Am 23
September 1968 war Pater Pio von Gott heimgerufen worden. Drei Jahrzehnte
nach seinem Tod, am 2.
Mai 1999, erfolgte die Seligsprechung durch Papst
Johannes Paul II. und schon drei Jahre später, 2002, wurde Pater Pio vom
gleichen Papst heiliggesprochen.
Von Johannes Paul II.
wird gesagt, dass er 1947 als junger Priester Pater Pio besucht habe und
damals schon habe der Kapuzinerpater dem jungen polnischen Geistlichen
sowohl seine Wahl zum Oberhaupt der katholischen Kirche als auch ein
Attentat vorausgesagt, das er nur ganz knapp überleben werde. Am 13. Mai
1981 geschah dann dieses schreckliche Attentat.
Auch
als Kardinal von Krakau hat Johannes Paul II. Pater Pio besucht und als
Papst hat er es sich nicht nehmen lassen, zu seinem Grab nach San
Giovanni Rotondo zu pilgern.
Die Teilnehmer
an der Beerdigung von Pater Pio beliefen sich auf ca. 100.000. Die Feier
der Seligsprechung wurden via Fernseher nicht nur auf den Petersplatz,
sondern auch auf den Platz beim Lateran sowie nach San Giovanni Rotondo
übertragen, um den Tausenden, ja Millionen Interessierten die Teilnahme
zu ermöglichen – ein bis dahin einmaligen Vorgang. Bei der
Seligsprechung soll es in Italien keine Tankstelle, keinen Supermarkt
und keine Kirche gegeben haben, wo nicht ein Bild von Pater Pio zu sehen
war. Ein ähnliches Aufsehen erregte seine Heiligsprechung.
In
Italien hat Pater Pio, was Popularität und Verehrung angeht, sogar Franz
von Assisi und Antonius von Padua den Rang abgelaufen. Und das will was
heißen! Seit Jahrzehnten ist Pater Pio der italienische
Volksheilige. In Süditalien kennt ihn fast jedes Kind. Sein Bild oder
eine Statue von ihm ist häufig zu finden: in Wohnungen sowieso, aber
auch in Tankstellen, Einkaufszentren, Pizzerien und auf LKWs.
Pater Pio
ist im Jahr 1887 in Pietrelcina, einem kleinen Dorf in Süditalien als
jüngstes von 8 Kindern geboren. Bei der Taufe bekam er den Namen
Francesso (nach Franziskus von Assisi).
Als Kind
hütete er die Schafe und Ziegen. Man nannte ihn das „Bleichgesicht“,
weil er immer kränklich aussah. Als seine geistliche Berufung klarer zum
Vorschein kam, durfte er bei einem Lehrer Unterricht nehmen.
Mit 16 Jahren
trat er in das Noviziat der heimatlichen Kapuziner ein, musste aber
wegen Krankheit das Kloster bald wieder verlassen. Er litt an
Schwindsucht. Man war sich einig, dass er nicht zu einem Klosterleben
tauge und für den Priesterberuf schon gar nicht geeignet sei.
Schließlich
wurde er – trotz aller Bedenken – doch in den Kapuzinerorden aufgenommen
und erhielt bei der Einkleidung den Ordensnamen Pius (italienisch Pio).
Trotz
seiner angegriffenen Gesundheit führte er ein asketisches Leben und auch
schon als Theologiestudent ein ausgeprägtes mystisches Leben, über das
wir durch Briefe ausführlich unterrichtet sind, die er an seinen
geistlichen Begleiter schrieb.
1907
legte Pio die ewigen Gelübde ab und wurde 1910 im Dom zu Benevent zum
Priester geweiht. Danach blieb er zunächst aus gesundheitlichen Gründen
bei seiner Familie.
Im 1.
Weltkrieg wurde er als Soldat eingezogen, aber schon nach kurzer Zeit
wieder entlassen.
1916
schickten ihn seine Oberen in das Kapuzinerkloster von San Giovanni
Rotondo auf dem Gargano, damals ein ganz unbedeutender Ort hochgelegen
in den Bergen. Man erhoffte sich dort eine gewisse Besserung seines
Gesundheitszustandes. Dort, in San Giovanni Rotondo, sollte er sein
Leben lang bleiben.
Schon seit 1915
litt Pater Pio an einem unerklärlichen Phänomen, nämlich an unsäglichen
Schmerzen an der Seite, an Händen und Füßen.
Am 20. September 1918,
als er nach der heiligen Messe Danksagung hielt, geriet er – in inständiges
Gebet versunken – in höchste Freude und zugleich tiefen Schmerz. In
einer Vision sah er, wie feurige Lichtstrahlen sein Herz sowie die Hände
und Füße durchbohrten. Er verlor das Bewusstsein, brach zusammen und lag
im Blut, das aus den Wunden kam, die sich jetzt zeigten.
Pater Pio sagte später:
„Ich wäre gestorben, wenn der Herr nicht eingegriffen hätte, um mein
Herz zu stützen, das aus der Brust zu springen schien.“ Er bat Gott,
die ständig schmerzenden Stigmata von ihm zu nehmen. Aber sie sollten
ihn zeitlebens bleiben.
Es
begann eine leidvolle Zeit für Pater Pio.
Zu den
Schmerzen der Wunden kamen immer wieder kirchlich angeordnete
medizinische Untersuchungen, aber auch Verkennung und Verleumdung. Man
bezichtigte ihn der Hysterie und hielt ihn für einen Schwindler. Weil er
die Massen anzog, gab es natürlich auch Eifersucht und Missgunst. Es gab
Jahre, in denen Pater Pio mit kirchlichen Sanktionen belegt war.
Papst Pius XI.
verbot ihm über Jahre hinweg die öffentliche Feier der Eucharistie, bis
er diese 1933 wieder zuließ. Ebenso die Spendung des Bußsakramentes. Es
war eine ganz harte Prüfung für Pater Pio. Doch er beugte sich und
gehorchte. Er nahm auch dieses Kreuz auf sich. Die Wundmale waren ja ein
äußeres Zeichen seiner inneren Verbundenheit mit dem Gekreuzigten.
Nach der Stigmatisation
versuchte der Orden zunächst die Geschehnisse geheim zu halten. Doch die
Nachricht vom Kapuzinerpater mit den Wundmalen Christi verbreitete sich
in Windeseile.
Bald
kamen die ersten Pilger nach San Giovanni Rotondo und sie wurden immer
zahlreicher. Viele versuchten seine Stigmata zu küssen, seinen Segen zu
erlangen oder erbaten Rat und Hilfe in Fragen, Sorgen und Nöten. Man
umlagerte seinen Beichtstuhl.
Nicht selten
verbrachte Pater Pio bis zu zwölf Stunden am Tag im Beichtstuhl. Viele
wollten dabei sein, wenn er die Heilige Messe feierte. Die Gläubigen, die
daran teilnahmen, spürten die Tiefe und Fülle seiner Spiritualität. Bei
seinen Messen schien er der Wirklichkeit entrückt. Jeder Augenblick der
Feier wurde zu einem Hauch von Ewigkeit.
Auch im
Bereich der christlichen Nächstenliebe bemühte sich Pater Pio, die Leiden
und Nöte zahlreicher Menschen zu lindern.
Von den
vielen Geldspenden, die ihm übermittelt wurden, gebrauchte er nichts für
sich selbst. Auch da gab es einmal Irritationen. Doch der Verdacht, Pater Pio würde die Gelder nicht richtig verwalten, ließ sich bald entkräften.
Die Gelder flossen in den Bau eines der modernsten Krankenhäuser
Süditaliens, das “Haus zur Linderung des Leidens“, wie es genannt
wurde.
Pater Pio
hatte verschiedene Charismen, Gnadengaben.
Zum
Beispiel das Charisma der Krankenheilung. Bekannt geworden ist
vor allem die Heilung eines blinden Mädchens. Es kam ohne Pupillen auf
die Welt. Nach verschiedenen ärztlichen Untersuchungen war eindeutig,
dass es niemals würde sehen können. Pater Pio hat ihm durch sein Gebet und
Opfer das Augenlicht wiedergeschenkt. Das Mädchen sieht bis heute, ohne
Pupillen, medizinisch ein Ding der Unmöglichkeit.
Ein weiteres Charisma
war die sogenannte Herzensschau.
Es kam
immer wieder vor, dass Pater Pio Menschen, die bei ihm beichteten, ihre
Sünden exakt nannte, wenn diese es mit dem Sündenbekenntnis nicht so
genau nahmen. Es geschah auch, dass er aus der Menge der Leute, die ihn
aufsuchten, Personen zu sich rief, die ihm völlig unbekannt waren. Er
redete ihnen ins Gewissen, ihr Leben zu ändern bzw. sich Hilfe zu
erbitten.
Von Pater Pio
wird auch gesagt, dass er die Gabe der Bilokation besessen habe.
Mehrfach wird bezeugt, dass er zur gleichen Zeit an räumlich
verschiedenen und z.T. weit auseinander liegenden Orten gesehen wurde.
Schließlich
besaß Pater Pio noch eine Gabe: die der Prophetie.
Wie schon
erwähnt, soll er einem jungen polnischen Priester namens Karol Wojtyla
vorausgesagt haben, dass er einmal Papst werden und ein schweres
Attentat erleiden wird.
Pater Pio
wollte nur Werkzeug Gottes sein und verwahrte sich gegen alle
Wundersucht und Neugier. Er selbst hielt sich für unnütz und der Gaben
Gottes unwürdig. Er glaubte von sich, voll von Gebrechlichkeiten und
doch gleichzeitig mit göttlichen Gnadenerweisen überschüttet zu sein.
Bei aller Bewunderung
seitens der Welt wiederholte er oft:
„Ich möchte nur ein einfacher Bruder sein, der betet.“
Und er pflegte zu sagen: „In den Büchern suchen
wir Gott. Im Gebet finden wir ihn. Das Gebet ist der Schlüssel zum
Herzen Gottes.“
Pater Pio
suchte Menschen, die mit ihm bereit waren, nach dem Evangelium zu leben.
Er gründete Gebetsgemeinschaften und nahm Gläubige, die nach dem Willen
Gottes zu leben versuchten, als seine geistlichen Kinder an. Als Pater Pio
am 23. September 1968 im Alter von 81 Jahren starb, zählte diese
Gemeinschaft über zwölf Millionen.
Bereits Papst Paul VI.
äußerte 1971 gegenüber einer Versammlung von höheren Oberen aus dem
Kapuzinerorden:
„Seht,
welchen Ruhm er erlangt hat! Seht, welch weltweite Gefolgschaft er um
sich versammelt hat! Und warum? Weil er vielleicht ein Philosoph war?
Weil er ein weiser Mann war? Weil er bemittelt war? – Nein, weil er
demütig die Messe feierte, vom Abend bis zum Morgen Beichte hörte, und
weil er, schwer zu sagen, ein mit den Wundmalen unseres Herrn
Gezeichneter war, ein Mann des Gebetes und des Leidens.“
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