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					Das Bild zeigt die Taufe Jesu 
					im Jordan.  
					
					E s 
					handelt sich um eine Buchmalerei aus dem Hidta-Codex, 
					entstanden als Evangeliar, geschaffen von Mönchen der Kölner 
					Malschule, kurz nach dem Jahr 1000. 
					
					  
					
					Die Miniaturen des 
					Hidta-Codex zeichnen sich durch ihre unvergleichliche 
					Ausdruckskraft aus. So erscheint auch auf dem Bild der Taufe 
					Jesu nichts zufällig. Alles wird sparsam, mit bewusst 
					ausgewählten Farben und Konturen im Blick auf das 
					Wesentliche geschildert.  
					
					  
					
					Die Miniatur ist mit einer 
					leuchtend orangeroten Leiste eingefasst. 
					
					Die Taufe Jesu ereignet sich 
					in einer vom Wind bewegten Flusslandschaft. Beide Flussufer 
					oben und unten scheinen mit Pflanzen bewachsen zu sein. Am 
					oberen Ufer sind an den Bildrändern Bäume zu sehen, links 
					einer, zwei rechts. Mit ihren fiedrigen Blättern gleichen 
					sie Palmen, die sich, vom Wind bewegt, nach rechts hin 
					biegen. 
					
					  
					
					Oben im Bild ist der Himmel 
					dargestellt. Er ist mit Sternen übersät, elf davon sind groß 
					und golden, zwei sind kleiner und weiß. – Darunter ist als 
					Himmelsrand ein Segmentband zu sehen, das sich oval 
					herabsenkt und mit rot-weißen Streifen bzw. Strahlen 
					gekennzeichnet ist.  
					
					  
					
					Am oberen Flussufer ist auf 
					der linken Seite rechts vom Baum Johannes der Täufer 
					dargestellt. Sein Haupt ist von einem großen goldenen 
					Nimbus,  
					der mit einem doppelten Rand versehen ist, eingerahmt. 
					Johannes trägt einen Bart und lange Harre, die in Zöpfen 
					über die Schultern herabfallen. Er ist in ein 
					bräunlich-zottiges Kamelhaargewand gekleidet. Darüber hat er 
					um die Hüften und vorne (wie eine Schürze herabfallend) 
					einen weißen Mantel geknotet. Mit seinen Füßen steht er 
					schreitend im Wasser. Sein Oberkörper ist geneigt, beide 
					Arme ausgestreckt, wobei der rechte Arm überlang erscheint. 
					Mit den Fingern seiner rechten Hand berührt er sanft das 
					Haupt Jesu.  
					
					Während er dabei ist, Jesus 
					die rechte Hand zur Taufe aufzulegen, zeigt er gleichzeitig 
					mit seiner linken – nach oben geöffneten – Hand nach vorn 
					und in die Höhe. Sein Blick geht zu Jesus und zur Taube, die 
					den Heiligen Geistes symbolisiert.  
					
					Johannes bezeugt ja, dass er 
					den Geist wie eine Taube auf Jesus herabkommen sah. Und er 
					erkannte in ihm den verheißenen Messias, der mit Heiligem 
					Geist taufen wird (vgl. Joh 1, 32 - 33). 
					
					  
					
					Jesus steht bis zu den Hüften 
					nackt im Wasser, worin sich seine Körperkonturen dunkel 
					abzeichnen. Der Kopf Jesu ist nach links gewendet, ein wenig 
					geneigt. Die Augen sind weit geöffnet und schauen auf zu 
					Johannes. 
					
					Ein mächtiger Goldnimbus mit 
					Kreuzzeichen umgibt sein Haupt. 
					
					In die Kreuzarme des 
					Kreuzzeichens im Nimbus sind die Buchstaben L (oben), 
					V (links) und X (rechts) eingeschrieben, das lateinische 
					Wort LUX = LICHT. 
					
					  
					
					Links und rechts von Jesus 
					stehen auf Halshöhe griechische Kürzel: „IHC“ und „XPC“, die 
					„Jesus Christus“ bedeuten.  
					
					  
					
					Jesus Oberkörper ragt aus dem 
					Wasser heraus. Verglichen mit der mächtigen Gestalt Johannes 
					des Täufers wirkt er klein und schmächtig, zart, ja fast 
					zerbrechlich. Arme und Hände sind erhoben, ausgebreitet, 
					empfangsbereit, betend.  
					
					  
					
					Jesu Gestalt und Haltung 
					weist bereits hin auf den Gekreuzigten, der in gleicher 
					Blöße am Kreuzesholz seine Arme ausbreiten wird. Auch der 
					geneigte Kopf erinnert an die Stunde des Todesleidens Jes u, 
					wenn er im Sterben sein Haupt neigen wird, um den Geist 
					auszuhauchen (vgl. Joh 19.30), den er hier bei der Taufe im 
					Jordan empfangen hat.  
					
					  
					
					Wie im Sturzflug stößt von 
					oben eine große, weiß gefiederte Taube mit gestreckten 
					Krallen und mit dem Schnabel eines Raubvogels – fast wie ein 
					Adler – auf Jesus herab.  
					
					Die Kürzel „SPC“ (links) und 
					„SCS“ (rechts) kennzeichnen die Taube als „Heiligen Geist“. 
					Die Geisttaube ragt mit ihrem Schnabel in den Kreuznimbus 
					Jesu und mit ihrem Schwanz in das Himmelsband. Sie ist die 
					Verbindung zwischen dem menschgewordenen Sohn Gottes und 
					seinem Vater im Himmel.  
					
					  
					
					Die übergroße, deutlich 
					hervorgehobene Taube zeigt, dass Jesus vom Heiligen Geist 
					erfüllt ist und als Träger dieses Geistes im lebendigen 
					Wasser steht, welches seinerseits Sinnbild ist für Gottes 
					Geist (vgl. Jes 44, 3; Ez 36, 25 - 27; Joh 7, 38 - 39). 
					
					  
					
					Ganz rechts unten in der Ecke 
					liegt ein Mann mit Bart und langen Haaren auf dem Rücken am 
					Boden. Sein Kopf überschneidet ei n 
					wenig die innere Rahmenleiste. Auf seinem weißen Hemd stehen 
					die Worte „JORDAN FLUVIUS“. – Die Gestalt symbolisiert bzw. 
					personifiziert den Fluss Jordan.  
					
					Der Mann hält in seinen 
					Händen einen rötlichen Krug, der sich aus seinem Schoß wie 
					ein biegsamer Schlauch erhebt. Daraus entströmen über seinen 
					Kopf hinweg nach rechts die bläulich-weißen Fluten des 
					Jordan. Der Flussgott schaut versonnen auf die Öffnung 
					seines Kruges. Von der Taufe Jesu scheint er nichts 
					mitzubekommen.  
					
					  
					
					Über ihm wuchern am unteren 
					und oberen Uferstreifen goldene Ranken und im Wasser tummeln 
					sich fünf große delphinartige Fische mit großen Mäulern.
					 
					
					Mit staunenden, ja sogar 
					erfreuten Minen umkreisen sie die schattenhaften Umrisse des 
					in den Wassern stehenden Jesus.  
					
					Es ist als scheinen sie zu 
					ahnen, wer da als das wahre Licht in den Jordan 
					hinabgestiegen ist, um ihn durch seine Gegenwart zu heiligen 
					und zur neuen Flut des Taufwassers zu machen. 
					
					  
					
					So symbolisieren die Fische 
					bereits die Christen, die sich durch die Taufe im Wasser der 
					Gnade befinden. Und wo der durch Christus geheiligte Strom 
					hinfließt, beginnt die Wüste mit Bäumen und goldenen Ranken 
					zu blühen. Die Kraft der geheiligten Fluten macht die Ufer 
					des Jordan fruchtbar. 
					
					  
					
					
					Nachbemerkungen: 
					
					Erstens: Die 
					Kirchenväter haben die Taufe Jesu im Zusammenhang mit seiner 
					Menschwerdung gesehen. Jesus ist nicht nur heruntergekommen 
					bei seiner Geburt im Stall von Bethlehem, sondern er ist 
					hinein- und hinabgestiegen in die Fluten des Jordan. Die 
					Tiefen des Jordan stehen für die Abgründe unserer Welt und 
					die Tiefen unserer Seele. Jesus ist also in die Tiefen 
					dieser Welt hinabgestiegen und in die tiefste Tiefe unsere 
					Seele, dorthin, wo die Geister des Unbewussten lauern und 
					das Verdrängte in uns haust. Er ist hinabgestiegen, um zu 
					reinigen und zu läutern, um zu heilen, uns zu heiligen und 
					zu erlösen. 
					
					  
					
					Zweitens: Als Jesus 
					hineinsteigt in die Fluten des Jordan, da geschieht das 
					Wunderbare. Wie ein kostbares Tuch senkt sich (auf unserem 
					Bild) der Sternenhimmel auf ihn herab. Der Himmel öffnet 
					sich und während der Geist wie eine Taube auf ihn 
					niederfährt, spricht die Stimme des Vaters aus der Höhe: „Das ist mein geliebter Sohn, an 
					dem ich Gefallen gefunden habe.“ 
					
					  
					
					Drittens: 
					Die Taufe Jesu im Jordan kann uns an unsere eigene Taufe 
					erinnern. Da hat Gott auch zu einem jeden von uns gesagt:
					„Du bist mein geliebter Sohn, meine 
					geliebte Tochter. An dir habe ich Wohlgefallen.“ 
					
					Getauft sein heißt: Wir sind 
					bedingungslos angenommen. Wir sind geliebt. Und zwar ohne 
					unsere Vorleistung, ohne unser Verdienst!  
					
					Wir heißen nicht nur Kinder 
					Gottes, sondern wir sind es!  
					
					  
					
					Das wahrnehmen, verspüren, 
					verkosten! Das ganz tief in mich aufnehmen und mich davon 
					durchdringen und erfüllen lassen. 
					
					Wenn ich mich bedingungslos 
					angenommen und geliebt weiß, dann brauche ich mich vor 
					anderen nicht mehr rechtfertigen und beweisen. Ich darf 
					einfach sein. Gott schaut in Liebe auf mich.   |