Exerzitien mit P. Pius

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Bernhard von Clairveaux (20. August)

 

Bernhard von Clairveaux ist eine der ganz großen Gestalten des Mittelalters und wohl die bedeutendste und einflussreichste Persönlichkeit des 12. Jahrhunderts. So sehr hat er seine Zeit geprägt und ihr den Stempel aufgedrückt, dass man sogar vom „bernhardinischen Zeitalter“ spricht.

 

Bernhard wurde um 1090 bei Dijon als 3. Kind einer burgundischen Adelsfamilie geboren. Im Jahr 1112, vier Jahre nach dem Tod seiner Mutter, trat er in das Zisterzienserkloster von Citeaux ein. Die Zisterzienser sind ein Reformzweig – also eine strengere Variante – der Benediktiner.

Sein Vater versuchte vergeblich den hochbegabten 21-jährigen von diesem Schritt abzuhalten. Stattdessen gelang es Bernhard 30 weitere Gleichgesinnte aus seiner Familie, seiner Verwandtschaft und seinem Freundeskreis zum Eintritt in das strenge, von asketischer Härte bestimmte Reformkloster zu bewegen.

 

Nie, auch nicht in den apostolischen Zeiten, war ein so zahlreicher und geschlossener Auszug aus der Welt erlebt worden.

Nie, auch nicht in den Zeiten der Verfolgung war gleichsam eine ganze Sippe mit allen ihren Mitgliedern von einer Burg in ein Kloster übergesiedelt.

Citeaux, das bis dahin vor sich hindümpelte und auszusterben drohte, erlebte einen neuen und ungeahnten Aufschwung.

 

Die dreißig Novizen fanden Nachahmer. Bereits drei Jahre später konnten zwei Neugründungen vorgenommen werden.

Bernhard wurde an der Spitze von 12 Mönchen zur Gründung von Clairveaux ausgesandt, dessen erster Abt der 25-jährige wurde.

 

Clairveaux heißt übersetzt „Schöntal“, aber das Tal war erst noch schön zu machen, zu roden und trocken zu legen. Behausungen waren zu errichten, alles mit eigenen Händen, ein Gotteshaus und Häuser für die Mönche, dazu Ställe und Scheunen und was sonst noch zu einem autarken Kloster gehört.

 

Nachdem große Anfangsschwierigkeiten überwunden waren, blühte die Abtei rasch auf, so dass schon im Jahre 1118 das erste Tochterkloster gegründet werden konnte.

 

Bernhards Initiative sind bis zu seinem Tod weitere 68 Klostergründungen mit z. T. hunderten von Mönchen in Europa zu verdanken, darunter auch Himmerod in der Eifel und Eberbach im Rheingau. Deshalb wird Bernhard auch als „zweiter Gründer des Ordens“ angesehen.

 

Wie ist diese lawinenartige Ausbreitung der neuen Klosterreform zu verstehen? Die Kirche war verweltlicht und wenig vom Geist Jesu Christi beseelt und geprägt. Sie war überaus reich und mächtig. Auch die Klöster waren reich geworden. Und die Mönche hatten sich in ihrem Lebensstil weltlichen Herren angepasst. Deshalb wurde in der Kirche der Ruf nach einem evangeliumsgemäßen Leben laut. Und religiös ergriffene Menschen suchten – ganz in der Vorstellung der damaligen Zeit – die größere Treue zu Jesus Christus in der Rückkehr des Mönchtums zur Einfachheit des Lebens zu verwirklichen.

Die Zisterzienser verwirklichten dieses Anliegen in einer lebensfähigen Form. Die Mönche waren wieder selbst zur Handarbeit verpflichtet (die Benediktiner hatten dafür ihre Angestellten oder ihre „Laienbrüder“). Die Kirchen der neuen Klöster durften nur einen kleinen Dachreiter (und keinen Turm) haben. Der Gottesdienst war betont schlicht und einfach.

Bernhard ist als Abt von Clairveaux die Seele dieser zisterziensischen Bewegung, die bald über die Klöster hinausgreift und das gesamte Abendland prägt.

 

Bernhard erwählte Maria zur Patronin, zur „Mutter“ von Clairveaux. Er förderte die Marienverehrung. Er selbst pflegte eine innige Liebe zu Maria und dichtete wunderbare Marienlieder.

Die Muttergottes war für Bernhard das über allen Geschöpfen liebenswürdigste Geschöpf, auf das sich die Liebe Gottes gleichsam mit größerem Wohlgefallen herabgelassen hatte.

Wer sie liebte, der liebte Gott selbst, der es nicht verschmäht hatte, „ihr Geschöpf“, ihr Kind zu werden.

Als wahrer Liebhaber der Madonna wurde er nie müde, sie zu grüßen und zu preisen, mit unaufhörlichen Ave und immer wiederholten Salve Regina.

Im Dom von Speyer betete er, vom Lob Mariens hingerissen, allein weiter, während die anderen schwiegen, und fügte spontan jene dreifache Anrufung hinzu, die das Salve Regina bis dahin noch nicht kannte: „O clemens, o pia, o dulcis virgo Maria. O gütige, o milde, o süße Jungfrau Maria“.

 

Gleichzeitig war Bernhard ein von Jesus Christus und seiner Botschaft ergriffener und von Gottes Geist erfüllter Mann, ein glühender Mensch mit einem leidenschaftlichen Herzen, der andere wiederum ergreifen, in seinen Bann ziehen, mitreißen und begeistern konnte.

Bernhard war ein begabter und begnadeter Prediger. Auch wo man seine Sprache nicht verstand, war der Eindruck seiner Persönlichkeit gewaltig. Bernhard vermochte mit seinen Predigten die Menschen zu treffen und für Gott zu begeistern. Aus seinen Worten sprach eine große Liebe.

Man hat die Predigten des heiligen Bernhard als „glühende Prosa“ bezeichnet. Sie verbreiteten eine Atmosphäre des Angenommenseins von Gott, einen christlichen Optimismus, den Optimismus des Glaubens an die schon geschehene Erlösung, an den Sieg Christi, an dessen Vollendung in der Zukunft.

 

Bernhard verlässt immer wieder das Kloster, um in das Zeitgeschehen und innerkirchliche Auseinadersetzungen einzugreifen.

Zu Bernhards großen Fähigkeiten gehörte es, Streit zu schlichten.

Im Papstschisma 1130 – 1138 warb er für Papst Innozenz II. in Frankreich, England, Deutschland und Italien. Seinem Einfluss ist es zu verdanken, dass das Schisma aufgehoben wurde.

 

Seine Meinung und Vermittlung wurden von den Mächtigen seiner Zeit geschätzt. Papst und Kaiser, Bischöfe und Fürsten suchten seinen Rat. Aber er redete niemandem nach dem Munde und hängte sein Fähnchen nicht in den Wind.

Er nimmt gegen häretische Strömungen im Volk und unter den Theologen Stellung und spart auch nicht mit heftiger Kritik an den Zuständen am päpstlichen Hof in Rom.

 

Etliche Zeitgenossen Bernhards, auch Zisterziensermönche, riefen zur Unterdrückung, Verfolgung, manchmal auch Ermordung der Juden auf. Bernhard stellte sich solchen Aufforderungen energisch entgegen. In Mainz soll er mit seinem Einschreiten jüdische Bürger davor bewahrt haben, verfolgt und ermordet zu werden.

 

Papst Eugen III., vorher Mönch von Clairveaux, schrieb Bernhard ein eindringliches Mahnschreiben. Darin heißt es:

„Wenn du dein ganzes Leben und Erleben völlig ins Tätigsein verlegst und keinen Raum mehr für Besinnung vorsiehst, soll ich dich da loben? Wie kannst du voll und echt Mensch sein, wenn du dich selbst verloren hast?“

„Gönne dich dir selbst“, sagt er dem Papst, mahnt ihn zu rechtem Maß in der Arbeit und warnt ihn, fürsorglich und barmherzig mit sich umzugehen.

 

Papst Eugen III. beauftragte Bernhard, den (zweiten) Kreuzzug zu predigen. So ist Bernhard von Clairveaux als Kreuzzugsprediger bekannt und berühmt geworden.

1070 war Jerusalem von den Türken erobert und die Grabeskirche zerstört worden. Das Heilige Land und seine christlichen Stätten waren für Wallfahrer nicht mehr oder nur schwer zugänglich.

Aus tiefer Liebe zum Christentum predigte Bernhard leidenschaftlich den Kreuzzug. In Vezelay rief er einen wahren Begeisterungssturm für den Kreuzzug hervor. Berühmt ist auch seine Predigt im Speyrer Dom an Weihnachten 1146. Damals gelang es ihm den zunächst zögernden König Konrad III. zur Teilnahme am Kreuzzug zu bewegen.

 

Doch der Kreuzzug wurde ein Fiasko, eine Riesenenttäuschung und hat viel Leid und großes Elend über die Menschen gebracht.

 

Die Niederlage der Kreuzritter traf Bernhard sehr. Das Scheitern dieses Unternehmens und die fatalen Nebenwirkungen gehören zu den Schattenseiten in seinem Leben und Wirken. Aber es wäre unfair, ihn darauf zu reduzieren. Das würde ihm nicht gerecht.

 

Doch Bernhard wurde nach dem fehlgeschlagenen Kreuzzug heftig angefeindet. Er musste sich bittere Vorwürfe anhören und schwere Angriffe aushalten. Er verzichtete jedoch darauf, sich zu rechtfertigen und erfuhr in diesem Nichtverstandenwerden die Gemeinschaft mit dem leidenden Jesus.

 

Am 20. August 1153 starb Bernhard im Kloster zu Clairveaux.

Zuvor war er, schon todkrank, auf Drängen des Bischofs von Trier nach Metz gereist, um zwischen hadernden Parteien Frieden zu stiften. Seine Mission hatte Erfolg.

 

Bernhard von Clairveaux hat viel bewegt in seinem Jahrhundert. Immer wieder hat er Frieden gestiftet, doch auch zum Kreuzzug aufgerufen. Oft genug hat er Erfolg gehabt und wurde bewundert. Das Kreuzzugsunternehmen endete allerdings im Misserfolg und brachte ihm Feindschaft und ätzende Kritik ein.

 

Kein Mensch ist aus einem Guss. Jeder hat seine Licht- und Schattenseiten. Und niemand kann es allen recht machen. Das gilt auch für die Heiligen und besonders für den heiligen Bernhard.

 

Bernhard von Clairveaux: Ein Mann mit vielen Gesichtern.

Er selbst nennt sich die Chimäre bzw. das Chamäleon seines Jahrhunderts.

„Chimäre“ ist ein mythisches Fabeltier, Feuer speiend, vorn Löwe, in der Mitte Ziege, hinten ein Drache. Also verwirrend, unheimlich, gefährlich – jedenfalls nicht auf eine Formel zu bringen.

Einerseits ein Intellektueller, vertraut mit den Geistesströmungen seiner Zeit, von scharfem Urteil und Verstand, andererseits zugleich ein tieffrommer Mensch, ein Mystiker, gefühlvoll, glühend vor Eifer, hingerissen von Gott, von Jesus Christus und seiner Mutter Maria.

Einerseits viel unterwegs, verwickelt in Streitfälle und Händel der Welt und seiner Zeit, andererseits zerknirscht darüber, dass seine eigentliche Berufung als Mönch darunter leiden musste, seine Berufung zu Gebet und Stille, zu Meditation und Kontemplation.

 

Anselm Grün schreibt:

„Er musste die verschiedensten Rollen spielen. Als Mönch war er in die politischen Auseinandersetzungen hineingezogen. Als Mystiker musste er für den Kreuzzug werben. Als Besitzloser war er gezwungen, immer wieder in Besitzstreitigkeiten als Schlichter zu wirken. Aber auch in sich selbst verband er die die verschiedensten Charakterzüge und widersprüchliche Eigenschaften: Zärtlichkeit und harte Askese, stille Zurückgezogenheit und unruhiges Nachaußengehen.“

 

Trotz Widersprüchlichkeiten wurde Bernhard schon zu Lebzeiten als Heiliger verehrt. Mit seiner eifernden Liebe und der fast übermenschlichen Kraft seiner Hingabe ist er ein leuchtendes Vorbild bis heute. Der Nachwelt hinterließ er 1.500 Handschriften, die von tiefer Christus- und Marienfrömmigkeit geprägt sind.

1174 wurde Bernhard heiliggesprochen und 1830 zum Kirchenlehrer erhoben.

 

Ein Wort von Bernhard – gleichsam sein Lebensmotto – lautet:

„Der Grund, Gott zu lieben ist Gott selbst.

Das Maß der Liebe ist, ohne Maß zu lieben.“

 

Mit Bernhard von Clairveaux beginnt ein neues Zeitalter der Theologie. Im 12. Jahrhundert löst sich das Denken der Theologen von der bloßen Berufung auf die bisherigen Autoritäten, nämlich die Kirchenväter. Es weht ein neuer Wind. Es beginnt das Hin und Her der Argumente, der Glaubensdisput. Damit beginnt die scholastische Theologie und mit ihr die Universitätstheologie in Europa.

Bernhard nimmt das wahr. Notfalls streitet er mit. Aber dieser intellektuelle Stil der Theologie behagt ihm persönlich nicht.

Mit Bernhard kommt gleichzeitig eine alternative Art der Theologie zum Zuge: statt Professorentheologie Erfahrungstheologie, Herzenstheologie.

Bernhard beruft sich auch die poetische Bildersprache der Bibel. Er hat sie verschlungen und verinnerlicht. Er kannte die Bibel fast auswendig.

So hat Bernhard einen neuen, persönlich-charmanten Ton in die Theologie gebracht. „Doktor mellifluus“ hat man ihn genannt, den „honigfließenden Lehrer“. Aus dem manchmal harten Gestein der Bibel, vor allem auch des Alten Testaments, hat er Glaubenshonig zu ziehen gewusst, wohlschmeckende hochwertige Nahrung für das geistliche Leben.

 

Statt über den Glauben endlos zu disputieren, sollte man Geschmack am Glauben finden, seine Wahrheiten auskosten und genießen. Sehnsucht nach Gott wollte Bernhard wecken, Freude an Gott vermitteln, und hier besonders am Mensch gewordenen Gottessohn, an Jesus. Er wollte Menschen dazu bewegen, sich mit aller Seelenkraft auf Jesus Christus hin zu bewegen, statt nur über ihn zu informieren.

Am schönsten lässt sich das erkennen an seinen Predigten zum „Hohen Lied der Liebe“ aus dem Alten Testament: Fünf Seiten Liebeslieder, orientalisch-erotisch, von Bernhard zugleich ungeniert in Beziehung gesetzt zur Christusbeziehung des Gläubigen: Übertragung der bräutlichen Liebe auf das Liebesverhältnis der Einzelseele zu Christus als ihrem Bräutigam.

83 Predigten wurden mitgeschrieben und sind erhalten. Sie wurden schon von den Zeitgenossen bewundert und weitergereicht wie ein Fortsetzungsroman.

 

Beeindruckt und erschüttert war der heilige Bernhard besonders vom Anblick des gekreuzigten Heilands.

Eine beliebte Darstellung in der Kunst zeigt eine Vision Bernhards: Er steht vor dem Kreuz. Christus löst einen Arm vom Kreuzesbalken, zieht Bernhard an sich und umarmt ihn.

 

Dieses Bild könnte auch ein Bild für uns sein, wenn wir uns zum Kreuzesopfer versammeln: Christus umarmt uns und nimmt uns hinein in seinen Tod und seine Auferstehung.

 

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