EVANGELIUM
Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern Spaltung
+Aus
dem heiligen Evangelium nach Lukas
In jener Zeit
sprach Jesus zu
seinen Jüngern:
49 Ich
bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen. Wie froh wäre ich, es würde schon
brennen!
50 Ich
muss mit einer Taufe getauft werden und wie bin ich bedrängt, bis sie vollzogen
ist.
51 Meint
ihr, ich sei gekommen, um Frieden auf der Erde zu bringen? Nein, sage ich euch,
sondern Spaltung.
52 Denn
von nun an werden fünf Menschen im gleichen Haus in Zwietracht leben: Drei
werden gegen zwei stehen und zwei gegen drei;
53 der
Vater wird gegen den Sohn stehen und der Sohn gegen den Vater, die Mutter gegen
die Tochter und die Tochter gegen die Mutter, die Schwiegermutter gegen ihre
Schwiegertochter, und die Schwiegertochter gegen die Schwiegermutter.
„Ich
bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen.
Wie
froh wäre ich, wenn es schon brennen würde.“
An diesem
Satz bin ich „hängengeblieben“ beim Lesen und Meditieren der
Gottesdienste-Texte dieses Sonntags.
Beim
Stichwort „Feuer“ denke ich an Lagerfeuer.
Ich
erinnere mich: bei Zeltlagern, war das immer einer der Höhepunkte. Es
verbindet die Menschen drum herum, es schmiedet zusammen und schafft ein
Gefühl von Gemeinschaft. Das Feuer übt eine geheimnisvolle Macht aus, es
fasziniert.
Ich
schaue gern in die Glut des Feuers und vernehme, wie es knistert und die
Flammen flackern, wie es bei Kälte wärmt und die Dunkelheit erhellt. Mir
kommt auch das Kaminfeuer in den Sinn. Von ihm geht Geborgenheit aus. In
seiner Nähe ist es gemütlich und behaglich.
Bei
„Feuer“ denke ich auch an den heiligen Franziskus. In seinem
Sonnengesang widmet er dem Feuer eine eigene Strophe. Er nennt das Feuer
„Bruder“. Er lobt Gott für das Feuer. „Mit ihm
erleuchtest du die Nacht. Es ist schön und freundlich, gewaltig und
stark.“
Luise
Rinser hat ein Buch über Franz von Assisi geschrieben und ihm den Titel
gegeben: „Bruder Feuer“. Bruder Franz hatte „Feuer gefangen“.
Er war „Feuer und Flamme“ für Jesus und seine Botschaft.
Franziskus war ein „glühender Mensch“. In ihm brannte eine
heilige Leidenschaft für Gott. Und er hat andere Menschen angesteckt,
entzündet und entflammt.
In
Schillers Lied von der Glocke heißt es: „Wohltätig ist des Feuers Macht, wenn es der Mensch bezähmt, bewacht.“
Aber das
Feuer hat auch eine andere Seite. „Wehe, wenn es losgelassen…“
Furchtbar
kann es losbrechen und alles niederbrennen. Sein Brand verheert und
zerstört. Alte Städte zählen ihre Geschichte nach Brandkatastrophen. –
Vulkane speien Feuer und lassen ringsum Wiesen, Wälder und Häuser in
Asche versinken. In mächtigen Explosionen und Atombränden nimmt es keine
Rücksicht auf das, was lebt. Schon eine kleine Zigarettenkippe kann
riesige Waldbrände entfachen.
Beim
Stichwort „Feuer“ kommen mir auch die brennenden Synagogen 1938 in den
Sinn und brennende Asylantenheime heute. Aber auch Menschen, die in der
Weltpolitik „mit dem Feuer spielen“ und so manche, die sich schon
„die Finger verbrannt“ haben.
Was kommt
Ihnen in den Sinn, liebe Mitchristen, und was bewegt Sie, wenn Sie an „Feuer“ denken?
„Ich
bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen.
Wie
froh wäre ich, wenn es schon brennen würde.“
Jesus als
„Feuerteufel“, als Brandstifter? Kann das sein?
Was ist
mit „Feuer-auf-die-Erde-werfen“ gemeint? Was hat Jesus selbst
unter „Feuer vom Himmel“ verstanden?
Zunächst
sei angemerkt, dass die Fachleute (Exegeten und Bibelwissenschaftler)
dieses Feuer-Wort zu den ureigenen Worten Jesu (ipsissima verba) zählen.
Somit führt es uns ganz nahe an das Denken, Fühlen und Sprechen des
historischen Jesus.
„Ich
bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen.
Wie
froh wäre ich, wenn es schon brennen würde.“
Unwillkürlich lässt mich dieser Satz an das Feuer denken, das auf Jahwes
Befehl über Sodom und Gomorra niederging und alle Sünder und Frevler
verzehrte.
Sodann
kommt mir die Begebenheit in den Sinn, wo einige der Apostel, als ihnen
ein samaritisches Dorf die Gastfreundschaft verweigerte, erregt
forderten: „Herr, sollen wir befehlen, dass Feuer vom Himmel fällt
und sie vernichtet?“ (Lk 9, 54)
Liegt
Jesus auf dieser Linie? Ist er gekommen, um ein schreckliches
Strafgericht über die Menschen zu bringen? Wäre er in diesem Sinne froh,
wenn alles schon brennen würde?
Kann das
sein? Ist Jesus gekommen, um zu vernichten und zu verderben? – Sagt er
nicht von sich, dass er nicht gekommen ist zu richten, sondern um zu
retten? (Joh 3, 17) Sagt er nicht von sich selbst, dass er gekommen ist,
um zu suchen, was verloren war und zu heilen, was verwundet ist? – Ist
er nicht der, der das geknickte Rohr nicht zerbricht und den glimmenden
Docht nicht auslöscht? Jesus weist die Apostel in Schranken, die Feuer
auf das samaritische Dorf herabrufen möchten. Er will kein zerstörendes
Feuer von oben. In seinen Worten und seinen Heilungen haben die Menschen
vielmehr erlebt, dass er das Heil aller Menschen will.
Wohl hat
Jesus das Fähnchen nie in den Wind gehängt und niemandem nach dem Mund
geredet. – Wohl war er gelegentlich wie ein „reinigendes Feuer“,
das die Spreu vom Weizen trennt. Und in seinem Wort, das ganz der
Wahrheit verpflichtet war, lag etwas von der Schärfe des Schwertes. Er
hat Konflikte nicht gescheut.
Aber
Jesus hatte keine Freude am Untergang. Jesus hat seine Sendung „heilbringend“ verstanden, nicht strafend und vernichtend. Sein Wort
ist keine Drohbotschaft, sondern eine Frohbotschaft.
Darum
darf man bei dem Feuer-Wort nicht nur an die Gefährlichkeit des Feuers
denken, sondern auch daran, dass mit jedem Feuer Licht und Wärme,
Energie und Leben gegeben ist.
Gott
selbst erscheint im Alten Testament oft unter dem Bild des Feuers. Der
Dornbusch, in dem Mose Gott begegnet, brennt, ohne zu verbrennen. Beim
Auszug aus Ägypten begleitete eine Feuersäule die Israeliten. Ein Bild
für die Gegenwart Gottes.
Gott ist
da und geht mit. Er schenkt seine Nähe. Er führt und leitet.
Gott ist
wie Feuer, das hell aufflammt und unser Dunkelheit erleuchtet. Gott ist
aber auch wie Feuer, das alles in uns verbrennt, was unklar und
verhärtet ist, was dem Leben entgegensteht. Gott ist wie Feuer, das
reinigt, läutert und verwandelt.
„Ich
bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen.
Wie
froh wäre ich, wenn es schon brennen würde.“
Für
den Evangelisten Lukas, der uns dieses Feuer-Wort überliefert, ist das
Feuer vor allem der Heilige Geist, den Jesus als der Auferstandene auf
die Erde wirft. Jesus sehnt sich danach, durch Tod und Auferstehung
hindurchzugehen, um seinen Jüngern den Heiligen Geist als Feuer zu schenken,
Feuer, das ihre Herzen entzündet, erleuchtet und verwandelt. Diese
Verwandlung haben die Emmausjünger erfahren. Nach ihrer Begegnung mit
Jesus bekennen sie: „Brannte nicht unser Herz,
als er unterwegs mit uns redete und uns den Sinn der Schrift erschloss?“
Von
manchen Menschen sagen wir, dass sie „brennen“ oder dass sie „Feuer in sich haben“. Ihre Augen glühen von einem inneren Feuer. In
ihnen ist eine Leidenschaft. Von ihnen geht etwas aus. Da springt leicht
ein Funke auf andere über und weckt Begeisterung und Leben.
Ein
Jesus-Wort, das uns außerhalb der Evangelien überliefert ist – Origines
(185 - 254) zitiert es – heißt: „Wer mir nahe ist, ist dem Feuer
nahe.“ Wer sich wirklich in die Nähe Jesu begibt, muss damit
rechnen, dass er Feuer fängt.
In
einem Lied, das in Jugendgottesdiensten gern gesungen wird, heißt es:
„Einer hat uns angesteckt mit der Flamme der
Liebe. Einer hat uns aufgeweckt und das Feuer brennt hell.“
Jesus
will, dass durch den Heiligen Geist die Jüngergemeinde zu einem
Feuerbrand wird, der die ganze Erde erfasst.
„Ich
bin gekommen, um Feuer auf die Erde zu werfen.
Wie
froh wäre ich, wenn es schon brennen würde.“
Jesus
lädt uns ein, seine Sendung mit zu vollziehen und weiter zu führen. Er
lädt uns ein, uns von seinem Feuer, von seinem Geist ergreifen und von
seiner Liebe entzünden zu lassen. Er will und braucht keine Tranfunzeln.
Er will nicht, dass wir nur Asche hüten.
Seine
Botschaft ist nicht einfach für den internen Gebrauch, für das
gemütliche Zuhause, für die Studierstube, für das Bücherbrett, für den
Safe gedacht.
„Löscht den Geist nicht aus!“
ruft Paulus den Christen in Thessalonich zu (1 Thess 5, 19). – Auch wir
sollen nicht Feuerwehr spielen, sondern mithelfen, dass das Feuer, das
Jesus heute auf die Erde wirft, kräftig geschürt wird und – im guten
Sinn – ein „Flächenbrand“ entsteht.
Jesus
lädt uns ein – wie er und mit ihm – „Brandstifter“ der göttlichen Liebe
zu sein. Dann könnte es „funken“ auch bei anderen, dass auch sie zum
Brennen und Glühen kommen durch das Feuer unserer Liebe, durch die Wärme
unserer Barmherzigkeit, durch das Licht unserer Freundlichkeit und
Güte., aber auch durch unser glaubwürdiges, konsequentes und
gleichzeitig frohes Christenleben.
Was
brauchen wir heute mehr als dieses Feuer?
In
einem Artikel einer großen Tageszeitung stand der Bericht eines
Journalisten zur Lage der katholischen Kirche in Deutschland. Die
Überschrift lautete: „Zu matt flackert das
Feuer.“
Was
können wir das Feuer wieder entfachen? Wie können wir es wieder größer
und lebendig werden lassen?
Feuer
will genährt werden. Überlässt man es sich selbst, wird es irgendwann
verlöschen. Es geht aus. Irgendwann ist dann nur noch ein Häuflein Asche
übrig.
Aber oft
ist unter der Asche noch Glut. Im Zeltlager haben wir am Morgen, wenn
das Lagerfeuer längst abgebrannt war, oft noch versucht, das Feuer
wieder zu entfachen. Wir haben die Asche beiseite geräumt, die Glut
wieder freigelegt, Papier, Karton, trockene Holzspäne und dürres Reisig
darauf gelegt und dann ausdauernd und kräftig hineingeblasen. Mit viel
Geduld ist es immer wieder gelungen, die Glut neu zu entfachen. Und ich
weiß noch: ein ganz kleines bisschen Glut genügte schon, um ein großes
Feuer entstehen zu lassen. Wichtig war neben gut brennbarem Material das
Hineinblasen in die Glut, der Luftzug, der Wind. Das hat der Glut wieder
Kraft gegeben
Mir sagt
das – und übertragen auf den Glauben macht mir das Hoffnung: Wenn ich
offen bin für Gottes Wort, für seinen Geist, wenn ich mich von ihm
erfüllen und durchdringen lasse, wenn ich dem Lebensatem Gottes in mir
Raum gebe, dann kann die Glut meines Glaubens entzündet werden und die
Flamme kraftvoll und lebendig werden und ansteckend und übergreifend
wirken wie ein Feuer. |