An jedem zweiten
Fastensonntag der drei Lesejahre A, B und C bildet
die „Verklärung Christi“ jeweils das
Sonntagsevangelium.
Im Lesejahr A kommt
Mt 17,1 - 9 zu Gehör, in B: Mk 9,2 - 10 und in C: Lk
9,28 - 36.
Eine
kretische Ikone
aus dem 16. Jahrhundert mag uns helfen das
Evangelium von der Verklärung Christi zu betrachten
und seine Verkündigungsabsicht zu erschließen, wobei
natürlich die eigentliche
Verwandlung, griechisch „Metamorphose“,
lateinisch „Transfiguration“, ein Geheimnis
ist und bleibt.
Was
auffällt:
alles ist dreimal dargestellt, dreifach komponiert
ist.
Oben waagrecht drei
Gestalten, unten waagrecht drei Gestalten.
Mitte links drei
Gestalten, Mitte rechts drei Gestalten.
Dreifach gestaltet
ist auch die Landschaft.
Drei symbolisch
dargestellte Berge, terrassenförmig abgestuft. Zwei
silberne Berge rechts und links mit breiterem
Plateau, dazwischen – in der Mitte – ein spitzer
goldener Berg bzw. Fels.
Der Berg des Gesetzes
(Sinai), der Berg des Propheten (Horeb) und der „Berg des Herrn“ (Tabor).
Dreifach auch die Farbkomposition:
Der Grundton ist Gold – wie bei jeder Ikone.
Schwarz, hellbraun und rot die Gewänder.
Jesu schwarz-rote
Gewandung hat sich oben auf dem Berg in strahlendes
Weiß gewandelt, „weißer als Schnee“, in
reinstes Licht.
Licht
ist in der biblischen Sprache ein Symbol für Gott:
„Gott
ist Licht und keine Finsternis ist in ihm“
(1 Joh 1, 5)
Gottes Lichtglanz
breitet sich bei der Verklärung über Jesus aus,
bricht aus ihm hervor und leuchtet wie die Sonne aus
seinem Antlitz, durchstrahlt seinen Leib und macht
sein Gewand weiß wie Licht.
Die unerfahrbare und
unaussprechliche Herrlichkeit Gottes leuchtet aus
ihm.
Drei
Phasen
der biblischen Erzählung sind in einem Bild
dargestellt, drei nacheinander sich ereignende
Szenen ins eins gesetzt und anschaulich gemacht:
Aufstieg, Verklärung, Abstieg.
Jesus – jeweils mit
goldenem Kreuznimbus dargestellt – geht mit Petrus,
Jakobus und dessen Bruder Johannes auf einen hohen
Berg, „um zu beten“ wie Lukas hinzufügt.
Beim
Aufstieg
(Mitte links) geht Jesus voran, wendet sich aber um
und schaut die drei Apostel an. Mit der linken Hand
weist er ermutigend nach oben.
Beim
Abstieg
(Mitte rechts) kommt Jesus nach den vorausgehenden
Aposteln, die sich zu ihm umwenden und ihn
anschauen. Jesus hebt – vielleicht drängend,
vielleicht mahnend – den Zeigefinger der rechten
Hand. Sie sollen von dem, was sie gesehen und erlebt
haben nichts weitererzählen, „bis der
Menschensohn von den Toten auferstanden ist“.
Was die Jünger auf
dem Berg nach der Verklärung sehen und hören, werden
sie erst nach der Auferstehung begreifen.
Petrus scheint mit
seinem rechtem Arm und der Hand seine Gefährten zu
geleiten und zu führen.
Auf dem Berg wurde
Jesus „vor ihren Augen verwandelt“.
Mose
und Elija
erscheinen als Vertreter des Alten Testamentes und
reden mit Jesus. Lukas fügt hinzu „über seinen
Ausgang“, wörtlich „Exodus“, gemeint ist
sein Ende in Jerusalem.
Doch welchen Ausgang
nimmt das Leben und Wirken Jesu?
Endet Jesus am Kreuz?
Doch „musste nicht der Messias all das erleiden
und so in seine Herrlichkeit eingehen?“
Jesu Weg mündet in
die Verklärung. Er führt in jene Herrlichkeit, die
der Sohn von Ewigkeit besitzt.
Die
Ikone
zeigt Jesus auf der mittleren Berg- bzw. Felsspitze
stehend. Er ist in ein weißes Gewand gehüllt, mit
bloßen Füßen und segnend dargestellt.
Rechts von ihm Mose
mit den Gesetzestafeln in den verhüllten Händen,
links Elija mit der rechten Hand auf Jesus weisend.
Beide, Mose und Elija
sind zu Jesus, hingewandt. Beide neigen sich
ehrfurchtsvoll, demütig ihm zu.
In Jesus erfüllt sich
die Verheißung, die einst an sie ergangen ist.
Hinter Jesus
ist eine große, ovale, farblich abgestufte Aureole
mit vielen feinen, goldenen Strahlen zu sehen, ein
Lichtkranz, der von außen nach innen immer heller,
immer lichter wird.
Im
Rücken Jesu,
zwischen ihm und der Aureole, ist ein leuchtend
goldenes Rechteck mit spitzen Ecken dargestellt. Ein
Symbol für die leuchtende Wolke aus der die
göttliche Stimme ertönte: „Das ist mein geliebter
Sohn!“
Die Wolke ist Zeichen
der Gegenwart Gottes. Die Stimme, die spricht ist
die Stimme Gottes.
Jesus „ist das
Ebenbild des unsichtbaren Gottes… Gott wollte mit
seiner ganzen Fülle in ihm wohnen.“ (vgl. Kol 1,
15 - 20)
Drei lange, feine
Strahlen – von den Füßen Jesu ausgehend – sind nach
unten gerichtet. Jeder Strahl zielt zu einem
Apostel.
Die Strahlen
symbolisieren das göttliche Licht, das auf die
erschrockenen Apostel herabfällt und das sie
geblendet zu Boden wirft.
Petrus
links ist auf die Knie gesunken, schaut auf und hält
die linke Hand hörend ans Ohr. „Das ist mein
geliebter Sohn, auf ihn sollt ihr hören.“
Petrus will den
Augenblick festhalten und drei Hütten bauen (wieder
die Dreizahl!).
Johannes
stürzt kopfüber – mit seinen Händen nach Halt
greifend – den Berg hinab und wendet der
Verklärungsszene dabei den Rücken zu.
Jakobus
rechts ist halb sitzend halb liegend dargestellt. Er
stützt sich mit der linken Hand am Boden ab, schaut
aufwärts und hebt die linke Hand schützend vor die
Augen.
Die momenthafte
Offenbarung der Herrlichkeit, die nur den
Aposteln zuteil wird, die Jesus auch in Getsemani in
seine Nähe mitnimmt, kann nicht festgehalten, die
Seligkeit nicht verewigt werden.
Verklärung
ist nicht Endstation einer religiösen Begeisterung.
Sie ist eher
Wendepunkt und kurzer Augenblick vor dem Abstieg.
Das „Ende“ des
Lebens Jesu – darüber sprechen Mose und Elija mit
ihm – war alles andere als verklärt. Es war vielmehr
grausige Realität: Gefangennahme, Verspottung,
Folter, Angst, Leiden, Gottverlassenheit…
Gottes Herrlichkeit
bricht in der geheimnisvollen Erzählung von der
Verklärung zu den Aposteln und zu uns herein, damit
sie und damit wir wissen: hinter dem verborgenen,
leidenden, verachteten Christus – damals und heute –
leuchtet das Licht des in Herrlichkeit kommenden
Gottesreiches.
Christus geht mit uns
in die Niederungen des Alltags.
Er ist bei uns nicht
nur in Glück und Freude, sondern auch in den
zahlreichen grauen Stunden des Alltags.
Das
Evangelium berichtet,
dass die Jünger von schrecklicher Angst ergriffen
wurden und zu Boden fielen. „Da trat Jesus zu
ihnen, fasste sie an und sagte: Steht auf, habt keine
Angst!“ (Mt 17, 6).
Auch
uns ruft Jesus zu: „Habt keine Angst, steht
auf!“
Ja, stehen wir immer
wieder auf aus Angst und Betrübnis, aus Zweifel und
Dunkelheit, aus Verzagtheit und Furcht!
Die
Szene der Verklärung
ereignet sich auf dem Weg „hinauf nach Jerusalem“.
Dort wird ER sein
Leben hingeben, aus Liebe, für alle.
Der Glanz der
Verklärung war nicht das Ziel, sondern gleichsam „Zwischenhoch“ auf einem Weg, dessen Tiefpunkt
Jesus noch bevorsteht.
Verklärung:
Wetterleuchten von
Ostern auf dem Weg zur Passion!
Tabor ein
vorweggenommenes Osterfest!
Ziel
ist:
Auf IHN hören im Tal,
unter dem Kreuz.
Uns erinnern an das
Licht des Berges, wenn es finster wird.
Und vertrauen auf
sein Wort: Das ist mein Sohn. Er ist unser Licht und
unser Heil.
Meditationstexte:
1.
„Dies ist mein geliebter Sohn, an dem
ich Wohlgefallen habe; ihn sollt ihr hören!“
– Diese feierliche Proklamation und Bestätigung
geschieht nicht trotz der Passion, sondern gerade im
Blick auf sie, zur Bestätigung Jesu und seiner
Jünger.
Es ist von tiefer
Bedeutung, dass Leiden, Tod und Auferstehung schon
vor Ostern Jesus so deutlich vor Augen stehen und
zur Sprache kommen. Daran wird deutlich, dass
Christus seinen Kreuzestod nicht wie ein blindes
Schicksal erlitt, sondern in ihm ein göttliches
„Müssen“ erkannte, das – vom ewigen Ratschluss des
Vaters umfangen – Freiheit der Liebe bedeutet.
2.
Mose
konnte das göttliche Antlitz nicht schauen, ohne zu
sterben.
Den Jüngern aber
wurde auf dem Berg der Verklärung die Schau der
Gottheit im menschlichen Antlitz geschenkt. – In
dieser Stunde dürfen sie die göttliche Herrlichkeit
auf einem Menschenantlitz schauen.
Denselben Christus,
dessen Antlitz und Gewand sie kennen, sehen sie nun
vor ihren Augen verklärt: sein menschliches Antlitz
glänzte wie die Sonne und seine Kleider wurden weiß
wie Schnee.
3.
Lichtblick auf dem Berg – vor dem Antlitz des
Kreuzes
Weißes Kleid in der
Verwandlung –vor dem Rot der Verblutung
Bergende Wolke auf
dem Berg – vor der Verlassenheit am Kreuz
Liebende Stimme des
Vaters – vor der Stille des Todes
Lichtstrahl von
Ostern her – vor dem Anbruch der Todesnacht
Gebete
„Du unveränderliches
Licht des Vaters, o göttliches Wort,
in
Deinem aufblitzenden Licht haben wir auf dem Tabor
das Licht gesehen, das der Vater ist, und das Licht,
das der Geist ist, dieses Licht, das alle Kreatur
erleuchtet.“
(aus der Liturgie)
„Auf dem Berg wurdest
Du verklärt, Christus, Gott.
Die Jünger schauten,
wie sie es vermochten, Deine Herrlichkeit,
auf dass sie, wenn
sie Dich gekreuzigt sehen, nicht irrewerden,
sondern das Leiden
als freiwillig begreifen, der Welt aber verkünden,
dass Du in Wahrheit der Abglanz des Vaters bist.“
(aus der Liturgie)
„Herr, auf dem Weg
zum Leiden offenbarst du den Jüngern Dein wahres
Gesicht. – Schenke uns auf unserem Weg der Nachfolge
immer wieder solche lichte Augenblicke, dass wir
nicht mutlos werden, sondern entschieden unseren Weg
gehen.“
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