicht mehr das gleiche Bild. Man schaut es mit ganz anderen Augen an und sieht jetzt erst, was da eigentlich dargestellt ist: ein Gott, der mit allen Fasern seines Herzens an den Menschen hängt und ihnen all das schenken möchte, was sie zu einem erfüllten Leben brauchen.

 

Josef Imbach

 

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