Exerzitien mit P. Pius

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"Ich kenne den Menschen nicht" (Verleugnung)

Gedanken zu einem Bild von Sieger Köder

Das Bild zeigt im Vordergrund Menschen an einem Feuer. Einer davon – rechts unten im braunen Gewand – Petrus.

Er hat sich getraut, Jesus bis zum hohenpriesterlichen Palast zu folgen. Jetzt sitzt er geduckt und in sich zusammengekauert am Boden – alles andere als ein „Fels“, eher ein Häuflein Elend, ängstlich und verzagt.

 

Auf der anderen Seite des Feuers – Petrus gegenüber, ihm zugewandt – sitzen zwei Personen. Vorne, im roten Gewand, eine Frau und dahinter wohl ein Mann im grünen Gewand. Beide strecken ihre Hand bis hin zu Petrus und zeigen mit dem Finger auf ihn – die Frau die rechte Hand, der Mann die linke. Sie haben Petrus erkannt als einen, der zu Jesus gehört. Frank und frei sagen sie, dass auch er mit Jesus zusammen war.

 

Und Jesus? Er steht aufrecht im Hintergrund. Von ihm ist nur Kopf und Gesicht zu sehen und ein kleines Stück seines roten Gewandes. Vor Jesus stehen zwei – von oben bis unten, von den Händen bis zum Kopf – gepanzerte Soldaten. Der linke hat seine rechte Hand auf Jesu Schulter gelegt und der rechte streckt seinen linken Arm hinter dem Rücken seines Kameraden weit nach links und hält in der linken Hand eine Waffe, vielleicht einen Knüppel oder ein Schwert.

 

Sie stehen vor Jesus wie eine Wand, wie eine Mauer. Wie gegen einen Schwerverbrecher oder gar fast wie im Krieg sind sie gegen ihn ausgezogen, haben ihn gefangen genommen und bewachen ihn.

 

Petrus hat sich verkrochen. Er sitzt von Jesus abgewandt. Aber er dreht den Kopf. Er schaut auf. Über die Soldatenmauer geht sein Blick ängstlich zu Jesus.

Eigentlich wollte er nur schauen und wissen, wie es mit Jesus weitergeht. Er wollte die weitere Entwicklung der Ereignisse beobachten. So nah dran, dass er alles mitbekommt, was geschieht, aber auch auf Distanz, so dass es für ihn nicht gefährlich wird. – Doch unversehens ist er mittendrin. Durch die ausgestreckten Finger wird er einbezogen, involviert. Mitgehangen - mitgefangen?

 

„Der war auch mit Jesus zusammen“, sagt ihm die Magd auf den Kopf zu. Petrus aber leugnet und sagt: „Frau, ich kenne ihn nicht.“ Danach bemerkt ein anderer: „Du gehörst auch zu ihnen.“ Petrus erwidert erneut: „Nein Mensch, ich nicht!“ Einige Zeit später behauptet wieder einer: „Wahrhaftig, der war auch mit ihm zusammen. Er ist doch ein Galiläer!“ Petrus flucht und leugnet auch diesmal: „Mensch, ich weiß nicht, wovon du sprichst.“ Im gleichen Augenblick, noch während er redet, kräht ein Hahn. (vgl. Lk 22, 54ff.)

 

Der Hahn – auf dem Bild von Sieger Köder links oben, feuerrot, streckt Hals und Kopf nach oben. Der spitze Mund berührt den Bildrand. Er schreit den Verrat zum Himmel.

 

Das ist der Moment, wo Jesus Petrus anschaut. Was mag das für ein Blick gewesen sein? – Jedenfalls erinnert sich Petrus an das, was der Herr ihm im Abendmahlsaal vorhergesagt hat: „Ehe heute der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen.“ – Da geht Petrus hinaus. Tiefe Reue überkommt ihn und er fängt an zu weinen, heftig, bitterlich. (vgl. Lk 22, 61ff.)

 

Sieger Köder hat einen Petrus gemalt, der sich verkriecht. Ängstlich schlägt er den Mantel um sich. Kälte steigt hoch, eine Kälte, die auch kein noch so glühendes Kohlenfeuer zu vertreiben vermag.

Ganz tief ist Petrus gesunken. Weit, ganz weit ist er hinter dem zurückgeblieben, was er großspurig und selbstsicher im Abendmahlsaal versprochen und beteuert hat. Schmählich hat er versagt. Das ist bitter. Und wenn andere, wie in seinem Fall, ein solches Versagen mitbekommen, ist es auch noch peinlich, zum Schämen peinlich.

 

Symbolisiert die Soldatenmauer eine Trennung zwischen Petrus und Jesus? Sind sie nun geschiedene Freunde? Ist nun alles aus? – Doch vom Feuer steigen Funken auf. Sie gehen über die Soldatenmauer bis hin zu Jesus. Sind es Hoffnungsfunken?

 

Vor allem aber ist da der Blick Jesu. Liegt in diesem Blick vielleicht etwas von dem, wozu Jesus ihn trotz aller Schwäche und trotz allem Versagen bestimmt hat? „Ich habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht erlischt. Und wenn du dich wieder bekehrt hast, dann stärke deine Brüder!“ (Lk 22, 32)

 

Jesus lässt Petrus nicht fallen. Wo Reue ist, da ist Vergebung. Der Herr schenkt ihm seine verzeihende Liebe und damit einen neuen Anfang. Petrus ist bereit und fähig umzukehren und den neuen Anfang zu nutzen.

 

Es ist bedenkenswert und erstaunlich, dass die Verleugnung des Petrus, dieses schmähliche Versagen dessen, den der Herr „Fels“ genannt hat, nicht peinlich verschwiegen, vertuscht und unter den Teppich gekehrt wurde, sondern in allen Evangelien überliefert und detailliert geschildert wird.

 

Papst Franziskus sagte einmal in einer Predigt:

„Blicken wir in unser eigenes Leben. Wenn wir uns selbst gegenüber ehrlich sind, werden wir unsere Untreue sehen. Wie viel Unaufrichtigkeit, Heuchelei, Doppelzüngigkeit! Wie viele gute Absichten nicht gehalten! Wie viele Versprechen gebrochen! Wie viele Vorsätze aufgegeben!

Der Herr kennt unsere Herzen besser als wir selbst. Er weiß, wie schwach und unbeständig wir sind, wie oft wir fallen, wie schwer es uns fällt, wieder aufzustehen, und wie schwierig es ist, manche Wunden zu heilen.

Und was hat er getan, um uns zu helfen, um uns zu dienen?

Er heilte uns dadurch, dass er unsere Untreue auf sich nahm, dass er unseren Verrat hinwegnahm, damit wir uns nicht von Versagensängsten entmutigen lassen, sondern zum Gekreuzigten aufblicken können, uns von ihm umarmen lassen und sagen können: „Schau meine Treulosigkeiten! Du, Jesus, hast sie mir genommen. Du kommst mir mit offenen Armen entgegen, du dienst mir mit deiner Liebe, du unterstützt mich weiterhin … So habe ich Mut und gehe weiter!“

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